Hauch der Verfuehrung
sind entschlossen, die Sache auf sich beruhen zu lassen.«
»Aber Sie wollen es nicht auf sich beruhen lassen.«
»Nein!« Sie warf ihm einen Blick zu - fragte sich flüchtig, warum sie das Gefühl hatte, ihm gegenüber so offen und ehrlich sein zu dürfen und überhaupt nicht auf der Hut sein zu müssen. »Mamas Tod war kein Unfall, aber bis ich die Leute davon überzeugen kann, dass ich nicht diejenige war, die sie über die Brüstung gestoßen hat, werden sie nicht nach dem wahren Täter suchen.«
Sie sah in seinen Augen, dass er sie verstand. Nach einem Moment sprach sie weiter, und ihr Blick bohrte sich in den seinen. »Jordan und Eleanor haben aufgegeben, aber Millicent und ich, wir sinnen weiter nach. Wir müssen einen Weg finden, damit die Leute beginnen, das in Zweifel zu ziehen, was sich in ihren Köpfen als Wahrheit festgesetzt hat - dass ich es gewesen bin. Da kamen wir auf die Idee mit dem Porträt. Wenn es gut genug wäre, meine Unschuld allen zu offenbaren ... das war das Einzige, was uns eingefallen ist, um den Leuten die Augen zu öffnen.«
Seine Augen verengten sich; er schaute ihr ins Gesicht. »Also stammt die Idee, sich von mir malen zu lassen, von Ihnen!«
Sie schüttelte den Kopf. »Den Einfall mit dem Porträt hatten wir beide gemeinsam. Millicent hat Monate damit zugebracht, die Idee meinem Vater einzupflanzen. Für ihn ist ein Porträt ein möglicher Schritt aus dem Dilemma -wenn es mich schuldig zeigt, wird er es irgendwo verstecken; und selbst wenn jemand es finden sollte, ist es ja kein Beweis, kein Beweisstück, das vor Gericht Bestand hätte. Er liebt mich, aber er liebte Mama noch mehr, und es zerreißt ihn innerlich, sich vorzustellen, dass ich sie getötet haben könnte - es aber nicht wirklich zu wissen.«
Ihre Stimme klang belegt; sie räusperte sich und sprach weiter: »Zufälligerweise hat Tante Millicent durch ihre Briefpartner in der Hauptstadt von der Ausstellung der Royal Academy gehört und Ihren Porträts - die Information schien wie vom Himmel gesandt. Sie hat Ihren Namen Papa gegenüber fallen lassen.« Sie machte eine Pause, dann fügte sie hinzu: »Den Rest kennen Sie ja.«
Gerrard erwiderte ihren Blick einen Moment länger, dann richtete er sich auf und schaute zu den ordentlichen Reihen von Olivenbäumen, lehnte sich gegen den Brunnenrand. Der Stein unter seinen Schultern war kalt; die Kälte half ihm, sich zu sammeln, seine Sicht von den Vorgängen auf Hellebore Hall dem anzupassen, was er gerade gehört hatte.
Es war so viel mehr, als er gedacht hatte, als er den Auftrag für ein Porträt von Lord Tregonnings Tochter akzeptiert hatte.
Was sie ihm gerade gesagt hatte ... er bezweifelte nicht, dass es die Wahrheit war. Nicht nur war er sich sicher, dass sie ihn nie im Leben erfolgreich anlügen könnte, nein, was sie erzählt hatte, erklärte so vieles, das er nicht verstanden hatte, wie zum Beispiel Tregonnings Lage - wahrlich keine angenehme - und seine Entscheidung, wie er weiter Vorgehen sollte, die Einstellung anderer zu Jacqueline. Und die ihre anderen gegenüber.
Er hielt ihre Hand die ganze Zeit. Das Gefühl ihrer Finger, schlank und zart unter seinen, half ihm, seine Gedanken zu ordnen und in die richtige Richtung zu lenken. Nach vorne. »Was, erwarten Sie, wird geschehen, sobald das Bild gemalt und gezeigt worden ist?« Er schaute sie an, fing ihren Blick auf. »Sobald die Leute die Todesumstände Ihrer Mutter zu hinterfragen beginnen, werden Sie da nicht meinen ...« Er brach ab, drückte sich anders aus. »Könnte die Antwort nicht auch Selbstmord lauten?«
Sie schüttelte heftig den Kopf. »Nein - niemand, der Mama kannte, würde das auch nur eine Sekunde annehmen. Sie liebte das Leben. Sie hätte nicht plötzlich entschieden, nicht länger leben zu wollten.«
»Sind Sie sicher?«
»Absolut. Niemand hat jemals diese Möglichkeit in Betracht gezogen, noch nicht einmal, als man mich für schuldig hielt, was ja eigentlich keiner wollte; sie hätten so ziemlich nach jedem Strohhalm gegriffen, sogar nach diesem.« Sie richtete sich auf, betrachtete suchend sein Gesicht. »Bis ich - wir - sie davon überzeugen können, dass ich es nicht war, werden sie nicht nach Mamas Mörder suchen. Solange meine Unschuld für sie nicht sicher ist, tun sie das nicht. Und der wahre Mörder läuft frei herum.«
Er sah ihr in die Augen und sprach aus, was sie wissen musste, jedoch bisher ungesagt gelassen hatte. »Der Mörder Ihrer Mutter ist noch da - es ist
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