Hauptsache, es knallt!
ist sie hier? Sie hat ihren Bericht über die Zustände auf Schloss Walchenau abgeliefert. Wichtig und gut. Aber den Rest erledigen wir, das Stammteam aus dem Formationstanzkurs. Muss ich echt nachher mal Henriette …
»Schön hast du es hier. So hell.«
Ja, mach dich nur lustig über meine seelenlose Wohnkiste. Hm, mir gefällt ihr grüner Kapuzenpullover. Passt irgendwie ziemlich gut in meine Wohnung. Also, jetzt nur der Pullover, meine ich natürlich. Das Grün und so. Ich könnte mir zum Beispiel einen grünen Teppich … Oh, Moment, ich bin ja der Gastgeber. Fast vergessen.
»Ähm, möchtest du was trinken? Oder, also, ich kann dich auch gerne rumführen.«
»Wenn du mich so fragst, dann gern rumführen. Ist das okay?«
Mist, das hatte ich doch nur pro forma angeboten.
»Weißt du, ich liebe es, mir fremde Wohnungen anzuschauen, Tim. Du auch?«
»Kommt darauf an.«
Na gut, führe ich sie halt rum. Immer noch besser, als im Wohnzimmer zu sitzen und Smalltalk mit jemandem zu machen, den man eigentlich gar nicht hier haben will.
»Zur Rechten: meine Küche. Die grünblau gesprenkelte Arbeitsplatte und die Türen mit den kitschigen Verzierungen und den albernen Goldlackgriffen hab ich nicht selbst ausgesucht. Musste ich so übernehmen.«
Was mache ich da? Ich brauche mich doch nicht vor ihr für die hässliche Einbauküche zu rechtfertigen.
»Und die scheußlichen Badezimmerfliesen mit der Pseudo-Marmorstruktur ebenfalls. Gleiches gilt für die absolut geschmacklosen Armaturen, aber wenn man beim Waschen einfach die Augen zumacht, geht es. Dafür ist die Abstellkammer ein Hort der architektonischen Schlichtheit, wie du siehst. Und, lass mich raten, du willst jetzt auch noch gerne in dieses Zimmer schauen, was?«
Leider ist mein Schlafzimmer keine Augenweide. Und in diesem Fall kann ich es beim besten Willen nicht auf den Hauseigentümer schieben. Aber meine Schuld ist es auch nicht. Ich habe einfach ein Zimmer zu wenig. Deswegen steht da nicht nur mein Bett, sondern auch mein Schreibtisch, und überall liegt höchst unerotischer Papierkram rum, den ich nicht aufgeräumt habe. Zum Glück sägt die Melodiesägenklingel genau jetzt zum zweiten Mal los. Tja, dann vertagen wir den Rest der Besichtigung wohl mal lieber. Bülent und Henriette stehen unten und wollen reingelassen werden. Während wir auf sie warten, plappert Jil munter weiter.
»Hoffentlich finden wir heute gute Lösungen für die ganzen Probleme. Mir ist es so wichtig, dass es eine schöne Hochzeit wird, ich kann es dir gar nicht sagen.«
»Mir auch. Ich hab es ja schon erzählt, das ist einfach Janinas wunder Punkt. Wenn die Hochzeit eine Enttäuschung wird, passiert irgendwas ganz Schlimmes. Aber, mal ehrlich, warum ist es dir so wichtig? Du kennst Janina doch gar nicht.«
Jetzt atmet sie tief ein. Sosehr ihre Augen auch versteckt sind, ich sehe ein unruhiges Flackern.
»Ich habe erlebt, wie Frau von Weckenpitz meinen Freunden die Hochzeit zerstört hat. Es war so schlimm. Keiner von uns hatte damit gerechnet. Ich war die ganze Zeit wie gelähmt und konnte nicht helfen. Ich schäme mich noch heute dafür. Wir hätten die alte Ziege einfach in den Keller sperren sollen, aber wir waren zu feige. Und dann war ich irgendwann mit Henriette Kaffee trinken, und Janina kam dazu, und ich mochte sie gleich. Und danach hat mir Henriette von der Hochzeit auf Schloss Walchenau erzählt. Ich habe erst einen Riesenschreck bekommen, aber ich sehe das jetzt als meine Chance, wenigstens ein bisschen was wiedergutzumachen.«
»Okay.«
»Ehrlich gesagt, ich habe richtig Angst um die beiden.«
»Ach, keine Sorge, wir werden das alles schon so hindengeln, dass es für Janina perfekt aussieht. Wir sind schließlich zu vier … fünft.«
» Hindengeln ? Ich dachte, wir …«
Doch auch wenn sie noch so sehr guckt, als hätte ich ihr gerade eine Zitrone als Snack angeboten, uns bleibt keine Zeit, um das auszudiskutieren, denn im nächsten Moment fräst sich die Melodiesäge schon wieder in unsere Trommelfelle. Diesmal in der noch hässlicheren Variante, die es zu hören gibt, wenn jemand direkt an der Wohnungstür auf den Knopf drückt. Ich lasse Henriette und Bülent rein. Kurz darauf kommt auch Patrick. Ich hole Gläser und Flaschen aus der Küche, und wenig später sitzen wir alle um meinen Couchtisch herum.
Und eins muss man sagen: So lang die Problemliste auch gewesen sein mag, wir setzen ihr einen beachtlichen Berg von Ideen entgegen. Also,
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