Hauptsache, es knallt!
Hin- und Rückflug buchen sollen. Und der ganze Rest muss natürlich auch völlig wasserdicht gemacht werden. Wir müssen ein Hotel heraussuchen, wir brauchen einen Briefkopf, und wir brauchen vor allem eine Telefonnummer mit Rufumleitung zu einem von uns, falls sie Fragen hat. Und mindestens ein Mal rufen wir sie an, um nachzuhaken. Wenn wir an alles denken, wird es klappen. Und zwar richtig gut.«
Die anderen nicken. Erst zögernd, dann immer entschlossener. Sogar Henriette. Endlich. Sie lächelt sogar. Ich schaue Jil an. Okay, vorhin hatte ich tatsächlich »Melodiesäge« gedacht, als sie unten vor meinem Haus stand. Aber das ist Quatsch. Wenn man es genau betrachtet, hat sie überhaupt nichts Sägenhaftes an sich.
Reizwäsche
Ein paar Tage später. Ich habe Bülent gerade mit meinem Admiral abgeholt, und wir schaukeln sanft über den Altstadtring zur Katensteinsiedlung. Dort steht das kleine alte Häuschen, in dem Janina und Markus wohnen und in das sie all ihr Geld stecken. Obwohl ich nach der Mammutsitzung mit dem Zettelberg letzte Woche überzeugt war, dass wir den perfekten Rettungsplan für die Hochzeit beisammenhaben, gibt es nun doch noch mehr zu tun. Unser Bräutigam in spe Markus hat bei Bülent, seinem besten Freund, angerufen. Er sieht irgendein Problem mit den Russengästen. Näheres wollte er ihm bei einem kleinen Vorabendbier auf seiner Couch berichten und seinen Rat hören. Und Bülent hat Markus kurzerhand breitgeschlagen, dass Henriette, Patrick und ich auch mitkommen dürfen.
»Hast du eigentlich mal gestoppt, wie lange dein Schiff braucht, um von null auf hundert zu kommen, Tim?«
»Nicht genau, aber ein halber Tag reicht gewöhnlich.«
»Ich verstehe echt nicht, warum Janina und Markus nicht den Admiral als Brautauto nehmen. Stilvoller geht es doch gar nicht.«
»Danke, Bülent. Aber da lässt sich Papa Mitscherlich natürlich nicht reinreden.«
»Hab ich auch gehört. Der will die beiden in einem ganz dicken Geschoss herumkutschieren.«
»Tja, es soll halt jeder sehen, dass Auto Mitscherlich es richtig krachen lässt.«
»Haha, Mitscherlich und krachen lässt, wenn du wüsstest, was mir dazu gerade durch den Kopf geht.«
»Erzähl.«
Bülent überlegt kurz, dann schüttelt er den Kopf.
»Geht nicht.«
»Wenn du es mir nicht erzählst, dann hör wenigstens auf, in dich reinzukichern.«
»Okay … Kchchchch.«
»Letzte Warnung.«
»Na gut, ich erzähle es. Aber du musst auch schwören, dass du dichthältst, so wie wir bei der Geschichte von der Hippiehochzeit.«
»Geschworen. Beide Hände auf dem heiligen Zwei-Speichen-Lenkrad, keine Finger gekreuzt. Und jetzt leg los, wir sind bald da.«
»Hm, wo fange ich an …«
Wenn ein Instinktredner wie Bülent schon so über den ersten Satz nachdenken muss, muss es wirklich eine brisante Information sein. Wir fahren noch fast einen halben Kilometer, bis er endlich beginnt. Als er fertig ist, biegen wir bereits in Janinas und Markus’ Straße ein. Seine Worte klingen in meinen Ohren nach, und ich schüttele immer wieder den Kopf.
Markus findet Frauen in Brautkleidern scharf.
Kein Wunder, dass er bei Janinas Hochzeitsträumen voll mitzieht. Und besser, sie erfährt nie etwas davon. Wie soll sie bei ihrer Hochzeitsnacht noch romantische Gefühle entwickeln, wenn sie weiß, dass ihr Kleid auf ihren Bräutigam wirkt wie nuttige Reizwäsche auf gewisse andere Männer? Und erst recht darf sie nichts von der Geschichte erfahren, die dazu geführt hat, dass Markus Frauen in Brautkleidern scharf findet. Denn das setzt dem Ganzen noch das Hochzeitstortensahnehäubchen auf. Wenn das jemals den Weg in Janinas Ohren finden sollte, geht definitiv gar nichts mehr mit Traumhochzeit.
Es war nämlich so: Markus ist ja der Einzige von uns, der es hier mal aus Salzminden rausgeschafft hat. Studiert und so. In Hannover. Und, wie gesagt, zwischendrin sogar zwei Semester Barcelona, die einzige Phase, in der Janina und er mal kurz getrennt waren. Janina hatte derweil einen elend gescheiterten Beziehungsversuch mit einem Versicherungsmakler, das wissen alle. Wie Markus diese Zeit verbracht hat, darüber gibt es mehr Legenden als zuverlässige Informationen. Aber Bülents Bericht von eben stellt sogar noch alle Legenden in den Schatten: Irgendeine In-Bar in Barcelona fand es damals cool, einen deutschen Aushilfsbarkeeper einzustellen. Und so stand Markus da hinter dem Tresen, als eines Abends ein betrunkenes Damengrüppchen auftauchte. Aufgebrezelt
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