Hastings House
Jetzt wusste er, warum Matt so verliebt gewesen war.
“Das ist toll”, erwiderte er.
Wieder starrte sie ihn an. “Warst du früher schon mal im Hastings House?”
“Ja.” Warum sollte er es ihr verschweigen? “Ich bin Privatdetektiv. Ich musste einfach herkommen. Ich wollte für mich selbst nach der Ursache der Explosion suchen.”
“Und?”
“Es scheint ein Unfall gewesen zu sein.”
“Es
scheint?”
“Die Polizei hat ermittelt, die Feuerwehr ebenfalls. Eine Gasleitung ist explodiert, als jemand die Heizung anmachte.”
Joe sah sie an und fragte sich, ob sie das Gleiche dachte wie er.
Ein Unfall? Oder war die Leitung manipuliert worden, sodass jemand nur noch zum richtigen Zeitpunkt die Heizung einschalten musste?
“Greta war an dem Abend die Gastgeberin”, murmelte sie.
Er hob die Schultern. “Ich glaube, Greta würde sich eher vor einen Zug werfen als etwas von historischem Wert zu zerstören.”
Als Leslie den Kopf sinken ließ, wusste Joe, dass sie ihm zustimmte. Über die Jahre hatte er gelernt, dass sich mancher Fall auf eine völlig überraschende Weise löste, doch dass Greta versucht haben sollte, Hastings House in Schutt und Asche zu legen, konnte er sich nun wirklich nicht vorstellen.
Aber vielleicht jemand anders? Ja, das wäre denkbar.
Leslie sah zu ihm hoch und wurde rot. Sie fragte sich, ob seine Gedanken sich in die gleiche Richtung bewegt hatten wie ihre. Plötzlich stand sie auf. “Eigentlich ist es ja noch viel zu früh, um ins Bett zu gehen. Wenn du mir zwei Minuten Zeit lässt, ziehe ich mich schnell um. Ich habe nämlich heute noch nicht zu Abend gegessen, und jetzt bekomme ich einen Bärenhunger.” Sie stutzte kurz. “Oh, tut mir leid. Du hast bestimmt schon was vor.”
“Ich würde gern mit dir essen gehen.”
“Ich meinte eigentlich nicht, dass wir … und ich will erst recht nicht, dass du meinetwegen deine Pläne umwirfst.”
“Ich würde gern mit dir essen gehen”, wiederholte er.
Sie sah ihn fragend an.
“Ich habe wirklich nichts anderes vor”, beteuerte er.
“Großartig. Dann … fühl dich wie zu Hause.” Lachend fügte sie hinzu: “Pass nur auf, wo die Absperrbänder für die Touristen gespannt sind.”
“Ich würde es nicht wagen, mich auf einen antiken Stuhl zu setzen”, versicherte er ihr. “Ich warte in der Küche, die dürfte doch einigermaßen sicher sein, oder?”
“Auf jeden Fall. Ich bin gleich wieder da.”
Er sah ihr nach, wie sie nach oben in den ersten Stock lief.
Matt war wirklich ein Glückspilz gewesen, aber er hatte auch nur das Beste verdient.
Langsam ging Joe in die Küche und trank ein Glas Wasser. Im Herd brannte kein Feuer, dennoch setzte er sich auf den Stuhl gleich daneben und starrte in die dunkle Öffnung.
Auf einmal musste er lächeln. Er war froh darüber, hierhergekommen zu sein. Eileen Brideswell würde es zwar nicht gefallen, aber schließlich konnte er ja nicht vierundzwanzig Stunden am Tag ununterbrochen an dem Fall arbeiten. Seit er ihn übernommen hatte, kreisten seine Gedanken ohnehin die meiste Zeit um Genevieve O’Brien. Die war ihm bereits so sehr ans Herz gewachsen, dass er das Gefühl hatte, sie persönlich zu kennen. Vermutlich lag es an dem Idealismus und der Leidenschaft, die sie antrieben – beides Dinge, die auch sein Leben bestimmten.
Er konnte nur hoffen, dass sie nicht tot war. Vielleicht wollte sie nur aus dem Unterbewusstsein heraus ihre Tante bestrafen – sozusagen als die letzte Bastion einer schwierigen Familie. Womöglich war sie nach Kanada oder nach Mexiko geflohen, um sich eine Verschnaufpause zu gönnen.
Aber so recht konnte er daran nicht glauben. Seit ihrem Verschwinden hatte sie weder ihre Kreditkarte benutzt noch einen Scheck ausgeschrieben. Auch ihre Sozialversicherungsnummer war nirgends aufgetaucht. Didi Dancer war die Letzte, die sie gesehen hatte. Da sie Genevieve zu mögen schien, war nicht davon auszugehen, dass sie bei ihrer Aussage gelogen hatte.
Er lehnte sich auf dem Stuhl nach hinten und schüttelte den Kopf, um auf andere Gedanken zu kommen. Es freute ihn, dass er Leslie endlich kennengelernt hatte. Sie lenkte ihn von seinem Fall ab. Außerdem verband sie die Trauer um den gleichen geliebten Menschen.
Ein Urlaub wäre jetzt nicht schlecht. Tahiti hörte sich sehr verlockend an.
Nach einer Weile stand er auf und ging ins Anrichtezimmer, wo sich die Explosion ereignet hatte. Er sah sich den renovierten Raum an und musterte die Möbel. Da er auf diesem
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