Hasturs Erbe
Teil der Welt auf Fremde treffen konnte und einige von ihnen dauerhaften Einfluß auf das eigene Leben nehmen konnten. Wenn ich das Tal durchquerte und durch das Tor von Burg Aldaran schritt, sagte ich mir, bedeutete dies nicht eine große und unwiderrufliche Entscheidung in meinem Leben, die mich von der Vergangenheit und allem Vertrauten abschneiden würde. Ich war hier auf Bitten meines Vaters als gehorsamer Sohn, der nur in seinem Willen und seinen Gedanken illoyal war.
Ich kämpfte mich zurück. »Nun, wir sollten uns bemühen, noch im Tageslicht dort anzukommen«, sagte ich und begann die ausgezeichnete Straße hinabzureiten.
Der Ritt durch Caer Donn glich auf sonderbare Weise einem Traum. Ich hatte beschlossen, einfach zu reisen, ohne die komplizierte Eskorte eines Botschafters. Ich betrachtete es als einen Familienbesuch, der es ja angeblich auch sein sollte, und erregte kein sonderliches Aufsehen. In einer Weise war die Stadt wie ich selbst, dachte ich, nach außen für Darkover typisch, doch mit kleinsten Unterschieden überall, mit etwas, was nicht recht dazugehörte. In all diesen Jahren bin ich damit zufrieden gewesen, mich selbst als Darkovaner zu akzeptieren, und als ich nun auf den alten terranischen Raumhafen blickte, in einer Art, wie ich das vertraute Gegenstück in Thendara niemals angesehen hatte, dachte ich, daß auch dies mein Erbe sei … wenn ich nur den Mut hatte, es anzutreten.
Ich befand mich in einer merkwürdigen Stimmung, ein wenig entrückt, ohne zu wissen, welche Form und Gestalt alles annehmen würde, konnte ich einen Wind spüren, der mein Schicksal mit sich trug.
Am Tor zu Aldaran standen Wachen, Gebirgler, und zum ersten Male nannte ich meinen vollen Namen, nicht den, den ich als Vaters Nedestro -Erbe trug, sondern den, den Vater und Mutter mir gegeben hatten, noch ehe jemand ahnte, daß irgend jemand meine Legitimität bezweifeln würde. »Ich bin Lewis-Kennard Lanart-Montray Alton y Aldaran, Sohn von Kennard, Lord Alton und Elaine Montray-Aldaran. Ich komme als Botschafter meines Vaters und bitte um das Willkommen meines Vetters Kermiac, Lord Aldaran.«
Die Wache verbeugte sich, und einer von ihnen, eine Art Hausmeister oder Verwalter sagte: »Tretet ein, Dom , Ihr seid willkommen, und Ihr ehrt das Haus des Kermiac von Aldaran. In seinem Namen heiße ich Euch willkommen, bis Ihr es von seinen eigenen Lippen hört.« Man führte meine Begleitung in ein anderes Haus, während man mich in einen großen Raum in einem weit entfernten Flügel des Schlosses geleitete. Man brachte meine Satteltaschen und führte mir Diener zu, als man merkte, daß ich ohne persönlichen Bediensteten reiste. Man umgab mich ganz allgemein mit Luxus. Nach einer Weile kam der Haushofmeister zurück.
»Mein Herr, Kermiac von Aldaran befindet sich beim Abendessen und läßt fragen, ob Ihr zu ihm in die Halle kommen wollt, wenn Ihr vom Reisen nicht allzu erschöpft seid. Wenn Ihr müde von der Reise seid, könnt Ihr hier ein Mahl zu Euch nehmen und Euch ausruhen, doch ich soll Euch seine Freude mitteilen, den Enkelsohn seiner Schwester begrüßen zu dürfen.«
Ich sagte, ich würde mit Freuden zu ihm kommen. In diesem Moment spürte ich keine Erschöpfung. Die merkwürdige Aufregung war immer noch da. Ich wusch den Reisestaub ab und kleidete mich in mein bestes Gewand, eine feine Tunika aus scharlachrot gefärbtem Leder mit passenden Hosen, niedrigen Samtstiefeln und einem Tuchumhang mit Pelzbesatz – nicht aus Eitelkeit, sondern um meinem unbekannten Verwandten Ehre zu erweisen.
Es dämmerte schon, als der Diener zurückkam, um mich in den großen Speisesaal zu geleiten. Ich erwartete dämmrigen Kerzenschein und war wie gebannt, als ich in funkelndes Licht, hell wie der Tag, trat. Bogenlampen, dachte ich, Bogenlicht, wie es die Terraner in den Handelsstädten benutzen. Es berührte mich merkwürdig, nachts einen Raum zu betreten, der von solcher Helligkeit strahlte, merkwürdig und desorientierend. Doch ich war froh darüber, denn es erlaubte mir, die Gesichter in der großen Halle genau anzusehen. Offensichtlich hing Kermiac trotz der Benutzung dieses neuen Lichts am alten Brauch fest, denn der untere Teil der Halle war vollgepackt mit einer kunterbunten Mischung verschiedenster Gesichter, Wachleute, Diener, Bergvolk, Reiche und Arme, auch einige Terraner und ein oder zwei Cristoforo -Mönche mit ihren schäbigen Kutten.
Ein Diener führte mich an einen hochgestellten Tisch am anderen Ende, wo die
Weitere Kostenlose Bücher