Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hastings House

Hastings House

Titel: Hastings House Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Graham
Vom Netzwerk:
nie in seinem Leben hatte er sich so benommen, so betäubt gefühlt. Als er nach der Beerdigung ins Krankenhaus ging, um nach Matts Verlobter Leslie zu sehen, lag sie noch auf der Intensivstation. Er reagierte erleichtert, als er feststellte, dass sie die meiste Zeit über nicht bei Bewusstsein war, zumal er nicht gewusst hätte, was er zu ihr sagen sollte. Immerhin kannten sie sich so gut wie gar nicht. Es mochte sein, dass sie sich als Kinder mal begegnet waren, doch Matt hatte sie ihm nie als seine Verlobte vorgestellt, weil er durch seinen Beruf die meiste Zeit ohnehin nicht in der Stadt war. Umso erleichterter war er, einfach nur eine Nachricht hinterlassen zu können, um sie wissen zu lassen, dass er sich nach ihr erkundigt hatte.
    Schon als Matt und er noch Kinder waren, hatten sie sich eigentlich nur bei Familienfeiern gesehen. Matt lebte in der Nähe des Central Parks, er selbst in Brooklyn Heights. Damals war es ihm vorgekommen, als würden Welten zwischen ihnen liegen, aber vielleicht lag es bloß an der gigantischen Größe dieser Stadt. Jeder Stadtteil war eigentlich eine Welt für sich. Bereits damals hatten sie beide sich gut verstanden, und als Erwachsene waren aus ihnen beste Freunde geworden, auch wenn sie sich nur selten sahen. Dass sie ein so enges Verhältnis hatten, mochte an der Leidenschaft liegen, die sie teilten – ihr Engagement für die gleichen Rechte und Ideale.
    Matt war ein absolut integrer Mann gewesen, weshalb er vielen Leuten fehlte. Für Joe war der Verlust jedoch persönlicher Natur, und jedes Mal wenn er darüber nachdachte, wie sinnlos sein Cousin gestorben war, erfasste ihn ohnmächtige Wut.
    Ursprünglich hatte er geplant, gleich nach dem Abschluss seines Falls in Las Vegas zurückzukommen, Leslie kennenzulernen und mit Matt Pläne zu schmieden. Er hätte sein Trauzeuge bei der Hochzeit sein sollen. Wie eigenartig, dass die Umstände immer wieder eine Begegnung zwischen ihm und Leslie verhindert hatten. Sie waren einfach nie zur gleichen Zeit am gleichen Ort gewesen, und doch stellte sie jetzt seine engste Verbindung zu Matt dar.
    Es kam einem Wunder gleich, dass sie die Explosion überlebt hatte. Durch deren Wucht war sie quer durch den Raum geschleudert und dadurch vor dem Feuerball gerettet worden. Die anderen Opfer waren laut Aussage des Gerichtsmediziners auf der Stelle tot, was ihnen die Qual erspart hatte, bei lebendigem Leib zu verbrennen.
    Die Ursache der Explosion war von allen Seiten und aus jedem Blickwinkel untersucht worden, aber letztlich fand sich keine andere Erklärung als die, dass sich Gas in der Leitung gestaut hatte. Das harmlose Umlegen eines Heizungsschalters verursachte dann einen Funken, der die Katastrophe auslöste.
    Das Hastings House war inzwischen wiedereröffnet worden und konnte besichtigt werden. Einige Zimmer im hinteren Teil des Hauses nutzte man als Büros, und in anderen konnten sich Archäologen einquartieren, die in der Stadt mit Ausgrabungen beschäftigt waren. Es schien, als würde man in letzter Zeit auf jeder neuen Baustelle historische Zeugnisse entdecken, die den Gegensatz verdeutlichten zwischen denjenigen, die die Vergangenheit bewahren wollten, und den anderen, die in die Zukunft schauten. Hastings House war ein achtbares Projekt, dennoch konnte Joe nie vergessen, was sich dort zugetragen hatte, und er musste einen Moment lang den Blick abwenden, um sich zu sammeln, bevor er wieder in der Lage war, zu dem Gebäude zu schauen. Er konnte nichts gegen die Verbitterung tun, die ihn jedes Mal beim Anblick des Hastings House überkam.
    Eileen Brideswells Anliegen verstand er nur zu gut, weil auch er fand, dass sich Schmerz nur ertragen ließ, wenn man wusste, was diesen Schmerz und die Trauer verursachte. Ihm wurde bewusst, dass seine Wut weniger mit dem Verlust seines Cousins zusammenhing als vielmehr aus einem Gefühl der Hilflosigkeit und des Versagens geboren war. Ganz gleich, was die Ermittlungen auch ergeben hatten, er wurde das Gefühl einfach nicht los, dass da noch irgendetwas anderes gewesen war, das man aller Sorgfalt zum Trotz übersehen hatte. Und er war sich sicher, dass jemand bei dem Ganzen ungestraft davongekommen war.
    Hatte man es vielleicht auf Matt abgesehen?
    Joe war zwar selbst auf Spurensuche gegangen, dabei aber von einer Sackgasse in die nächste geraten. Zweifellos war es der Frust, der ihn immer wieder hierher zurücktrieb und der ihn ohnmächtig das Haus anstarren ließ.
    Passanten gingen an ihm vorbei

Weitere Kostenlose Bücher