Hastings House
kann.”
“Tatsächlich?”
“In meiner Straße gibt es ein Starbucks. Wie wär’s, wenn wir uns da treffen?”, fragte sie. “Du weißt ja, wo.”
“Bin schon auf dem Weg.” Die Dusche würde erneut warten müssen.
Auf der Fahrt zum Treffpunkt ging er in Gedanken noch einmal den Fall durch. Erstens war er inzwischen fest davon überzeugt, dass Genevieve O’Brien entführt worden war – und zwar von der gleichen Person, die auch für das Verschwinden der Prostituierten verantwortlich war.
Vielleicht lebte sie ja doch noch.
Womöglich irgendwo unter der Stadt.
Begrabene Sünden.
Zweitens war die Explosion im Hastings House kein Unfall gewesen. Auch wenn er noch immer keinen Beweis dafür gefunden hatte, war er felsenfest davon überzeugt.
Drittens hatte Matt, der bei der Explosion umgekommen war, eine Reihe von Artikeln über die vermissten Frauen geschrieben.
Seine Theorie war, dass alle drei Dinge zusammenhingen: Matts Tod, die verschwundenen Prostituierten und Genevieve O’Brien.
Joes Herz begann schneller zu schlagen. Welche Information war Matt zum Verhängnis geworden? Worauf war er – bewusst oder unbewusst – gestoßen? Es musste etwas so ungeheuer Wichtiges gewesen sein, dass irgendjemand einen perfekten Plan entwickelt hatte, um Matt zu töten. Einen so perfekten Plan, der die Explosion selbst nach einer gründlichen polizeilichen Untersuchung wie einen Unfall aussehen ließ.
Joe griff nach seinem Mobiltelefon und ließ sich von Robert Adairs Assistentin eine Nummer geben. Augenblicke später sprach er mit Greta Peterson.
Greta reagierte überrascht auf seinen Anruf. Und so nahm er es hin, erst einmal ein paar Minuten über alle möglichen anderen Dinge zu reden, bevor er zum eigentlichen Grund seines Anrufs kommen konnte. Geduldig erklärte er, es gehe ihm gut, er habe viel zu tun, er habe sich mit Leslie getroffen, und ja, sie beide hätten wirklich viel gemeinsam.
Noch erstaunter war Greta allerdings, als er sie um eine ausführliche Liste aller bat, die an jenem fraglichen Abend im Hastings House gewesen waren – von den Gästen über den Partyservice bis hin zu jedem einzelnen Sicherheitsbeamten. Außerdem bat er sie um die Namen derjenigen, die in letzter Zeit im Haus Arbeiten ausgeführt hatten.
“Ich bin mir sicher, dass die Polizei das alles von mir bekommen hat.” Nach einer kurzen Pause sagte sie: “Es war ein Unfall, Joe. Sie haben sich selbst hier umgesehen. Der Fall wurde zu den Akten gelegt.”
Der Fall ist wieder aufgenommen worden, dachte er, erwiderte jedoch: “Greta, Sie sind ein Schatz, aber ich kann das nicht auf sich beruhen lassen. Jedenfalls noch nicht. Würden Sie mir diese Liste freundlicherweise zusammenstellen?”
“Wie könnte ich Ihnen das abschlagen?”
“Danke. Könnten Sie sie per Kurier noch heute Abend zum Hastings House bringen lassen?”
Sie seufzte. “Ja, sicher. Wenn es Ihnen hilft, das Geschehene zu verarbeiten, dann sollen Sie die Liste noch heute Abend bekommen.”
Nachdem sie aufgelegt hatte, kam es ihm auf einmal so vor, als säße er nicht allein in seinem Wagen. Dieses Gefühl war so intensiv, dass er unwillkürlich neben sich auf den Beifahrersitz schaute. Doch da war niemand.
Natürlich nicht, du Idiot. Du hättest schon gemerkt, wenn jemand in deinen Wagen eingestiegen wäre.
Trotzdem warf er auch einen prüfenden Blick in den Rückspiegel, was ihm noch alberner erschien.
Plötzlich glaubte er, ein Flüstern zu hören. Jemand, der ihm etwas zuwisperte, das er aber nicht verstehen konnte. Das war nur ein Luftzug, sagte er sich. Immerhin hatte er das Seitenfenster geöffnet. Es musste aus einem Radio irgendwo auf der Straße gekommen sein, oder es war das Stimmengewirr der Menschen auf dem Fußweg.
Was immer es sein mochte, es schien in seinem Verstand ein Wort zu bilden:
Leslie.
Die körperlose Stimme schien ihn zur Eile anzutreiben, was ihn ein wenig wütend machte: Gesunder Menschenverstand und Logik waren die Grundfesten, auf denen seine Welt basierte. Doch seit er Leslie begegnet war, musste er sich eingestehen, dass sie manche Dinge viel klarer sah und ihre Intuition oft auf den Punkt genau traf …
“Ach, verdammt!”, fluchte er lautstark.
Entgegen seinen Plänen fuhr er in Richtung Bibliothek.
Leslie verließ die Bibliothek mit einer ganzen Rolle Kopien in der Hand. Eigentlich wollte sie ein Taxi nehmen, aber es war nach Mittag, und auf den Straßen herrschte wieder mal das Chaos. Sie hatte nichts gegen die
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