Hauchnah
heimtückisch erwachte Eifersucht in ihm. Verbissen verdrängte er das Gefühl und gab sich Mühe, Jase nicht mit bösen Blicken zu traktieren. Bedächtig sagte er: „Wir sehen uns gegen Mittag, Natalie.“
10. KAPITEL
A rthur Clemmons stopfte die letzten Kleidungsstücke in seine Reisetasche, bevor er sich umdrehte und Allison, seine Frau, ins Schlafzimmer kommen sah. Er bewunderte ihre anmutigen Bewegungen und ihr hübsches, adrettes Aussehen. Obwohl ihr Leib sich gerade zu wölben begann, da sie ihr kostbares drittes Kind erwartete, sah er immer noch die süße Studentin in ihr, die vor zwanzig Jahren im Anatomieseminar neben ihm gesessen hatte.
Er hatte sein Medizinstudium fast abgeschlossen, als er die Berufung spürte, Gott zu dienen. Die Seminare, in denen die Studenten sich an den Anblick von Blut und menschlichem Gewebe gewöhnen mussten, hatte er zu diesem Zeitpunkt schon absolviert. Er war nie übermäßig empfindlich gewesen, war keiner, der beim Sezieren einer menschlichen Leiche in Ohnmacht fiel. Trotzdem stellte er sich jedes Mal, wenn er Allisons Bauch sah, unwillkürlich ihr Blut an seinen Händen vor, während er das Kind aus dem Mutterleib hob. Schon allein bei dem Gedanken wurde ihm übel …
„Evan trödelt immer noch, aber Eric ist schon startbereit und wartet unten. Nicht zu fassen!“
Er atmete flach und schüttelte lächelnd den Kopf. „Er freut sich viel zu sehr auf diese Besinnungstage. Da frage ich mich, ob er vielleicht in eines von den Mädchen verknallt ist. Wir haben eine Neue. Hübsch, aber schüchtern.“
„Schüchtern ist gut. Das hat dir auch an mir gefallen, weißt du noch?“, zog sie ihn auf. Dann wurde ihre Miene streng. „Im Gegensatz zu dieser Lauren Winthrop.“
Lauren …
Alles in Clemmons verkrampfte sich. Schnell hob er die Reisetasche auf und lud sie sich auf die Schulter, um seine Gefühle vor Allison zu verbergen. Wieder schoss ihm der Anblick der blutigen Hände durch den Kopf. Die Erinnerung an den Sekundenbruchteil der Unentschlossenheit darüber, was zu tun war. Für ihn selbst. Für Gott. „Wer?“
„Du weißt schon. Lauren. Das Mädchen, das der Reverend seelsorgerisch betreut hat, bevor sie ausgerissen und verschwunden ist. Sie war eine Zeit lang Mitglied deiner Jugendgruppe. Aufdringlich. Nahm nie ein Blatt vor den Mund. Das hat Eric so an ihr bewundert.“ Von hinten legte sie Clemmons die Arme um die Taille und schmiegte die Wange an seinen Rücken. Auch ihr gewölbter Leib hatte Körperkontakt. „Ich war froh, als sie weg war, aber ich wüsste gern, was aus ihr geworden ist. In der Kirchengemeinde schien sie sich so gut eingefügt zu haben …“
„Wir wussten doch, dass sie irgendwo Familie hat. Vielleicht ist sie dorthin zurückgekehrt. Das wäre wunderbar.“
„Nur unter der Voraussetzung, dass es eine gute Familie ist. Apropos: Ich glaube, ich habe dir noch nicht gesagt, dass ich etwas in den Nachrichten gesehen habe. Etwas über ein Mädchen aus Sacramento, das ermordet worden ist. Sie haben ein Bild von ihr gezeigt. Sie hatte langes blondes Haar, keinen schwarzen Kurzhaarschnitt, und sie war auch nicht so stark geschminkt wie diese Lauren, aber im ersten Moment dachte ich, sie wäre es.“
„Wer?“, fragte Clemmons gespielt geistesabwesend. Er warf einen Blick auf seine Uhr.
Seufzend löste Allison sich von ihm und versetzte ihm einen Schlag auf die Schulter. „Lauren, du Dummer. Das Mädchen, von dem wir sprechen.“
„Hmm?“ Er sah auf. Schüttelte den Kopf. „Entschuldige, Schatz. Ich darf die Zeit nicht vergessen. Ich will sichergehen, dass wir rechtzeitig am Bus sind, um alle Teilnehmer begrüßen zu können. Schrecklich, der Mord an diesem Mädchen, aber wie du schon meintest, sie war blond. Wer sie auch sein mag, ich bin sicher, Lauren geht’s gut.“ Aber das stimmte nicht. Und Clemmons wusste es nur zu gut. Doch es war nicht mehr zu ändern, und wenn er preisgab, was er gesehen hatte, würde er nur noch weitere Katastrophen heraufbeschwören.
„Ich bete, dass du recht hast. Als Schwiegertochter wäre sie mir nicht willkommen gewesen, aber ich will nicht, dass Eltern, ganz gleich, welche, den Mord an einem ihrer Kinder erleidenmüssen. Wenn einem der Jungen je etwas zustoßen würde oder …“ Sie legte schützend die Hand auf ihren Bauch, und Clemmons verschränkte seine rasch mit ihrer.
„Komm, reg dich nicht auf, kleine Frau. Die Jungen sind die ganze Woche über bei mir, freuen sich an der Natur und
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