Hauchnah
du es mir überlässt, verspreche ich dir, dass es für alle Beteiligten entschieden unangenehmer wird. Ja, für Natalie Jones, aber auch für dich. Für dich und deine Familie.“
27. KAPITEL
A usnahmsweise wachte Natalie ohne Angst im Dunkeln auf. Ohne Grauen. Ohne Gedanken daran, wie ihre Zukunft aussehen würde, wenn sie ihre Sehkraft behielte. Stattdessen lag sie ganz still und verweilte begierig bei jeder verbleibenden Empfindung, um das Hier und Jetzt voll auszukosten.
Sie hörte Mac telefonieren, mit leiser Stimme, als wollte er sie nicht wecken. Spontan setzte sie sich auf, wollte ihn nackt sehen. Den Körper bewundern, der den ihren so durch und durch befriedigt hatte. Doch dann fiel es ihr wieder ein. Und wenngleich sie immer noch kein Grauen verspürte, erfuhr ihre Freude einen Dämpfer.
Sie nahm seinen wunderbaren Duft wahr, bevor die Matratze sich bewegte. Mac legte die Hand auf ihren Bauch, streichelte ihre weiche Haut, fuhr dann höher hinauf und umfasste eine Brust. Als er sprach, fügte sich seine erotische Stimme ganz natürlich in das Gefühlsgemisch ein.
„Woran denkst du?“, fragte er leise.
Sie lächelte. „Ich denke daran, dass wir nur eine deiner vier Voraussagen abgehakt haben.“
„Eineinhalb, schon vergessen?“
„Etwas so … Immenses werde ich wohl kaum vergessen.“
Er lachte und zog Natalie fester an sich. „Möchtest du noch ein wenig Energie sammeln, bevor wir in die zweite Runde gehen?“
„Was hast du vor?“
„Eiscreme?“
„Wie bitte? Im Ernst?“
„Im Ernst. Ich komme um vor Hunger, und nach dem, was gerade passiert ist, kann höchstens Eiscreme mich auch nur annähernd zufriedenstellen. Hast du welche vorrätig?“
„Nein.“
Stöhnend ließ er sich zurücksinken, spielte den maßlos Enttäuschten. Natalie lachte fröhlich, und der unbeschwerte Klangwar ihren Ohren beinahe fremd. „Ich könnte allerdings Schokolade anbieten. Wenn du versprichst, niemandem je zu verraten, wo ich meinen supergeheimen Vorrat aufbewahre.“
„Versprochen. Solange ich besagten Vorrat immer, wenn ich hier bin, freizügig plündern darf.“
Sie versteifte sich bei seinen Worten. Aller Wahrscheinlichkeit nach würde er nach diesem Tag nicht mehr oft bei ihr sein, vielleicht nie wieder.
Er strich ihr übers Haar. „Natalie …“
Sie schwang die Beine über die Bettkante und stand auf. Geriet ein wenig ins Wanken. Nackt ging sie langsam zu der Truhe an einer Wand. Mac bewegte sich, setzte sich vermutlich auf, und sie spürte seinen Blick. Ausnahmsweise einmal bewegte sie sich völlig ungehemmt, auch wenn sie langsam vorgehen musste. Sie beugte sich herab, um den Truhendeckel zu öffnen, lachte, als Mac etwas brummte, und tastete in der Truhe umher, bis Plastik knisterte. Als sie die Hand herauszog, präsentierte sie ihm einen Beutel mit einem Sortiment der verschiedensten Schokoriegel.
„Meine Lieblingsmischung. Snickers, Twix und Reese’s. Kommst du damit zurecht?“
„Ich bin auch mit dir zurechtgekommen, oder?“
„Ich finde, wir sind miteinander zurechtgekommen“, konterte sie.
„Komm her, und lass mich noch einmal mit dir zurechtkommen.“
Wieder lachte sie.
Er riss den Beutel auf, aß mehrere Riegel und fütterte Natalie mit einem Twix. Schokolade und Karamell schmolzen ihr auf der Zunge, doch als Mac sie küsste, mit den Lippen schmatzte und „lecker“ sagte, wusste sie, dass er nicht die Schokolade meinte. Mit einem Seufzer lehnte sie sich wieder an ihn, während er mit ihrem Haar spielte, die Hand über ihren Busen gleiten ließ, dann über ihren Bauch und sanft über die feine Narbe unter ihrem Nabel strich.
„Du hast dich also sterilisieren lassen?“
Sie versteifte sich und wollte sich ihm entziehen, aber er ließ sie nicht los.
„Das ist keine Wertung. Ich will nur … ich möchte nur mehr über dich erfahren.“
Es dauerte eine Minute, bis sie antworten konnte. Doch sie hatte ja bereits ihren Körper hingegeben. Warum nicht dies auch noch? „Ich wollte nicht riskieren, einen Gendefekt zu vererben. Nicht wenn allein schon die Erwartung der Krankheit mir so viel … so viele Probleme bereitet hatte.“
„Deine Narbe ist kaum sichtbar. Der Eingriff liegt wohl sehr lange zurück.“
„Ich war gerade fünfundzwanzig.“
Da hatte sie bereits erfahren, dass die Chance, nicht zu erblinden, fünfzig zu fünfzig stand. Acht Jahre zuvor.
„Hast du es mal bereut?“, fragte er, als hätte er ihre Gedanken gelesen.
„Ich bedaure, dass ich
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