Hauch der Verfuehrung
überrascht, als sie ihn mit großen Augen ansah. »Was, um alles in der Welt, meinst du damit? Sie sind zu Gast hier. Ich dachte, wir sollten ein bisschen mit ihnen plaudern.«
Warum? Er biss sich auf die Zunge und schaute über ihren Kopf, führte sie in eine Drehung. Das leise Rascheln ihrer Röcke an seinen Hosenbeinen, das Gefühl ihres geschmeidigen Körpers unter seinen Händen, beschwichtigte seine unerklärliche Verärgerung. Worüber regte er sich so auf? Ein paar Worte?
Oder weil sie Perry ermutigt hatte?
Die Antwort darauf gefiel ihm gar nicht. Er zog sie näher an sich heran und genoss den Tanz, das herrliche Gefühl, sich mit ihr in seinen Armen bei einem Walzer durch den Saal zu drehen. Sie befanden sich dabei wie durch einen Kokon von der Außenwelt abgeschirmt - allein inmitten der Menge.
Allein mit ihr - das war es, was er vorzog. Bis jetzt hatte er sich eher als gesellig gesehen, wenigstens wenn er nicht gerade malte, aber mit ihr, wenn es um sie ging, entdeckte er jeden Tag etwas Neues an sich.
Jacqueline war zufrieden, sich sicher in seinen Armen zu bewegen, während sie darüber nachdachte, was gerade geschehen war. Ihr kam ein Gedanke. »Besteht eine Art Übereinkunft zwischen Mrs. Atwell und Lord Castleton?«
Seine Lippen wurden schmal. »Ja.«
»Aha. Ich verstehe.« Sie schaute weg. Indem er Castleton davon abgehalten hatte, sie zum Tanz zu führen, hatte er verhindert, dass sie Mrs. Atwell auf die Zehen trat. Was sehr freundlich von ihm war. Er war nicht besitzergreifend gewesen, sondern hatte sie schützen wollen. Das war manchmal schwer voneinander zu unterscheiden.
Sie ging ihren Plan erneut durch; er schien ihr immer noch brauchbar, allerdings musste sie an ein paar Stellen dringend nachbessern. Das nächste Mal musste sie jemanden finden, der Gerrard beschäftigte, jemanden, mit dem er sich gerne unterhalten würde.
Nach dem Tanz schlenderten sie wieder umher.
Jemanden aufzutreiben, mit dem sich Gerrard wirklich gerne beschäftigen würde, war gar nicht so einfach, wie sie gedacht hatte. Aber da sie nicht gleich aufgab, fiel ihr Blick schließlich auf eine Gruppe, die ideal zu sein schien.
»Mrs. Wainwright, was für eine Freude, Sie zu sehen.« Sie lächelte die modisch gekleidete Matrone an und knickste höflich, dann begrüßte sie die beiden unverheirateten Töchter der Dame, Chloe und Claire. Jacqueline hatte die drei bei mehreren Nachmittagsveranstaltungen und einem musikalischen Abend kennengelernt.
Die Familie kannte Patience und Gerrard gut; ihr Landsitz lag nicht weit von Gerrards Besitz in Derbyshire entfernt. Gerrard verneigte sich und schüttelte seinen Nachbarn die Hand. Chloes und Claires Augen leuchteten auf, sie antworteten erfreut und erkundigten sich nach seinen Pferden.
Froh, zwei junge Damen gefunden zu haben, im passenden Alter und sehr vernünftig, um Gerrard Gesellschaft zu leisten, lächelte Jacqueline das letzte Mitglied des Grüppchens an - einen gut aussehenden, elegant gewandeten Gentleman, dessen Gesichtzüge die Verwandtschaft zu Chloe und Claire verrieten. Es war ihr älterer Bruder Rupert. Jacqueline fiel wieder ein, dass sein Name einmal gefallen war.
»Hallo!« Sie reichte ihm die Hand. »Sie müssen Rupert sein.«
»Ich gestehe, genau der bin ich.« Mit einem entzückten Lächeln verneigte Rupert sich, ganz langgliederige Eleganz. Seine Augen funkelten, als er sich aufrichtete. »Welche Schauergeschichten man auch immer über mich erzählt, sie stimmen vermutlich.«
Sie lachte.
»Ich habe gehört, Sie sind in der Stadt, um für Gerrard zu sitzen - das ist ein echter Coup, den Sie da gelandet haben. Hatten Sie schon Zeit, sich in London umzusehen?«
»Ein wenig - aber vermutlich nicht so viel, wie mir lieb wäre, allerdings ...«
Gerrard plauderte mit den Wainwright-Mädchen, ohne dass ihm Jacquelines Gespräch mit Rupert entging. Er kannte Rupert, kannte seine Vorlieben, aber momentan benahm er sich noch tadellos. Wie gewöhnlich, wenn seine Mutter in der Nähe war.
Nachdem er sich vergewissert hatte, dass Mrs. Wainwright tatsächlich ein Auge auf ihren Sohn hatte, entspannte sich Gerrard und widmete sich Chloe und Claire; er kannte die beiden schon seit ewigen Zeiten.
Er sah die Gefahr erst, als es zu spät war.
»Die Musiker spielen wieder.« Rupert machte eine Verbeugung vor Jacqueline. »Dürfte ich Sie um einen Tanz bitten, Miss Tregonning?«
Gerrard fuhr herum - aber er hatte bereits den letzten Tanz mit Jacqueline
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