Hasturs Erbe
geblieben waren.
Er versuchte, die ernste Situation zu entspannen, indem er nun leichthin sagte: »Nun hast du es noch förmlich bestätigt bekommen, was wir beide von Anfang an wußten, Bredu .« Mit einem kleinen Schock des Erstaunens hörte er sich dieses Wort aussprechen, doch er wußte, daß er es noch niemals zuvor so ernst gemeint hatte.
Danilo versuchte, seine Stimme fest klingen zu lassen. »Ich hätte … dir mein Schwert anbieten müssen. Ich trage keins, aber …«
Genau das hatte bei dem Ritual gefehlt. Regis wollte gerade sagen, es sei nicht so wichtig, doch ohne dies fehlte doch etwas. Er sah auf den Dolch, den Danilo ihm mit dem Heft entgegenstreckte. Regis zog seinen eigenen, legte ihn umgekehrt gegen Danilos, bevor er ihn ihm mit den Worten überreichte: »Trage dies in meinem Dienst.«
Danilo preßte einen Moment lang die Lippen auf die Klinge und sagte dann: »In deinem Dienst allein werde ich ihn tragen.« Er steckte ihn in seine Scheide.
Regis steckte Danilos Messer in die Schwertscheide an seiner Hüfte. Es paßte nicht ganz hinein, aber es reichte. Er sagte: »Du mußt hierbleiben, bis ich nach dir sende. Es wird nicht lang dauern, das verspreche ich, aber ich muß noch überlegen, was zu tun ist.«
Er verabschiedete sich nicht. Es war nicht notwendig. Er wandte sich um und ging den Weg zurück. Als er in die Scheune trat, um sein Pferd zu holen, kam Dom Felix langsam auf ihn zu.
»Lord Regis, darf ich Euch eine Erfrischung anbieten?«
Regis sagte: »Ich danke Euch, aber unwillige Gastfreundschaft hat einen bitteren Beigeschmack. Doch ist es mir ein Vergnügen, Euch beim Wort der Hasturs zu versichern …« – dabei berührte seine Hand kurz das Schwert – »… daß Ihr stolz auf Euren Sohn sein könnt, Dom Felix. Seine Schande sollte Euer Stolz sein.«
Der alte Mann runzelte die Brauen. »Ihr sprecht in Rätseln, vai dom .«
»Sir, Ihr wart bei meinem Großvater Falkner, doch habe ich Euch mein ganzes Leben lang niemals bei Hofe gesehen. Danilo hatte eine noch bitterere Wahl: Er sollte Gunst durch unehrenhafte Mittel gewinnen, oder seine eigene Ehre nur zum Preis offensichtlicher Schande erhalten. Kurz, Sir, Euer Sohn beleidigte den Stolz eines Mannes, der Macht besitzt, aber nicht die Ehre, die der Macht ihre Würde verleiht. Und dieser Mann hat sich gerächt.«
Die Stirn des Alten runzelte sich, während er langsam begriff, was Regis sagte. »Wenn die Anklage ungerechtfertigt war, ein Akt privater Rache, warum hat es mein Sohn mir nicht erzählt?«
»Weil Dani, Dom Felix, fürchtete, Ihr würdet Euch ruinieren, indem Ihr ihn rächtet.« Rasch fügte er hinzu, als er sah, wie in den Augen des Alten tausend Fragen aufzublitzen begannen: »Ich habe Danilo versprochen, Euch nicht mehr darüber zu berichten. Werdet Ihr das Wort eines Hasturs akzeptieren, daß er ohne Makel ist?«
Das besorgte Gesicht hellte sich auf. »Ich segne Euer Kommen und bitte Euch um Entschuldigung für meine groben Worte, Lord Regis. Ich bin kein Höfling. Aber ich bin Euch dankbar.«
»Und loyal zu Eurem Sohn«, fügte Regis hinzu. »Habt keinen Zweifel, Dom Felix, er ist es auch wert.«
»Wollt Ihr nicht doch mein Haus beehren, Lord Regis?« Dieses Mal kam das Angebot von Herzen, und Regis lächelte. »Ich bedaure, aber ich kann nicht, Sir. Ich werde woanders erwartet. Danilo hat mir Eure Gastfreundschaft erwiesen. Ihr züchtet die besten Äpfel, die ich seit langer Zeit genossen habe. Und ich gebe Euch mein Wort, daß es mir eines Tages ein Vergnügen sein wird, dem Vater meines Freundes die Ehre zu erweisen. In der Zwischenzeit bitte ich Euch, Euch mit Eurem Sohn zu versöhnen.«
»Dessen könnt Ihr gewiß sein, Lord Regis.« Er blieb stehen und starrte hinter dem davonreitenden Jungen her, und Regis spürte seine Verwirrung und Dankbarkeit. Als er langsam den Hügel hinabritt, um seine Leibwache zu treffen, merkte er, welcher Aufgabe er sich hier wirklich verschrieben hatte: Danilos guten Namen wiederherzustellen und sicherzustellen, daß Dyan seine Macht nicht noch einmal derart mißbrauchen konnte. Was bedeutete, daß er, der einst geschworen hatte, sich von den Comyn loszusagen, sie nun von innen heraus reformieren wollte, er allein, bevor er seine eigene Freiheit genießen konnte.
12
(Lew Altons Erzählung)
Die Hügel hinter Kadarin werden höher und gehen langsam in das Gebirge über, in das unbekannte Land, wo nicht mehr das Gesetz der Comyn herrscht. In meinem
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