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Hastings House

Hastings House

Titel: Hastings House Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Graham
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nächsten Moment hörte er, wie sich jemand räusperte. Er und Alice blickten auf und sahen Manny, der zurückgekommen war und ihnen einen wütenden Blick zuwarf. “Mr. Connolly”, sprach er. “Hier haben Sie wie versprochen Adresse und Telefonnummer. Ich fürchte, noch weiter kann ich Ihnen nicht entgegenkommen. Wir sind hier ausgesprochen unterbezahlt, und Zeit ist Geld.”
    “Es hat mir nichts ausgemacht, Mr. Connolly zu helfen”, versicherte Alice ihrem Boss mit treuherzigem Blick.
    “Das ist schön, aber Sie müssen in dreißig Minuten im Fall Blalock vor Gericht erscheinen.”
    “In dreißig Minuten?”, wiederholte sie entsetzt und machte einen Satz. Joe korrigierte seine vorige Einschätzung: Sie kam ihm nicht vor wie ein nervöser Terrier, sondern wie ein genauso nervöser Hamster in seinem Tretrad. Er selbst stand auch auf und zog dabei unbemerkt Genevieves Notizzettel aus der Akte. Später konnte er immer noch behaupten, es sei ein Versehen gewesen.
    “Können Sie mir diese Akten kopieren?”, flüsterte Joe Alice zu.
    Es schien sie zu begeistern, in eine gegen ihren Boss gerichtete Verschwörung einbezogen zu werden. Als sie nickte, strahlten ihre Augen, und ein Lächeln umspielte ihre Mundwinkel.
    “Alice, die Uhr wartet nicht auf Sie!”, ermahnte Manny sie.
    “Ich möchte Ihnen beiden danken”, sagte Joe höflich und setzte hinzu: “Es könnte sein, dass ich Sie nochmals bemühen muss.”
    Manny warf ihm einen wütenden Blick zu, woraufhin Joe entschied, sein Glück nicht noch weiter zu strapazieren. Er hielt Manny die Hand hin. “Vielen Dank. Wenn ich Miss O’Brien lebend wiederfinden sollte, dann verdanke ich das zu einem großen Teil Ihnen.” Was für ein Blödsinn! Aber über die Jahre hinweg hatte er gelernt, wenn man sich Leuten wie diesem Manny gegenüber besonders höflich verhielt, brachte man sie leicht in Verlegenheit, und beim nächsten Mal würden sie viel bereitwilliger ihre Mitarbeit anbieten.
    Er gab auch Alice die Hand und dankte ihr für ihre Unterstützung. Sie wurde rot und stammelte: “G-gern geschehen. Ich habe Genevieve sehr gemocht. Wir alle konnten sie gut leiden … können sie gut leiden, wollte ich sagen.”
    “Ja, und jetzt müssen wir uns alle wieder an die Arbeit begeben”, machte Manny Druck.
    Joe zwinkerte Alice zu, die ihn anlächelte, dann ging er.
    Noch bevor er das Büro verlassen hatte, wählte er bereits Robert Adairs Nummer. Zum Glück wurde das Signal im Aufzug nicht gestört, und Robert meldete sich nach dem ersten Klingeln.
    “Ich muss mit dir über Genevieve O’Brien und die vermissten Prostituierten reden”, begann er ohne lange Vorrede.
    “Was?”, gab Robert zurück.
    “Ich sagte …”
    “Ja, ja, ich habe dich schon verstanden. Aber … Genevieve war keine Prostituierte.”
    “Weiß ich auch. Erzähl mir was darüber.” Joe war sich sicher, dass Robert die Verbindung längst bemerkt hatte, von sich aus jedoch nichts dazu sagen wollte.
    “Ja, ist gut. Ich bin an der Ausgrabungsstätte. Kannst du herkommen?”
    “Welche Ausgrabungsstätte?”
    “Was soll denn die Frage? Die neue Ausgrabungsstätte. Die New Yorker große Grube, wie man sie inzwischen getauft hat.” Robert schwieg ein paar Sekunden lang. Als keine Reaktion kam, fuhr er fort: “In der Nähe des Hastings House.”
    “Ich bin schon unterwegs”, sagte Joe und legte auf.
    Leslie war von Kopf bis Fuß schmutzig, aber das kümmerte sie nicht weiter. Dafür war sie viel zu sehr in Entdeckerlaune, die von Anfang an zu ihrem Beruf gehört hatte, der eigentlich mehr eine Berufung als ein Beruf war. Dieses Grundstück stellte eine archäologische Goldmine dar.
    Innerhalb weniger Stunden hatten sie das Gelände in ein Raster eingeteilt, während Laymon jeden verfügbaren Museumsmitarbeiter und zwanzig Studenten von den Universitäten ringsum herzitiert hatte, um zu graben. Die Leute knieten auf dem Boden und arbeiteten mit kleinen Kellen und feinen Bürsten, während das schwere Baugerät bis auf Weiteres auf seinen Einsatz warten musste. Bislang hatten sie Schuh- und Gürtelschnallen sowie Schmuckfragmente freigelegt.
    Leslie war sich sicher, dass dieser Untergrund noch viel mehr zu bieten hatte.
    Zuerst war ihr nicht klar gewesen, warum sie sich zu einem bestimmten Punkt hingezogen fühlte. Doch nachdem sie eine Weile gegraben hatte und dann aufsah … bemerkte sie das Mädchen.
    Es war etwa sieben Jahre alt und hielt eine handgemachte Puppe aus ungebleichtem Musselin an

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