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Hauptsache, es knallt!

Hauptsache, es knallt!

Titel: Hauptsache, es knallt! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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Wunderbar. Einen schöneren Weg, um Janina und Markus zurück ins Diesseits zu holen, hätten wir niemals finden können. Das Lied sickert den beiden in die Gehörgänge. Sie lächeln. Und Lächeln beim Küssen ist natürlich immer ein Kompromiss. Der wunderbarste Kompromiss, den man sich vorstellen kann, ganz klar, aber man kann sich nicht mehr auf einem Kuss in eine andere Welt tragen lassen, wenn man dabei lächeln muss. Und es ist ja auch ein ganz besonderes Lächeln. Man sieht es nicht, man fühlt es mit den Lippen. Und nichts kann die Landung in der echten Welt sanfter und zärtlicher einläuten als ein lippengefühltes Lächeln.
    Als Janina und Markus kurz über dem Boden sind, schauen sie endlich wieder zu uns. Wir können es sehen, denn die beiden riesigen Feuerringe hoch am Himmel über uns leuchten noch immer. Und auf einmal stimmen wir alle wie aus einem Mund in den Russengesang mit ein. »Ain’t no Sunshine when she’s gone« . Ich bin sicher, in diesem Moment möchten der ganze Wald und die ganze Welt mitsingen. Und, jetzt noch das richtig große Wunder, Namida hat Indianertrommeln aus dem Kofferraum hervorgezaubert und begonnen, sanft den Takt zu schlagen. Mein Herz setzt kurz aus, aber, nein, es ist schon wieder einfach nur wunderschön, und Janinas Lächeln strahlt auf einmal noch ein wenig mehr. Wir haben nun sogar den bösen Schlammgeist, der die Hochzeit vor zwanzig Jahren in einen Alptraum verwandelt hat, besiegt. Ich muss weinen. Gar nicht so einfach, aber ich schaffe es, dabei weiterzusingen.
    Janina und Markus sehen sich noch einmal frisch verliebt in die Augen, dann gehen sie Hand in Hand langsam auf uns zu, bereit, jeden Einzelnen von uns zu umarmen, um etwas von ihrem Glück abzugeben. Wirklich, mehr kann man nicht wollen. Sogar der Kloß in meinem Hals beginnt wieder abzuschwellen. So unglücklich kann man gar nicht sein, dass man sich nicht von den beiden anstecken lässt.
    Aber heute ist wirklich ein besonderer Tag, das kann man gar nicht oft genug betonen. Und ob es am Ende ein besonders schöner oder ein besonders scheußlicher Tag ist, muss jeder für sich selbst entscheiden. Jedenfalls passiert schon wieder etwas. Man kennt das ja. Wenn man auf einem Waldweg mit dem Fuß auf einen kräftigen Ast steigt, dann schießt das andere Ende des Asts heimtückisch in die Höhe, wie bei einer Wippe. Und dann bleibt man mit dem Fuß, mit dem man gerade nach vorne ausschreiten will, am hochstehenden Ende des Asts hängen. Und da kann Markus jetzt noch so sehr mit den Armen rudern: Wenn so ein Riese wie er erst einmal am Fallen ist, dann fällt er. Und wie. Er kann es höchstens noch ein wenig herauszögern. Aber das bisschen Herauszögern reicht natürlich nicht dafür, dass Janina erkennt, in welcher Gefahr sie schwebt. Erst als Markus mit seinem ganzen Gewicht gegen sie fällt und sie umreißt und die beiden zusammen in den Schlamm stürzen, dass es nur so klatscht, dämmert es ihr, aber dann ist es auch schon wurscht. Und weil die Feuerringe am Himmel immer noch alles hell machen, erkenne ich, dass das, worüber Markus gestolpert ist, gar kein Ast ist. Nein. Es ist das blöde Schwert, das ich vorhin weggeworfen habe.
    Und genau in dem Moment, als der Schlamm um die beiden herum aufspritzt und die anderen wie aus einer Kehle »Ouh!« rufen, geht das Feuerwerkslicht aus. Das Bild bleibt auf meiner Netzhaut hängen.
    Mist. Perfektes Timing. Ich presse meine Lippen zusammen und halte die Luft an. Ich sauge beide Wangen nach innen und beiße drauf. Ich presse mir eine Hand auf den Mund. Beide Hände. Zwecklos. Janina und Markus im Matsch, weil das blöde Schwert … Was zu viel ist, ist zu viel. Warum tut Jil nichts? Sie steht direkt neben mir, sie muss doch mitbekommen, was los ist. Ich müsste nur sehen, wie sie mit der Hand ausholt, und ich wäre erlöst. Tja. Sie kann mich halt einfach nicht mehr leiden und lässt mich im Stich. So traurig.
    Die anderen eilen los, um dem armen Brautpaar aufzuhelfen. Alle. Auch Patrick. Auch die Russen. Und blöderweise haben die Kerle über dem Malheur einfach mit dem Singen aufgehört. Mist. Jetzt hört man es erst recht, wenn ich gleich loslache. Und einen unpassenderen Moment werde ich mein ganzes Leben nicht … »Hmmmmmpfffff!« Nein, ich will nicht! Jil ist als Einzige hiergeblieben. Jetzt hilf mir doch endlich, blöde Kuh! Kann doch wohl nicht wahr sein! Muss sie das so raushängen lassen, dass sie mich inzwischen furchtbar doof findet? Ich würde

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