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Hastings House

Hastings House

Titel: Hastings House Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Graham
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sie nachdenklich, “muss ich in die Gruft um … nein, das geht gar nicht. St. Paul’s existiert seit 1766, aber die Gruft war zu der Zeit sicher noch nicht fertiggestellt. Hm, ich muss genauere Aufzeichnungen finden. Vielleicht in der Bibliothek … hey!” Auf einmal sah sie Joe an und begann zu lächeln. “Hast du bei dir im Keller nachgesehen?”
    “Werde ich da auch Knochen finden?”, fragte er.
    “Ich sagte dir doch, du findest Notenblätter.”
    “Das glaube ich dir aufs Wort”, murmelte er.
    “Ich mache mich besser auf die Suche nach diesen Aufzeichnungen”, beschloss sie im nächsten Moment, ging zu ihm, umarmte ihn fest und gab ihm einen Kuss auf die Wange. “Setz mich bitte an der Hauptbibliothek ab, ich werde da anfangen.”
    “Wird gemacht”, erwiderte er und musste unwillkürlich gähnen.
    Leslie wurde ernst. “Du bist letzte Nacht nicht nach Hause gefahren, stimmt’s? Ich möchte wetten, du hattest ein frisches Hemd im Wagen.” Dann lächelte sie wieder. “Du kannst nicht ständig um mich besorgt sein, das weißt du.”
    “Offenbar hat es wenig damit zu tun, was ich kann oder nicht kann. Ich mache es einfach.”
    Sie ging zur Kellertreppe, blieb aber noch einmal stehen und sah sich aufmerksam um. Der Kellerraum entsprach in seiner Größe dem Anrichtezimmer – dem
Dead Room
, dachte er abermals –, das sich genau darüber befand.
    “Was ist?”, fragte er.
    “Ist dir aufgefallen, dass hier unten alles uneben ist?”
    “Das ist Hunderte von Jahren alt. Was erwartest du?”
    Sie betrachtete die Wände weiter eindringlich. Plötzlich lief ihr ein Schauer über den Rücken, und sie schlang die Arme um sich. “Die U-Bahn fährt hier in der Nähe vorbei, oder?”
    “Vielleicht schon”, gab er achselzuckend zurück. “Aber vermutlich sehr viel tiefer.”
    “Ja, richtig. Trotzdem verlaufen da alle möglichen Tunnel und Schächte.”
    “Soll ich dir einen alten Plan von der U-Bahn besorgen?”, fragte er eher scherzhaft.
    “Das wäre toll”, entgegnete sie völlig ernst. “Okay, jetzt muss ich mich an meine Arbeit machen. Was hast du heute vor?”
    “Ich werde mich noch einmal mit den genauen Orten befassen, an denen jede der vermissten Prostituierten zuletzt gesehen wurde. Vielleicht finde ich so heraus, ob es irgendeine Verbindung zu Genevieve O’Brien gibt.”
    “Da hast du ja eine Menge zu tun. Meinst du, du kannst mir trotzdem alte U-Bahn-Pläne besorgen?”
    “Wenn du sie haben willst, dann bekommst du sie auch”, versprach er ihr.
    “Und du setzt mich an der Bibliothek ab?”
    “Natürlich. Ich vermute nur, dass du vorher noch duschen und dich umziehen willst. Du hast nämlich heute etwas mehr Ziegelstein-Staub aufgelegt, als es momentan Mode ist.”
    Sie schaute an sich herab und musste lachen. “Ja, stimmt. Ich beeile mich.”
    Fröhlich summend lief sie die Treppe hinauf.
    Melissa und Tandy – die an diesem Tag die Führungen übernahmen – erfuhren zwar beide von Leslies Fund, wurden aber gebeten, kein Wort darüber verlauten zu lassen. Während Joe auf Leslie wartete, schlenderte er in das große Esszimmer, wo Tandy soeben einer Gruppe Studenten von der Columbia University einen Vortrag hielt.
    “Stellen Sie sich einen vollkommen anderen Ort vor”, begann sie. “Die Geschichte von New York beginnt hier, mitten in Downtown. Der Times Square war zu jener Zeit ein entlegenes und wildes Land, das immer noch von Algonquin sprechenden Eingeborenen beherrscht wurde. Gegründet wurde New York von den Niederländern, als die Westindien-Kompanie im Jahre 1625 hier einen Handelsposten errichtete. Peter Stuyvesant, der letzte niederländische Kolonialgouverneur, war ein richtiger Tyrann, der unter anderem dafür sorgte, dass die Tavernen bereits um neun Uhr abends schließen mussten. Als die Engländer 1664 herkamen, schlugen sie die Niederländer kampflos und benannten die Stadt, die bis dahin Neu-Amsterdam hieß, um in New York – nach James, dem Duke of York und Bruder von Charles II. Wir befinden uns hier ganz in der Nähe des Elendsquartiers ‘Five Points’ – einem Gebiet, das in etwa parallel zum Broadway, zur Canal Street, Bowery und Park Row verlief. Krankheiten und Tod prägten die ärmeren, dichter besiedelten Gebiete der Stadt. Die Menschen benutzten Teiche und Wasserläufe, um sich der Abfälle und der Abwässer zu entledigen. Mit der Armut kam die Gewalt und schließlich die Rebellion. Diese Stadt war einer der ersten Orte, an denen man für die

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