Hasturs Erbe
Held, der einen Mann schlägt, der hilflos von anderen festgehalten wird … Gib mir zwei Männer, die dich festhalten, und auch ich schlage dich halbtot … und in Schande.«
»Oh, hör doch mit dem Domänengewäsch auf«, antwortete er. »Ich habe dieses Gesabber von Ehre und Unehre lange hinter mir gelassen. Tot nützt du mir wenig. Du kommst mit mir. Such dir aus, ob du willig mitkommst wie der vernünftige Bursche, der du immer warst und wieder sein wirst, oder ob du getragen wirst, nachdem dich diese Burschen hier besinnungslos geprügelt haben. Sie schlagen nicht gern hilflose Männer. Oder soll ich es einfacher machen und dich unbeweglich machen?« Seine Hand griff nach der Matrix an meinem Hals.
Nein! Nein! Nicht noch einmal! Ich schrie, stieß einen wahnsinnigen Schrei aus, der ihn wirklich zurückweichen ließ. Dann sagte er ruhig – noch niemals in meinem Leben habe ich etwas so Schreckliches gehört wie seine leise, grausame Stimme – »Das kannst du nicht noch einmal aushalten, nicht wahr? Warum ersparst du uns beiden nicht diesen Schmerz?«
»Töte mich … lieber noch in diesem Augenblick.« Ich spuckte das Blut aus meinem Mund. Es traf ihn mitten ins Gesicht. Langsam, ohne Eile wischte er es fort. Seine Augen glitzerten wie die eines Raubvogels, wahnsinnig und unmenschlich. Er sagte: »Ich hatte gehofft, dir diese schlimmste Drohung ersparen zu können. Nascar, hole das Mädchen. Nimm ihr den Matrixstein ab. Sie trägt ihn in …«
Ich verfluchte ihn. »Du Teufel. Du Ausgeburt der Hölle! Tu mit mir, was du willst, aber laß sie in Ruhe!«
»Du kommst also ohne weiteren Widerstand mit?«
Langsam und geschlagen nickte ich. Er lächelte – es war ein glitzerndes, triumphierendes Lächeln – und bedeutete mit einem Kopfnicken den Männern, mich fortzubringen. Ich ging ohne Widerstand zwischen ihnen her. Wenn ich, ein starker Mann, diese Qual nicht ertragen konnte, wie konnte ich dulden, daß sie es Marjorie antaten?
Die Männer schleppten uns durch den blendenden Schneesturm. Ein paar hundert Schritte vom Haus entfernt, hinter einer Baumreihe, hörte der Schnee so abrupt auf wie ein abgestellter Wasserhahn. Die Straße in die Ebene hinein lag grün vor uns. Ungläubig starrte ich hinab. Kadarin nickte. »Thyra wollte immer schon gern mit einem Sturm experimentieren«, sagte er. »Und es hat euch an Ort und Stelle gehalten, bis wir dort waren.«
Mein Instinkt war richtig gewesen. Wir hätten uns weiterkämpfen müssen. Ich hätte es wissen müssen. Verzweiflung überfiel mich. Ein Hubschrauber erwartete uns. Man hob mich in einen Sitz, Marjorie in einen anderen. Sie hatten ihr mit dem seidenen Halstuch die Hände gebunden, doch ansonsten keinen Schaden zugefügt. Ich streckte die Hand aus, um sie zu berühren, doch Kadarin trat rasch zwischen uns und ergriff mit Stahlfingern mein Handgelenk.
Ich zuckte vor ihm zurück wie vor einem Leichnam. Ich versuchte Marjories Blick aufzufangen. Zusammen könnten wir seiner vielleicht Herr werden …
»Es hat keinen Zweck, Lew. Ich kann dich nicht auf dem ganzen Weg nach Aldaran bekämpfen und bedrohen«, sagte Kadarin tonlos. Er griff in die Tasche, zog eine rote Phiole heraus und öffnete sie. »Trink dies. Und vergeude keine Zeit.«
»Nein …«
»Ich sagte: Trink es. Schnell. Und falls du vorhaben solltest, es zu verschütten, dann habe ich keine andere Wahl, als dir deine Matrix herunterzureißen. Zuerst Marjories und dann deine. Ich werde diese Drohung nicht wiederholen.«
Ich blickte in diese unmenschlichen Augen – Gott – dieser Mann war mein Freund gewesen; wußte er überhaupt, was aus ihm geworden war? – und sah ein, wir beide waren hoffnungslos in seiner Hand. Geschlagen hob ich das rote Fläschchen an den Mund und schluckte die Flüssigkeit herunter.
Der Hubschrauber, die Welt entglitten mir.
Und kehrten nicht zurück.
Ich weiß nicht, welche Droge er mir gegeben hatte. Ich bin mir immer noch nicht völlig sicher. Auch habe ich nie erfahren, was von meiner Erinnerung an die nächsten paar Tage Traum ist und was einen sonderbaren Kern von Realität besitzt.
Lange Zeit sah ich nur Feuer. Waldbrände, die über die Hügel jenseits von Armida rasten. Feuerregen auf Caer Donn. Die riesige Feuergestalt, die ihre unwiderstehlichen Arme ausstreckte und die Mauern von Burg Storn zerbrach, als seien sie aus Lehm. Feuer strömte in meinen Adern, durchraste mein Blut.
Einmal stand ich auf dem höchsten Punkt von Burg Aldaran und
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