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Hauch der Verfuehrung

Titel: Hauch der Verfuehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Laurens
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ausweichen.«
    Sie gingen ein paar Schritte schweigend, dann schaute er sie an. »Im Grunde genommen läuft alles darauf hinaus: Ich muss Sie möglichst gut kennenlernen.«
    Sie betrachtete sein Gesicht. Das Licht war gut genug, sodass sie seine Miene erkennen konnte, aber sie konnte in seinen Augen nicht lesen. Seine Gesichtszüge konnte er kontrollieren, seine Augen verrieten mehr. Was er vorschlug, war, offen gesagt - beunruhigend. »Ich dachte immer« - sie machte eine vage Geste - »Porträtmaler bannen bestenfalls auf die Leinwand, was sie sehen.«
    Um seine Lippen zuckte es anerkennend. »Die meisten tun das. Ich aber nicht. Ich male mehr.«
    »Wie das?«
    Er antwortete nicht gleich. Als sie weiterschlenderten, spürte sie, dass er mit dieser Frage zum ersten Mal konfrontiert war und darüber nachsann. Schließlich antwortete er: »Ich denke, es liegt daran, dass alle, die ich bislang porträtiert habe, mir seit Jahren bekannt waren; ich bin mit diesen Personen verwandt, kenne Hintergrund und Familie.« Er fing ihren Blick auf. »Was ich male, das reicht viel tiefer als ein Gesicht oder eine äußerliche Miene. Genau wie bei Landschaften male ich nicht nur einfach die Details, sondern auch die Atmosphäre; und bei Menschen ist das eben auch so. Die stärkste Wirkung hat das, was sich nicht fassen lässt.«
    Sie nickte und blickte nach vorne. »Ich habe von Ihrem Ruf gehört, aber noch keines Ihrer Gemälde gesehen.«
    »Sie sind allesamt in Privatbesitz.«
    Sie sah ihn an. »Sie stellen sie nicht aus?«
    »Nicht die Porträts. Sie sind als Geschenk gemalt worden.« Er zuckte leichthin die Achseln. »Und um zu sehen, ob ich es kann.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass mein Porträt das erste ist, das Sie im Auftrag malen?«
    Ihr Tonfall war ausgeglichen, die Frage selbst direkt, wenn auch ein wenig anmaßend. Trotzdem traf sie einen wunden Punkt damit. Gerrard blieb stehen, wartete, bis sie ebenfalls innehielt und ihn ansah. »Miss Tregonning, warum habe ich den Eindruck, dass Sie meine Fähigkeiten als Porträtmaler in Zweifel ziehen?«
    Sie blinzelte, dann erwiderte sie ebenso offen: »Vermutlich, weil dem so ist.« Sie neigte den Kopf zur Seite und musterte ihn. »Sie erwarten doch sicherlich nicht von mir, dass ich einfach so einwillige, mich malen zu lassen von« -sie machte wieder eine Handbewegung - »jemandem, dessen Talent ich nicht einzuschätzen weiß?«
    »Von einem x-beliebigen, dahergelaufenen Maler« hatte sie eigentlich sagen wollen. Er kniff die Augen zusammen; sie reagierte darauf nicht, ihre Miene blieb unverändert. »Ihr Vater hat mir den Eindruck vermittelt, Sie hätten zugestimmt, dass von Ihnen ein Porträt angefertigt wird.«
    Sie runzelte leicht die Stirn. Ihr Blick blieb fest auf sein Gesicht gerichtet. »Ich habe zugestimmt, für ein Porträt zu sitzen, nicht für einen bestimmten Maler. Papa hat Sie ausgesucht - und ich muss erst noch entscheiden, inwieweit Sie meinen Anforderungen entsprechen.«
    Wieder musste er im Stillen Vane und Gabriel Cynster danken, dass sie ihm den Trick beigebracht hatten, wie man auch angesichts äußerster Provokation nach außen die Ruhe bewahrte. Er ließ einen Moment verstreichen - einen Moment voller Spannung, in dem er seine Reaktion unter Kontrolle bekam und seine Miene schulte, Worte fand, um sich angemessen auszudrücken. »Miss Tregonning, haben Sie eine Ahnung, wie oft ich gefragt, gebeten, ja angefleht worden bin, eine junge Dame zu porträtieren?«
    »Nein, natürlich nicht, aber darum geht es ja auch gar nicht. Hier geht es um mich, mein Porträt, nicht um jemand anderen. Ich gehöre nicht zu den Menschen, die sich blindlings dem Urteil der breiten Masse anschließen.« Sie betrachtete ihn mit mehr Interesse. »Warum haben Sie bei den anderen abgelehnt? Denn das haben Sie doch, nehme ich an?«
    »Ja, so ist es.« Seine Worte waren knapp; sie schien nicht im Mindesten beeindruckt. Ihre Augen ruhten weiter auf ihm, warteten ... »Ich war nicht daran interessiert, eine von ihnen zu malen. Jetzt, ehe wir weitermachen« - bevor sie die nächste auf der Hand liegende Frage stellte -, »erscheint es mir angebracht, Ihnen die Bedingungen zu erläutern, die ich Ihrem Vater unterbreitet habe. Ich male, was da ist, sowohl in Ihrem Gesicht, als auch dahinter. Ich werde nichts von dem, was ich sehe, verändern, übertreiben oder unterdrücken. Jedes Porträt, das ich male, ist eine wahrheitsgetreue Darstellung nicht nur des Äußeren einer Person, sondern

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