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Hauch der Verfuehrung

Titel: Hauch der Verfuehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Laurens
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Kriminalfällen von der Unterschiedlichkeit des menschlichen Charakters so gefesselt war; Gerrard, weil Jacquelines Rolle innerhalb ihrer Familie, ihre Beziehung zu ihr, den Eckpunkt seines geistigen Bildes von ihr ausmachen würde -die Grundlage seines Verständnisses, das schließendlich sein Porträt von ihr bestimmen würde.
    Nach der verhältnismäßigen Stille bei Tisch wurden die üblichen Abläufe aufgegriffen. Als der Tisch abgedeckt wurde, erhoben sich die Damen und überließen die Herren ihrem Portwein. Mitchel und Barnaby sprachen noch einmal über den Skandal, den das Kutschenwettrennen ausgelöst hatte. Lord Tregonning nutzte die Gelegenheit, um sich bei Gerrard zu erkundigen, ob er mit seiner Unterbringung zufrieden sei. Nachdem ihm versichert worden war, dass dies der Fall sei, nickte er und verfiel erneut in behagliches Schweigen.
    Gerrard lehnte sich zurück; er fühlte sich ebenfalls wohl und überlegte, wie er am besten mit Jacqueline vorankäme. Nach erholsamen zwanzig Minuten standen die vier Herren auf und verließen den Speisesalon. Lord Tregonning führte sie in die Eingangshalle und begab sich von dort in sein Arbeitszimmer. Zusammen mit Mitchel und Barnaby ging Gerrard in den Salon.
    Sie traten über die Schwelle, begleitet von der zarten Melodie einer Sonate. Gerrard schaute zu dem Flügel in der Zimmerecke; es war Millicent, die davorsaß. Jacqueline hatte am einen Ende des Sofas in der Mitte des Raumes Platz genommen. Neben ihr auf einem Tischchen stand eine Lampe, in deren sanftem Licht ihre Locken schimmerten, während sie mit geneigtem Kopf ihre Nadel durch ihre Stickarbeit führte.
    Er ging zu ihr, wollte mehr über sie erfahren - womit sie ihre Freizeit verbrachte, was sie interessierte. Und über sie selbst.
    Sie blickte auf, lächelte höflich und begann ihre Handarbeit zusammenzupacken; zu ihren Füßen stand ein Körbchen.
    »Nein - ich würde sie mir gerne ansehen.« Er lächelte seinerseits, als sie überrascht blinzelte. Er setzte seinen ganzen Charme ein. »Wenn ich darf?«
    Sie starrte ihn einen Moment an, dann machte sie eine kleine Handbewegung. »Wenn Sie wollen.« Ihr Tonfall verriet, dass sie nicht verstand, weshalb ihn so etwas interessieren sollte.
    Er setzte sich neben sie, betrachtete mit kritischem Blick das feine Leinen, das sie auf ihrem Schoß ausbreitete. Sein Blick glitt darüber, wurde langsamer. Jetzt war es an ihm, überrascht zu blinzeln. Er beugte sich dichter über die Handarbeit, schaute genauer hin.
    Er hatte eine von den üblichen Stickereien erwartet, mit denen die Damen in der Regel ihre Zeit verschwendeten, eine Szene in altbekanntem Stil. Doch das war es nicht, was sie hier erschuf.
    Und man musste es »erschaffen« nennen.
    Mit dem Auge des Malers folgte er den Linien, bewunderte die Ausgewogenheit von Formen und Farben, die verschiedenen Stickstiche, die sie einsetzte, um die Illusion von Tiefe zu erzeugen. »Das ist aus keinem Musterbuch.«
    Das war keine Frage. Nach einem Augenblick sagte sie: »Ich denke es mir aus, während ich sticke. Ich habe ein Bild in meinem Kopf.«
    Er merkte kaum, dass er nickte. Es wäre ihm nie in den Sinn gekommen, dass sie eine künstlerische Ader haben könnte, aber dies ... Er deutete auf eine Stelle etwas oberhalb der Mitte. »Hier werden Sie ein visuell starkes Element brauchen - es ist der Mittelpunkt.«
    Der Blick, den sie ihm zuwarf, war leicht gereizt. »Ich weiß.« Sie nahm das Leinen, faltete es zusammen, steckte die Stickseide, mit der sie gerade gearbeitet hatte, in eine Falte. »Das ist eine Sonnenuhr.«
    Er erkannte, dass das sehr gut passen würde. Er schaute sie an, als sie sich bückte, um die Stickerei in das Körbchen zu packen. »Malen oder zeichnen Sie?«
    Sie zögerte, dann antwortete sie: »Ich zeichne ein wenig, aber meist nur Entwürfe für meine Stickereien.« Sie sah ihn an, ihm in die Augen. »Ich male Aquarelle.«
    Das war eigentlich nicht etwas, das man dem führenden Landschaftsmaler dieser Tage so ohne Weiteres anvertraute; seine Landschaften waren Aquarelle. »Sie müssen mir Ihre Arbeiten unbedingt einmal zeigen.«
    Ihre Augen, die gegenwärtig eher golden als grün wirkten, blitzten. »Ich denke nicht, dass das notwendig sein wird.«
    »Ich meine es ernst.« Sein Ton, knapp und entschieden, leicht ungeduldig, verlieh dieser Behauptung Nachdruck. »Ich möchte sie sehen - ich werde sie sogar ansehen müssen.«
    Sie erwiderte seinen Blick, wirkte leise verwundert. Davon

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