Hauptsache, es knallt!
keine Brautentführungen mehr in Salzminden. Jeder Wirt, bei dem eine Gruppe mit entführter Braut auftaucht, dreht sofort den Zapfhahn zu.«
»Zapfhahn zu?«
Jetzt macht Vladimir große Augen. Ich habe den richtigen Ton getroffen.
»Zapfhahn zu. Und ein Jahr Lokalverbot. Also entführt, wen auch immer ihr wollt, aber nicht die Braut. Okay?«
»Okay.«
Armer Kerl. Sein Schalk ist in sich zusammengesunken und weint. Ich lege ihm die Hand auf die Schulter.
»Mach dir nichts draus. Dafür lassen wir es beim Junggesellenabschied richtig krachen, okay?«
Oh nein, warum habe ich das gesagt? Der Glanz kehrt sofort in Vladimirs Augen zurück. Und was für ein Glanz. Mitleid ist einfach ein schlechter Ratgeber. Aber gut, Hauptsache, Janina wird nicht von einer wilden Russenhorde durch die Kneipen geschleppt, während sie eigentlich mit ihrem Bräutigam im Schlossgarten lustwandeln sollte. Den Rest kriegen wir schon geregelt.
Wir holen Markus wieder herein. Er sieht nervös aus. Im Moment können wir aber nicht frei sprechen. Erst eine halbe Stunde später verabschiedet sich sein russischer Kollege mit dem Faible für Hochzeitsbräuche. Natürlich nicht, ohne allen von uns noch einmal schelmisch zuzuzwinkern. Kaum hat Markus die Haustür hinter ihm geschlossen, stürzt er zurück zu uns ins Wohnzimmer.
»Was hat der Verrückte vor? Redet!«
»Och, nichts weiter.«
»Entspann dich, Markus.«
»Wir haben alles im Griff.«
»Verlass dich auf uns.«
Er stößt einen tiefen Seufzer aus. Kein Seufzer der Erleichterung. Mehr so: »Warum das alles? Und warum ich?«
Vielleicht ist es doch besser, wir sagen es ihm.
»Okay, wenn du es unbedingt wissen willst: Die Russen wollten eine Brautentführung machen.«
»WAS?«
»Ganz ruhig. Wir haben es ihm ausgeredet.«
»Wirklich? Ausgeredet?«
»Wenn ich es dir sage.«
»Vladimir etwas ausreden, ich wusste gar nicht, dass das überhaupt geht.«
»Man muss es nur richtig anpacken.«
»Vielen Dank. Echt, vielen Dank.«
»Aber um den Junggesellenabschied mit denen kommen wir nicht herum.«
»Will ich auch gar nicht, Tim. Im Gegenteil, ich freue mich drauf.«
Oho. Weiß er auch, was er da sagt? Da steht uns wohl wirklich noch einiges ins Haus. Markus lässt sich zurück in die Polster sinken. Wieder ein tiefer Seufzer. Was ist denn jetzt noch? Ich habe keine Lust zu fragen. Irgendwie waren die Verhandlungen mit Vladimir doch ganz schön anstrengend. Aber das Nachfragen erledigt bestimmt gleich Patrick. Wenn einer eine Ader für geheime Sorgen und Nöte bei seinen Mitmenschen hat, dann er. Und er kann auch viel einfühlsamer fragen als wir alle.
»Was ist, Markus? Ich sehe immer noch eine Kummerwolke über deinem Haupt.«
Na bitte.
»Ach, nichts.«
Einsatz Henriette. Überzeugungslächeln. Fünf Sekunden reichen.
»Na gut, ich mache mir Sorgen wegen … ja, okay, wegen des Feuerwerks von Janinas Vater.«
»Ach komm, Markus, das wird der sagenhafte Höhepunkt einer romantischen und berauschenden Feier.«
»Ja, ja.«
»Im Ernst, man hört nur Gutes von Nashashuk Zieglers Feuerwerken.«
»Ich sehe schon das Schloss in Flammen stehen.«
»Er baut sein Zeug fast hundert Meter weg vom Schloss auf. Und, wie gesagt, der hat über zwanzig Jahre Erfahrung.«
»Ich verstehe echt nicht, warum dich ausgerechnet das Feuerwerk so beunruhigt?«
Markus ist wirklich runter mit den Nerven. Ein Glück nur, dass er nicht von Frau von Weckenpitz und den ganzen anderen, wirklich großen Gefahren auf unserer Liste weiß.
»Okay, es ist nur … ich habe Angst vor Feuerwerken.«
Kaum hat er es ausgesprochen, wird sein Kopf rot wie eine Leuchtfeuerkugel. Armer Kerl, das braucht ihm doch vor seinen Freunden nicht peinlich sein. Ich denke es und fühle gleichzeitig, wie etwas anderes in mir hochsteigt. Ganz ruhig, ich habe es im Griff, ich … ich …
»BRUHAHAHAHAHAHA!«
Ich will nicht, aber ich kann nicht anders. Es lacht einfach aus mir heraus, und je mehr ich versuche aufzuhören, desto heftiger wird es. Das war schon immer so bei mir. Egal, wie gern ich die Leute habe oder wie viel Respekt ihnen gebührt, wenn ich etwas lustig finde, kann ich mich nicht beherrschen. Ganz schlimm ist es, wenn jemand hinfällt. Egal, ob meine Oma über ihre Hundeleine, mein Klassenlehrer über meinen Schulranzen oder mein Chef über mein Netzkabel stolperte, sie alle wurden anschließend von meiner Gelächter-Druckwelle fast an der nächsten Wand zerquetscht. Manchmal glaube ich, die Leute
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