Hast du mich nie geliebt
…
Himmlisch, himmlisch, himmlisch.
Es war wie ein Lied in ihrem Herzen.
Und wenn mir nichts mehr bleibt, dachte Janine, so habe ich wenigstens diesen Moment mit ihm.
Doch genauso plötzlich, wie er gekommen war, wurde der Zauber unterbrochen.
Nikos hatte zum Abschluss einen Kaffee getrunken. Er schob die Tasse von sich, und seine Stimme klang mit einem Mal ganz anders. Kühl und distanziert.
"Ich fürchte, ich muss Sie jetzt verlassen, Janine. Meine Geschäfte sind erledigt. Die Makler wissen, wonach ich suche, und sie werden sich melden, sobald sie etwas Passendes gefunden haben. Heute Nachmittag fliege ich zurück nach Athen."
Es war, als hätte man ihr ein Messer ins Herz gestoßen. Mit weit aufgerissenen Augen sah sie ihn an.
"Ich … oh … ja, natürlich, ich …"
"Es hat mich sehr gefreut, Sie kennen zu lernen." Er stand auf und beugte sich zu ihr hinunter. Federleicht streiften seine Lippen ihr Haar. Janine zuckte zusammen.
"Adieu." Er richtete sich auf. "Und vergessen Sie das Surfen nicht. Übung macht den Meister."
Sie nickte nur. Dieser plötzliche Stimmungswechsel hatte sie überwältigt. Nikos ließ die Rechnung kommen und zahlte mit Karte. Dann sah er sie noch einmal an.
"Passen Sie gut auf sich auf, Janine."
Klang seine Stimme nicht etwas rau? Bedauerte er es, sich von ihr trennen zu müssen?
Er lächelte noch einmal kurz, dann verließ er sie.
Janine sah ihm nach, bis er um die nächste Ecke verschwunden war.
Es war schlimm. Schlimmer als schlimm. Rastlos ging Janine auf dem Balkon hin und her. Hoch über ihr funkelten die Sterne am Horizont. Ihr Anblick spendete ihr keinen Trost. Wie auch? Ihr war elend zu Mute.
Dabei hätte sie dankbar sein sollen. Dankbar dafür, dass Nikos gegangen war. Dass die Verführung sie nicht mehr plagte. Die große Verführung, sich unsterblich in ihn zu verlieben.
Janine versuchte, das Ganze von der vernünftigen Seite her zu sehen. Sie war in einem fremden Land, befand sich nach der Begegnung mit Stephanos in einem aufgewühlten Zustand, und dann war Nikos in ihr Leben getreten, die Verkörperung eines Traums. Der attraktivste Mann, den sie je gesehen hatte, unglaublich anziehend, dazu auch noch geistreich und charmant. Kein Wunder, dass er sie in seinen Bann gezogen hatte. Sie hatte sich immer redlich Mühe gegeben, solche Begegnungen zu vermeiden.
Das war ihr auch gelungen. Bisher jedenfalls. Aber Nikos Kiriakis hatte ihre Barrieren eingerissen, ihren Widerstand gebrochen.
Ohne etwas wahrzunehmen, blickte Janine hinaus auf den dunklen Garten. Matt schimmerte das Mondlicht im Pool.
Sie verzehrte sich nach Nikos mit jeder Faser ihres Körpers.
Zum ersten Mal in ihrem Leben wollte sie einen Mann mit aller Macht – und konnte ihn nicht haben.
Janine wurde durch das Klingeln des Telefons geweckt. Draußen dämmerte es langsam. Sie suchte nach dem Hörer, wusste einen Moment lang nicht, wo sie sich befand. Dann wünschte sie sich sehnlichst, Nikos würde anrufen.
Es war Stephanos.
Er war kurz angebunden. In New York sei es jetzt spätabends. In ein paar Tagen würden er und seine Frau nach Long Island fahren, in das Haus von Freunden, die dort Hochzeit feiern wollten. Er habe ihr davon erzählt. Er könne nicht lang sprechen, damit seine Frau nicht misstrauisch werde. Gehe es ihr gut? Deshalb habe er angerufen. Er müsse die ganze Zeit an sie denken. Aber jetzt müsse er das Gespräch beenden. Sie solle nur wissen, dass sie in seinen Gedanken sei. Sein über alles geliebtes Mädchen, sie müsse auf sich Acht geben …
Die Leitung war unterbrochen.
Langsam legte Janine den Hörer auf die Gabel. Sie hatte kaum ein Wort sagen können. Hatte ihm nur kurz bestätigen können, dass alles in Ordnung war, dass er sich keine Sorgen zu machen brauchte. Sie durfte ihm nicht sagen, was geschehen war, wie sie sich in Wirklichkeit fühlte.
Mit jeder Faser ihres Herzens hatte sie sich gewünscht, Nikos würde sie anrufen. Sie wollte alles von ihm, aber sie hätte sich auch mit einer einzigen Nacht in seinen Armen zufrieden gegeben.
Jetzt war sie hellwach und starrte an die Decke.
Du wirst nichts von ihm bekommen, nicht einmal dies. Er hat sich entschieden, und du musst es akzeptieren. Er ist gegangen, du wirst ihn nie wiedersehen. Je eher du dich damit abfindest, desto besser.
Dieses Wissen tat weh. Janine konnte nicht mehr einschlafen. Immer wieder gingen ihr dieselben Gedanken durch den Kopf. Sie hatte das Gefühl, eine Riesenchance verpasst zu
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