Hastings House
Fußweg vor der Baustelle.”
War da ein kurzes Zögern von seiner Seite? Oder bildete sie sich nur ein, dass er sich verdächtig anhörte, als er schließlich antwortete?
“Ich glaube, du kennst die meisten Leute, mit denen ich heute zu tun hatte. Hank, Dryer … hast du mich mit ihm gesehen? Lass mich überlegen. Ich unterhielt mich ein paarmal mit Brad, mit Laymon, mit einer richtig süßen Studentin … aber die ist natürlich kein Mann. Hm. Dann noch mit einer nicht ganz so süßen Studentin, ein paar Cops, einem Privatdetektiv, einem neugierigen Geschäftsmann … einem Typen, der seine Limousine in zweiter Reihe geparkt hatte …”
“Okay, schon gut. Ist auch nicht so wichtig”, unterbrach Leslie die Aufzählung.
“Und du bist dir sicher, dass mit dir alles in Ordnung ist?”
“Ja, ehrlich. Ich bin bloß müde und verschmutzt, aber wenigstens habe ich jetzt keinen Hunger mehr. Es gab noch Pizza auf der Baustelle. Tut mir leid, dass ich dich gestört habe, Robert. Ich werde jetzt duschen, und dann lege ich mich schlafen. Ach, ich habe genug über mich geredet. Wie geht es dir?”
“Bestens, obwohl … na ja, eigentlich nicht.” Aus seinem Tonfall konnte sie Galgenhumor heraushören. “Die meiste Zeit bin ich so frustriert, dass ich schreien könnte. Allerdings bin ich ein alter Cop und längst an dieses Gefühl gewöhnt. Weißt du was? Demnächst werde ich dir bei einem gemeinsamen Abendessen mein Herz ausschütten. Wie klingt das?”
“Klingt gut”, versicherte sie ihm.
“Dann gute Nacht. Ruf mich an, wenn du etwas brauchst, und wenn du eine Frage hast, dann frag. Jederzeit.”
“Das werde ich machen. Danke, du bist ein Schatz.”
Sie legte auf und stand noch einen Moment lang in der Diele, während sie sich umsah. Über dem Haus lag eine fast schon unnatürliche Stille.
“Jemand muss doch hier sein”, sagte sie laut. Falls ein Geist da war, hatte er ganz offensichtlich kein Interesse daran, sich ihr zu zeigen.
Leslie ging nach oben und duschte. Als sie anschließend ihre Haare trocknete, schaltete sie den Fernseher ein. Ihr war gar nicht bewusst, wie spät es inzwischen geworden war, bis sie sah, dass die Zehnuhrnachrichten angefangen hatten. Es gab einen Bericht über die Ausgrabungen, in dem sie sich selbst, Brad, Laymon und einige der enthusiastischen Studenten sah, die ihnen geholfen hatten. Dryer kam ebenfalls zu Wort und erklärte, dass die Polizei über den Fund genauso begeistert sei wie alle anderen und ihn gut bewachen werde. New York solle den New Yorkern erhalten bleiben, deshalb werde man auch keinerlei Vandalismus dulden.
Der Fernseher lief immer noch, als Leslie bereits eingeschlafen war.
Und dann endlich kam Matt zu ihr.
In ihrem Traum.
Als sie schlief, war er bei ihr.
Selbst in der Tiefe ihres Schlafes wusste Leslie, dass sie träumte, doch es war ein so wundervoller, real wirkender Traum, dass sie Angst davor hatte, zu erwachen. Sie spürte Matts Gegenwart, als er sich an sie schmiegte, so wie er es auch zu Lebzeiten gemacht hatte. Seine Arme lagen um ihren Körper geschlungen, und sie fühlte seinen Atem in ihrem Nacken. Seine Zärtlichkeit fühlte sich so vertraut an, dass sie lächeln musste. “Ich wusste, dass du kommen würdest. Aber …”
“Schhht”, machte er leise.
Mit dem Handrücken berührte er sanft ihre Wange, dann ihren Rücken und jagte ihr damit einen wohligen Schauer über die Haut.
Sie drehte sich in seinen Armen um, damit sie seinen Kuss spüren konnte, der genauso begierig und sinnlich war wie jedes Mal, wenn sie sich längere Zeit nicht gesehen hatten. Ein Kuss, der mehr sagte als tausend Worte. Stark und kraftvoll, anschmiegsam und fordernd. Seine Umarmung war fest und sanft zugleich, so wie die Energie seiner Leidenschaft. Leslie drückte sich an ihn, als wären sie nie getrennt gewesen, und sie erwiderte seinen Kuss mit aller Liebe, die seit seinem Tod in ihrem Herzen gefangen war.
Doch sie wusste, dass es nur ein Traum war.
Sie unterbrach den Kuss und ging ein paar Millimeter auf Abstand zu seinen Lippen.
“Ich liebe dich so sehr”, flüsterte er.
“Warum kommst du nicht zu mir und sprichst zu mir? Warum dauert es so lange? Warum kann ich nur von dir träumen?”, hauchte sie. “Ich sehe so viele andere …”
“Aber ich bin nicht wie die anderen.” Er verzog den Mund zu diesem spitzbübischen, etwas wehmütigen Lächeln. In ihm vereinten sich Versprechen und Demut.
“Matt …”
“Schhht …”
Erneut fühlte
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