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Hasturs Erbe

Hasturs Erbe

Titel: Hasturs Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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da, wenn du ihn willst, mein Lord.«
    Ganz deutlich sah Regis, als sei die Zeit aus den Angeln gerückt, jenen schneidenden Augenblick in der Baracke, als Danilo ihn mit einer Beleidigung von sich gewiesen hatte. Auch in Danilos Kopf wurde es deutlich: Er hat mir gegenüber bewußt das gleiche getan, was ich unbewußt tat .
    Mit übermächtiger Anstrengung hielt sich Regis vor einer unmittelbaren Entschuldigung zurück. Ihm wurde übel vom Geruch des Haferbreis. Er ging zu dem Steinalkoven, legte sich nieder, hüllte sich in den Reitumhang und versuchte, die zerreißenden Schüttelkrämpfe die über seinen Körper jagten zu unterdrücken. Es schien ihm, als höre er Danilo weinen, wie er es so oft in der Baracke getan hatte, doch Danilo saß ruhig auf seiner Bank und löffelte sein Essen. Regis blickte auf das Feuer, bis es aufzuflammen begann – Halluzinationen. Kein Waldbrand. Nicht Sharra. Nur erneute Halluzinationen. Psi außer Kontrolle.
    Immer noch schien es ihm, als könne er Lews Gesicht sehen, ganz deutlich im Schein des Feuers. Und wenn ich ihn, dachte Regis, an diesen Ort, neben mich, ziehen könnte – hätte er mich fortgestoßen, mich geschlagen? Vielleicht hätte er den Trost, den ich ihm angeboten hätte, für zu beschämend gehalten, um ihn aushalten oder auch nur anerkennen zu können.
    Ich war nur ein Kind. Ich wußte nicht, was ich tat.
    Er war kein Kind. Und er wußte es.
    Er konnte diesen Gedanken nicht mehr aushalten und überließ sich wieder der Übelkeit. Es wirkte fast wie eine Erleichterung, wenn man die Welt fortgleiten spürte, wenn sie sich auflöste und dann verschwand. Die Zeit versank. Nach einer Weile hörte er Danilos Stimme, doch die Worte ergaben für ihn keinen Sinn. Sie waren nur eine Vibration, ein Geräusch ohne Sinn oder Bedeutung. Mit dem letzten Funken Verstand wußte er, daß seine einzige Hoffnung, sich zu retten, darin bestand, zu schreien, hin und her zu gehen, Danilo zu rufen, sich an ihn zu hängen.
    Ruf Dani! sagte die innere Stimme. Er wird dir helfen, auch jetzt noch, wenn du ihn bittest. Aber du mußt ihn bitten. Du hast es ihm unmöglich gemacht, wieder zu dir zu kommen, es sei denn, du rufst ihn. Ruf ihn schnell, schnell, solange du es noch kannst .
    Ich kann nicht …
    Er fühlte, wie sein Atem stoßweise zu keuchen begann, als hinge er irgendwo im Raum. Mit jedem Atemzug gelangte er für einen Sekundenbruchteil zurück in seinen sich windenden, schwächer werdenden Körper, der taub in dem Alkoven lag. Schnell! Ruf um Hilfe, oder du wirst sterben, hier und jetzt, und alles ist wegen deines Stolzes verloren …
    Mit letzter Kraft kämpfte Regis um seine Stimme, um zu rufen, laut zu schreien. Sie hörte sich wie ein schwaches, ersticktes Flüstern an.
    »Dani … hilf mir …«
    Zu spät, dachte er, und er fühlte, wie er ins Nichts abglitt. Mit verzweifelter Reue fragte er sich, ob er jetzt sterben würde – weil er es nicht ertragen hatte, zu sich selbst, zu seinem Freund aufrichtig zu sein …
    Er schwankte durch die Dunkelheit, unbeweglich, taub, gelähmt. Er fühlte Danilo: Er war nur ein schwacher bläulicher Glanz vor seinen Augen. Der Freund beugte sich über ihn und fingerte an den Bändern seiner Tunika herum. Er konnte nicht einmal Danilos Hand fühlen, wußte nur, daß sie an seinem Hals war. Halb wahnsinnig dachte er: Will er mich umbringen?
    Ohne jegliche Vorwarnung verkrampfte sich sein Körper in einem Anfall der gräßlichsten Schmerzen, die er jemals kennengelernt hatte. Er war wieder da. Danilos Gesicht war durch rötlichen, blutigen Nebel sichtbar. Er stand über ihm. Seine Hand berührte die Matrix an der Schnur, um Regis Hals. Rauh schrie Regis: »Nein! Nicht noch einmal …« Und er spürte, wie der zerschmetternde Schmerz zurückkam. Danilo ließ die Matrix fallen, als hätte sie ihn verbrannt, und der höllische Schmerz ließ nach. Keuchend lag Regis da. Es fühlte sich, als sei er in Feuer gefallen.
    Danilo rang nach Luft. »Vergib mir … Ich dachte, du stirbst. Ich wußte keinen anderen Weg, deine Gedanken zu kontaktieren …« Vorsichtig, ohne sie zu berühren, bedeckte Danilo die Matrix wieder. Er ließ sich auf das Steinbett neben Regis fallen, als seien seine Knie zu schwach, ihn aufrecht zu halten.
    »Regis, Regis, ich dachte, du stirbst …«
    Regis flüsterte: »Das habe ich auch gedacht.«
    »Ich habe mir gesagt, wenn ich dich sterben lasse, weil ich dir ein grobes Wort nicht verzeihen kann, bin ich eine Schande für meinen

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