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Hassbluete

Hassbluete

Titel: Hassbluete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agnes Kottmann
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hinzufügte: »Er war unglücklich in Michelle verliebt.«
    »Braucht jeder Teenie einen Bodyguard, nur weil er unglücklich verliebt ist!? Er hatte doch seine Freunde, Mike, Janni, Daniel. Und Michelle … Michelle war vorgestern noch bei mir im Bagel, um nach ihm zu sehen.«
    Ich hörte, wie der Kühlschrank aufging, Gläser klirrten.
    »Ich mach dir ja keinen Vorwurf«, sagte Wolfgang. »Dazu habe ich auch kein Recht. Ich hätte viel eher etwas merken müssen als du, weil ich ihn viel mehr um mich hatte.«
    »Ist das jetzt ein indirekter Vorwurf, dass ich zu viel arbeite und mich zu wenig um meinen Sohn gekümmert habe? Wenn ich nicht so viel arbeiten würde, könntest du nicht dein Buch schreiben.« Etwas Flüssiges gluckerte in ein Glas.
    »Sorry, Süße. Nein, nein … ich liebe dich und ich bin dir total dankbar, dass du mir das ermöglichst. Aber … als ich fünfzehn war, hab ich meinen Eltern auch nicht erzählt, was mich beschäftigt hat. Wir wissen es einfach nicht.«
    Lisa antwortete nicht sofort, dann sagte sie: »Als du fünfzehn warst, war deine Mutter doch schon längst weg«, sagte sie.
    »Aber mein Vater war noch da. Und das war das Beste, was mir passieren konnte.«
    »Ja, es ist wohl grundsätzlich gut, wenn Jungs einen Vater haben, nicht nur wenn sie in die Pubertät kommen«, sagte Lisa.
    »Ich wär so gern für Robin da gewesen«, sagte Wolfgang traurig. »Aber ich habe wohl total versagt.«
    »Nein«, lenkte Lisa jetzt ein. »Nein, das hast du nicht.«
    Mir war es peinlich, dieses Gespräch zu belauschen. Ich wollte raus, so schnell wie möglich. Wenn jetzt einer aufs Klo musste? Oder baden wollte?
    »Ich hab gedacht, er kommt zu mir, wenn er Probleme hat …« Lisa fing an zu schluchzen.
    »Aber du bist halt seine Mutter, nicht seine Freundin. Wie gesagt, Jungs erzählen ihren Eltern in dem Alter nicht so viel.«
    »Ich wollte ihm aber auch eine gute Freundin sein«, jammerte Lisa.
    »Komm her«, sagte Wolfgang sanft. Offenbar nahm er sie jetzt in den Arm.
    Aber Lisa ließ sich nicht so leicht beruhigen. »Lass mich los«, sagte sie und wurde jetzt wieder lauter. »Du weißt, was Robin geschrieben hat. Da war so viel Wut und Hass in diesen Zeilen! Wo kommt denn das her? Ich fühle mich, als wäre ich eine Monster-Mutter!«
    »Du weißt, dass du das nicht bist …«
    »Aber er schreibt doch so was nicht einfach so!? Als Täuschung oder was auch immer … okay. Aber er …«, sie wurde leiser, »… er hat sich umgebracht. Mein Junge wollte lieber tot sein, als mit mir zu leben! «
    »Vielleicht bin ich schuld«, sagte Wolfgang und hinter meinem Duschvorhang glaubte ich, einen tiefen Seufzer zu hören. »Vielleicht war ich zu sehr mit mir beschäftigt und hab nicht bemerkt, wie schlecht es ihm ging.«
    »Aber was war denn wirklich los mit ihm?«, wollte Lisa wissen. »Und dieser Brief. Warum hat er ihn geschrieben?«
    »Vielleicht wollte er nur von dem wahren Grund ablenken, damit wir uns hinterher nicht schuldig fühlen, und hat deshalb so dick aufgetragen!?« Wolfgang versuchte immer noch, seine Frau zu beruhigen. »Wenn er uns und der Nachwelt wirklich eine wichtige Botschaft hinterlassen wollte, hätte er den Brief wohl nicht in seiner Jacke versteckt, zwischen Futter und Außenstoff. Wenn du ihn nicht zufällig gefunden hättest, wüssten wir gar nichts davon. Ich meine, vielleicht hat er ihn aus einem ganz anderen Grund geschrieben und der hat gar nichts mit uns zu tun? Sonst hätte er ihn doch auf dem Balkon abgelegt oder bei dem Sprung bei sich gehabt, sodass man ihn gleich bei ihm findet?«
    »Und was sollte dieser andere Grund sein? Wem wollte er denn mitteilen, dass es Mördermacher gibt, die Seelen vergiften und aus den Kindern von heute die Verbrecher von morgen machen? Mein Gott, dass er überhaupt so etwas geschrieben hat! Das klingt doch überhaupt nicht nach Robin. Ich erkenne meinen eigenen Sohn nicht, wenn ich diesen Brief lese!«
    »Vielleicht war es auch nur ein Streich? Oder eine Art Denkzettel für irgendetwas?«, vermutete Wolfgang. »Vielleicht wollte er seiner Clique damit eins reinwürgen, Mike oder Michelle?«
    »Aber er war doch in Michelle verliebt. Ich versteh überhaupt nichts mehr. Und du wolltest, dass ich den Brief der Polizei gebe. Und glaubst gleichzeitig, dass alles nur ein blöder Scherz war?«
    Hmm, da hatte sie allerdings recht. Etwas widersprüchlich war das Ganze schon.
    »Mein Gott, ich weiß doch auch nicht«, brauste Wolfgang jetzt plötzlich auf.

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