Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hastings House

Hastings House

Titel: Hastings House Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Graham
Vom Netzwerk:
Untergrund manchmal nach. Das habe ich bei der Suche nach Gräbern lernen müssen. Auf vielen alten Friedhöfen sind die Särge in der Erde so weit gewandert, dass sich unter den Grabsteinen nichts mehr befindet. Egal wie vorsichtig man auch ist, man tritt ständig auf irgendein Grab. Die Erde ist stellenweise locker, dann regnet es, irgendwo wird gebaut, die Vibrationen von der U-Bahn – der Untergrund ist ständig in Bewegung.”
    “Klingt ja richtig unheimlich.”
    Sie schüttelte den Kopf. “Nicht, wenn du meinen Job hast.”
    Während ihr Essen serviert wurde, unterhielten sie sich eine Weile über das Viertel und darüber, dass Little Italy nach und nach von Chinatown geschluckt wurde. Aber so war New York nun mal – immer im Wandel. Manchen Leuten gefiel es, andere hassten jeden neuen Fremden, der herkam, obwohl sie ein Jahrzehnt zuvor selbst noch Fremde gewesen waren.
    “Dieses Land ist voller Versprechen, aber manchmal macht das den Leuten Angst, also ignorieren sie alles, was ihnen nicht gefällt und was nicht in ihr schönes Weltbild passt”, sinnierte Joe. “Das gilt auch für die vermissten Prostituierten. Man muss die Leute dazu bringen, sich für diese Schicksale zu interessieren. Trotzdem neigen viele zu der Ansicht, dass solche Frauen durchaus verdienen, was mit ihnen passiert.”
    “Jack the Ripper machte Jagd auf Prostituierte, und das war einer der größten Skandale im viktorianischen London”, wandte sie ein.
    “Weil die Menschen entsetzt waren über die Brutalität, mit der die Verbrechen ausgeführt wurden. Hier dagegen verschwinden die Frauen einfach, es gibt keine Leichen, und man kann keine blutrünstigen Details vermelden. Außerdem haben wir uns heutzutage längst an Serienmörder gewöhnt. Bislang konnte ja nicht mal jemand beweisen, dass es überhaupt einen Serienmörder gibt.”
    “Glaubst du, Genevieve O’Briens Verschwinden hängt mit den vermissten Prostituierten zusammen?”, wollte sie wissen.
    “Die letzte Person, von der ich weiß, dass sie Genevieve gesehen hat, ist eine Prostituierte aus der Gegend, in der sich Genevieve um die Frauen gekümmert hatte. Mich wundert, dass Robert dich noch nicht um Hilfe gebeten hat. Er meint, du hättest eine Gabe, um … um Leute zu finden.”
    Seufzend legte sie die Gabel zur Seite. “Robert hat dir das gesagt?”
    “Ich habe es gelesen. In der Abendausgabe ist ein Artikel über dich.”
    Sie riss entsetzt die Augen auf. “Nein!”
    “Doch. Du wirst beschrieben als jemand, der eine neue Ausgrabungsstätte betritt und sofort eine wichtige Entdeckung macht. Der Reporter erwähnte, dass du vor ein paar Jahren auf Anhieb einen vermissten Obdachlosen wiedergefunden hast.”
    “Verdammt.” Sie machte einen verärgerten Eindruck.
    “Und? Hast du eine besondere Gabe?”, wollte er sie ein wenig aufziehen, doch sie fand das gar nicht amüsant, sondern reagierte noch gereizter.
    “Das war nichts weiter als Logik”, sagte sie mürrisch. “Man beschrieb mir die Gewohnheiten des Mannes, ich erfuhr etwas über seine Vergangenheit, und daraus zog ich meine Schlüsse. Er wurde in einem alten Tunnel der U-Bahn aufgefunden.”
    Sie war spürbar abweisend geworden, was ihn nicht von seiner nächsten Frage abhielt: “Aber davor warst du doch auch schon bekannt für deinen Instinkt, Gräber ausfindig zu machen.”
    “Ein Gefühl für die Geschichte, weiter nichts. Möchtest du noch einen Kaffee?”
    Ihre Frage kam unerwartet, was er als faszinierend empfand. Er beschloss, sie ruhig das Thema wechseln zu lassen, wenn ihr das lieber war. Als Rudolfo an den Tisch kam, um zu fragen, ob es ihnen geschmeckt habe, musste Joe seinen alten Freund etwas fragen. “Rudolfo, kannst du noch eine Kellnerin gebrauchen?”
    Rudolfo sah ihn skeptisch an und stöhnte leise auf.
    “Also?”
    “Ja, ich könnte eine gebrauchen – wenn sie gut ist. Wenn sie
wirklich
gut ist!”
    “Kann ich dir eine Bekannte schicken, damit sie sich bei dir vorstellt?”
    “Ja, schick sie nächste Woche. Am Montag. Wenn ich sie mag, hat sie die Stelle. Aber sie muss wirklich gut sein.”
    “Das ist sie auch. Sonst schwöre ich dir, dass ich … dass ich eine Woche lang das Geschirr spüle.”
    Rudolfo rümpfte die Nase. “Ich habe schon einen Geschirrspüler, einen mit Stromanschluss.”
    “Okay”, meinte Joe grinsend. “Dann räume ich eben die Tische ab und stelle mich an den Ofen.”
    Rudolfo zeigte mit dem Finger auf ihn. “Du wirst für mich arbeiten, so wie ein

Weitere Kostenlose Bücher