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Hasstament

Hasstament

Titel: Hasstament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serdar Somuncu
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sagen, was man will, da kann noch nicht mal die FIFA oder die NASA einen zensieren. Und wenn schon, dann suchen wir uns halt ’n Platz auf dem Mond!
    Oder laufen Amok, überall wird ja jetzt Amok gelaufen. Jetzt in Ansbach sogar mit ’ner Axt, ich glaub’ es hackt, hehehehehe. Und unser eigener Server und unser eigenes Portal wird dazu dienen, Hassbotschaften in die Welt zu vertreiben. Ja, und alle Hassisten müssen sich anmelden, sechs Monate, 11,99 Euro. Natürlich muss das Geld kosten. Sollen wir’s der GEZ in den Arsch stecken oder der Steuer oder der katholischen Kirche oder den Zeugen Jehovas oder dem Parkknöllchenautomaten? Dann lieber mir. Ich weiß wenigstens, wo’s langgeht. Bedingungslos, geradeaus, ohne Rücksicht und ohne Zensur! Und 11,99 Euro, ja, dafür kann man in der Regel noch nicht mal ’n Kaffee und ’n Brötchen essen und sich einen blasen lassen. Doch, höchstens von ukrainischen oder thailändischen Zwangsprostituierten. Es lohnt sich, ja, und dann werden wir sehen, ob die Hape Kerkelings und Christian Ulmens mit ihrer Verkleidungsnummer noch durchkommen und es als Humor tarnen, hahah, dabei ist es nichts als praktizierte Einfallslosigkeit, andienen an den Mainstream, Proletenkacke. Gut, es gibt mehr Asoziale als Intellektuelle, aber deswegen muss man sich ja nach den Asozialen schon lange nicht richten! Im Gegenteil, man sollte sie richten oder sich selbst, zumindest wenn man so komisch ist wie Hape Kerkeling, denn lustig kann man das nicht mehr nennen, ja.
    Ich fahr’ jetzt wieder ’n bisschen Auto und dann gucken wir mal, vielleicht überfahr’ ich ja auch ’n Bimbo und sag’: ›Oh, ’tschuldigung, ich dachte, es wär’ ’ne Frau‹, hehehehehehe. Ach, wohin bloß mit dem ganzen Hass.«

    SHN, Kapitel 57: Schwiegermonster
    Serdar im Auto: »Ich denk’ ja viel über Sachen nach, ich weiß, manchmal auch zu viel, aber gestern da bin ich dann echt mal ins Grübeln gekommen, ob ich nicht doch ’n paar Leuten in die Falle gehe, von denen ich meine, ihnen überlegen zu sein. Da saß ich also so wie immer vor dem Fernseher und hab’ mir irgendwas reingezogen, irgendein Scheißdreck halt, ja, abgefilmte Asoziale auf den bekannten Sendern, deren Namen ich nicht mehr aussprechen will, weil mir sonst übel wird. Da ging es in irgendeiner Sendung darum, dass sich hässliche Frauen um noch hässlichere Männer bewerben. Schwiegertochter gesucht oder irgend so ’n Scheißdreck, ich weiß auch nicht, wer sich diese Namen einfallen lässt. Und die Leute, die sich da gegenseitig ficken wollten, ich weiß es nicht oder um … um … um Gunst buhlten, ja, nicht nur meiner, sondern ihrer Gunst auch buhlten, die waren so abgrundtief hässlich, die waren so widerlich, dass mir beim Essen schlecht geworden ist und ich mich dann geekelt habe und dachte nein! Wie hässlich sind doch die Menschen auf dieser Welt? Fernsehen ist ein Prospekt geworden für die Wiederauferstehung des Mittelalters. Scheiße hat Gesichter! Im selben Moment hab’ ich gedacht: Genau darauf ist es angelegt. Das haben nämlich die Redakteure in ihrer Perfidie beabsichtigt, als sie die Asozialen gecastet haben, dass ich mich, während ich es sehe, vor den Asozialen ekele und nicht vor denen, die die Asozialen ins Rampenlicht gesetzt haben, in Szene. Weil das eigentlich viel ekelhafter ist, sich über Menschen so hinwegzusetzen, bloß weil sie hässlich und fett sind und auch noch miteinander kopulieren wollen. Hat der Hässliche nicht Recht, kopulieren zu können, wann und mit wem er will?
    Warum kann ich vor dem Fernseher sitzen und ihm das Recht dazu absprechen? Wer sagt, ob ich nicht vielleicht viel hässlicher bin und viel weniger kopulieren möchte?
    Natürlich ist es ekelhaft, Asozialen zuzuschauen dabei, wie sie geil aufeinander werden, aber das muss ich mir nicht von ’nem Fernsehsender präsentieren lassen, da kann ich auch einfach auf die Straße gehen.
    Das Leben ist schwer, wenn man alles durchschaut. Das Leben ist sehr schwer, doch viel schwerer ist es, wenn man jeden Abend vor dem Fernseher sitzt und Pizza frisst und denkt, man wäre nicht das, was man sieht, und sich vorstellt, man würde dabei nicht gesehen werden, wie man isst, mit Doppel S.
    Bin ich eigentlich hässlich?
    Schwiegermonster gesucht.
    Gibt’s doch bestimmt auch ’n Format für mich irgendwo.
    Leck’ mich doch am Arsch!«

    SHN, Kapitel 58: Ave Maria
    Serdar im Auto: »Es gibt so viele Wichser auf dieser Welt, die Macht haben. Macht, die

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