Hasturs Erbe
von den sogenannten Katalysatortelepathen. Das ist eine sehr seltene und wertvolle Gabe.« Er versagte sich zu erwähnen, daß es eine Ardais-Gabe war. Er bezweifelte, daß Danilo diese Information im Moment richtig zu schätzen wußte. »Hast du schon jemand anderem davon erzählt?«
»Wie konnte ich? Ich habe gedacht, jeder könnte Gedanken lesen.«
»Nein, es ist viel seltener. Es bedeutet, daß auch du ein Comyn bist, Dani.«
»Willst du sagen, meine Abstammung ist …«
»Zandrus Hölle, nein! Aber deine Familie ist von Adel. Es kann sein, daß deine Mutter Verwandte bei den Comyn hatte, Comyn-Blut, wenn es auch Generationen her ist. Wenn du volles Laran hast, bedeutet es, daß du Anspruch auf einen Sitz im Rat der Comyn hast, daß man dich ausbildet zu dieser Gabe, die dich den Comyn verbindet.« Er sah in Danis Gesicht und sagte rasch: »Denk nach. Es bedeutet, du bist Lord Dyan gleichgestellt. Man kann ihn zur Verantwortung ziehen, weil er dich mißbraucht hat.«
Regis war für den Impuls dankbar, der ihn hierhergeschickt hatte. Allein, belastet mit diesen Gedanken und der grübelnden, hypersensitiven Art des untrainierten Telepathen, unter der grimmigen Unfreundlichkeit seines Vaters … hätte sich Danilo vielleicht schließlich umgebracht.
»Aber das würde ich nicht tun«, sagte Danilo laut. Regis merkte, daß sie sich wieder in Übereinstimmung befanden. Er streckte die Hand aus, um Danilo zu berühren, erinnerte sich aber dann und zog sie wieder zurück. Regis aß den Apfel zu Ende und warf das Gehäuse auf einen Berg alten Laubes.
»Dani, ich werde heute abend bei meiner Schwester erwartet. Aber ich gebe dir mein Wort, du wirst rehabilitiert. Kann ich sonst irgend etwas für dich tun?«
»Ja, Regis! Sag meinem Vater, daß die Schande und Unehre nicht auf meiner Seite lagen. Er hat mich nichts gefragt und mir keinen Vorwurf gemacht, aber noch nie ist ein Mann unserer Familie unehrenhaft entlassen worden. Ich kann alles ertragen, nur nicht, daß er glaubt, ich habe ihn angelogen.«
»Ich verspreche dir, ihm die volle Wahrheit … Nein.« Regis brach ab. »Hast du ihm deshalb nichts erzählt? Er würde ihn umbringen …« Er sah, daß er den Kern von Danilos Furcht berührt hatte.
»Er würde Dyan herausfordern«, sagte Danilo zögernd, »und, wenn er auch stark aussieht, so ist er doch ein alter Mann, und sein Herz ist nicht das gesündeste. Wenn er die Wahrheit wüßte … ich wollte ihm alles sagen, doch mir war es lieber, er verachtet mich … als daß er sich ruiniert.«
»Ich werde versuchen, dich bei deinem Vater reinzuwaschen, ohne ihn in Gefahr zu bringen. Aber du selber, Dani? Wir schulden dir für diese Beleidigung etwas.«
»Du schuldest mir nichts, Regis. Wenn mein Name vor den Verwandten wieder rein ist, bin ich zufrieden.«
»Doch die Ehre der Comyn verlangt, daß wir das Unrecht wiedergutmachen. Wenn es Fäulnis in unseren Herzen gibt, dann muß sie ausgerottet werden!« In diesem Augenblick erfüllte ihn selbstgerechte Wut. Er war bereit, sich einem ganzen Regiment ungerechter Menschen entgegenzuwerfen, die ihre Macht mißbrauchten. Wenn die älteren Männer bei den Comyn korrupt und die jüngeren Nichtstuer waren, dann müßten es die Jünglinge eben in Ordnung bringen!
Danilo fiel auf die Knie. Er streckte die Hand aus und sagte mit gebrochener Stimme: »Es gibt ein Leben zwischen uns. Mein Bruder starb, um deinen Vater zu schützen. Und ich, ich will nicht mehr, als mein Leben in den Dienst der Hasturs stellen. Nehmt mein Schwert und meinen Eid, Lord Regis. Als ich meine Hand auf Euer Schwert legte, erbat ich mein Leben.«
Erstaunt und tief berührt, zog Regis wieder das Schwert und hielt es Danilo hin. Wieder trafen sich ihrer beider Hände am Heft. Regis stammelte die rituellen Worte und erinnerte sich eines nach dem anderen wieder an sie: »Danilo-Felix Syrtis, sei von diesem Tag an mein Freund und Waffenbruder … und dieses Schwert möge mich treffen, wenn ich dir nicht ein gerechter Herr und Schutz bin …« Er biß sich auf die Lippen und versuchte, sich an die nächsten Worte zu erinnern. Schließlich sagte er: »Die Götter mögen bezeugen, und dazu die Heiligtümer von Hali.« Ihm schien, als gehöre noch etwas dazu, doch immerhin war ihre Absicht klar, dachte er. Er steckte das Schwert zurück in die Scheide, hieß Danilo aufstehen und küßte ihn scheu auf beide Wangen. Er sah Tränen auf Danilos Lidern und wußte, daß auch seine Augen nicht trocken
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