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Hauch der Verdammnis

Hauch der Verdammnis

Titel: Hauch der Verdammnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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durch die Vordertür trat, verwandelte sich ihre Sorge, dass ihm etwas zugestoßen sein könnte, in Zorn darüber, dass er so spät nach Hause kam.
    »Weißt du eigentlich, wie spät es ist?« herrschte sie ihn an, noch bevor er die Tür geschlossen hatte.
    Michael blickte zur Uhr und verzog das Gesicht, als er sah, wie sehr er sich verspätet hatte. »Wir hatten völlig die Zeit vergessen«, sagte er. »Wir waren in einer Spielhalle und ...«
    »In einer Spielhalle?« unterbrach Katharine ihn. »Du hast doch gesagt, ihr wolltet ins Kino.«
    »Das wollten wir auch«, entgegnete Michael und versuchte sich eine glaubhafte Lüge auszudenken. »Aber der Film, den wir uns ansehen wollten, war ausverkauft. Deshalb sind wir in eine Spielhalle gegangen und haben dabei ganz die Zeit vergessen. Tut mir echt leid, Mom, ich ...«
    »Warum hast du mich nicht angerufen?« fragte Katharine. »Was glaubst du, was ich mir für Sorgen gemacht habe!«
    Der reuige Blick in Michaels Augen verschwand. »Mein Gott, Mom, ich bin doch nur eine Stunde zu spät! Was soll die ganze Aufregung?«
    »Die ganze Aufregung, wie du es nennst, besteht darin, dass ich vor Sorge ganz krank geworden bin!« fuhr Katharine ihn an. »Was hätte dir nicht alles passiert sein können! Du hättest einen Unfall haben können oder überfallen worden sein, oder...«
    »Wir sind auf Hawaii, Mom, nicht mehr in New York! Und ich bin kein Baby mehr. Sonst musste auch keiner seine Mami anrufen!«
    »Vielleicht hat sonst keiner eine Mami, die sich Sorgen macht! Ich weiß ja nicht mal, mit wem du zusammen warst, außer mit Josh Malani, und ich kann nicht sagen, dass ich allzu begeistert von ihm bin.«
    Die Worte seiner Mutter schnürten Michael die Kehle zu, und er spürte, dass seine Augen feucht wurden. »Ich war nur mit ein paar anderen Jungs aus dem Team zusammen, okay? Ich hab's ins Laufteam geschafft, und ich habe neue Freunde gefunden! Ich hätte gedacht, du würdest dich für mich freuen, Mom!« Als Katharine sah, wie sehr sie ihren Sohn verletzt hatte, verrauchte ihr Zorn, aber es war zu spät. »Ich bin nicht tot«, sagte er. »Und ich habe mir auch sonst nichts getan.« Er sah sie herausfordernd an. »Und jetzt gehe ich ins Bett.« Er stürmte aus ihrem Schlafzimmer in sein Zimmer und schlug die Tür hinter sich zu.
    Entnervt ließ sich Katharine auf einen Stuhl fallen. Warum hatte sie ihn nur so angeschrien? Warum hatte sie sich nicht erst seine Entschuldigung angehört, bevor sie auf ihn losgegangen war? Jetzt, da sie darüber nachdachte, was er gesagt hatte, wurde ihr klar, warum er so reagiert hatte. In New York war er nicht zuletzt deshalb immer pünktlich zu Hause gewesen, weil er die meiste Zeit allein verbracht hatte. Dafür hatte das Asthma gesorgt, aufgrund dessen er so viele Schultage versäumt hatte. Bis vor einem Jahr, als er beschlossen hatte, sich um die Aufnahme ins Leichtathletikteam zu bewerben, hatte er nie eine Clique um sich gehabt, ja kaum einmal Freunde, mit denen er länger als ein paar Wochen Kontakt hatte. Und gerade als er dabei gewesen war, sein Ziel zu erreichen, hatte sie ihn hierher geschleppt.
    Aber er hatte es auch hier geschafft. Wie hatte sie ihn nur angreifen können, ohne ein Wort darüber zu verlieren, dass er am Nachmittag ins Team aufgenommen worden war? Es war sicherlich einer der schönsten Tage seines Lebens gewesen, und was hatte sie getan? Sie hatte es ihm verdorben, und das nur, weil er eine Stunde zu spät nach Hause gekommen war.
    Rob hatte recht - sie hätte ihre Ängste zähmen und sich darüber freuen sollen, dass Michael zum erstenmal dazugehörte, nicht mehr der magere, um Atem ringende Junge war, der immer nur an der Seitenlinie stand.
    Sie konnte sich glücklich schätzen, dass er nach der Schule überhaupt angerufen hatte, so aufgeregt musste er gewesen sein.
    Katharine ging zu seinem Zimmer, klopfte sacht und öffnete die Tür einen Spalt breit. »Michael? Darf ich reinkommen?« Als sie keine Antwort bekam, sagte sie: »Ich mach' dir ein Angebot. Ich verzeihe dir, dass du dich verspätet hast, wenn du mir verzeihst, dass ich vergessen habe, dass du es heute ins Team geschafft hast. Es tut mir leid, dass ich dich angeschrien habe.«
    Sie wartete und hoffte, dass er das Licht anmachen und sie hereinbitten würde, aber sie hörte nur seine Stimme aus der Dunkelheit. »Okay, Mom«, sagte er. Dann fügte er hinzu: »Bis morgen.«
    Katharine zog die Tür wieder zu.
     
    Michael lag in seinem Bett und starrte

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