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Hauptsache, es knallt!

Hauptsache, es knallt!

Titel: Hauptsache, es knallt! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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ohne irgendwelchen Schaden anzurichten.
    Genau wie Markus’ Junggesellenabschied vorgestern. Der war harmlos wie ein Fest im Seniorenheim. Ist in Salzminden auch ganz einfach. Hier ist so dermaßen herrlich nichts los. Wer die Sau rauslassen will, muss schon nach Paderborn fahren. Oder gleich nach Han­nover. Aber das haben wir schön gelassen. Nichts Paderborn, nichts Hannover. Die Frage war nur, was machen wir mit Vladimir und seinen Kampftrinkerkollegen? Salzminden mag ja langweilig sein, doch es gibt selbst hier genug Alkohol, um einen Bräutigam in spe für die ganze nächste Woche lahmzulegen. Aber wir hatten eine Idee: Wir haben die Russenfraktion einfach nach Hannover geschickt. War kein Problem. Wir hatten ja immerhin schon die böse Frau von Weckenpitz zu einer frei erfundenen Schlossherren-Präsidentenwahl nach Schwaben gelotst. Das war wirklich ein harter Brocken. Jil hatte sich voll reingehängt. Briefpapier entworfen, Einladung verschickt, Telefongespräche geführt, Flug gebucht. Kann gut sein, dass sie damit den wichtigsten Job für die ganze Hochzeit gemacht hat. Okay, es war natürlich ursprünglich meine Idee, aber egal.
    Zurück zu den Russen: Die nach Hannover zu bringen, war dagegen ein Kinderspiel. Als Vladimirs besorgter Handyanruf aus der Landeshauptstadt kam, brauchte ich nur ganz scheinheilig sagen: »Ach so, Hannover, Bar 53. Da seid ihr also. Tja, Mensch, hast du falsch verstanden, Vladimir. Hannoversche Straße 53 hatte ich gesagt … Ja, Salzminden …« Und zu dem Zeitpunkt waren die Brüder natürlich schon viel zu besoffen, um wieder zurückzufahren.
    Wir selbst waren natürlich auch ohne Russen ordentlich unterwegs, und ganz Salzminden war froh, als wir endlich ins Bett fanden. Das aber lag vor allem daran, dass wir Markus überzeugt haben, dass Rumbrüllen und Leutebelästigen bei Junggesellenabschieden viel wichtiger ist als Trinken. Wer zu betrunken ist, um ordentlich rumzubrüllen, dem droht großes Unglück, haben wir ihm gesagt. Braut mit unerotischem Brautkleid, fürchterliche Ehe und so. Deswegen hatten wir glücklicherweise gestern alle nur einen recht überschaubaren Kater. Plus sexy tiefe und heisere Stimmen, die jetzt leider schon wieder weg sind.
    Janina hat in der gleichen Zeit mit ein paar Freundinnen in Paderborn zugeschlagen und auch gleich dort übernachtet. Und sie kam ebenfalls wohlbehalten wieder zurück. Ich habe per SMS bestätigt bekommen, dass sie heute Morgen pünktlich um sieben Uhr aufgestanden ist, um den ganzen Braut-Ankleide- und -Frisurzinnober entspannt und ohne Zeitdruck hinzukriegen. Und eine andere SMS teilte mir mit, dass die Lage bei Markus ähnlich beruhigend ist. Die beiden haben jeweils bei ­ihren Eltern geschlafen. Gute Maßnahme, finde ich. Einmal wegen Vorfreude, aber auch wegen Sich-nicht-gegenseitig-verrückt-Machen und so.
    Und auch sonst hat heute Morgen alles perfekt geklappt. Henriette und Bülent haben Markus’ völlig verdatterten Trauzeugen Kurt (dessen Weckerbatterien ­natürlich ausgerechnet in dieser Nacht den Geist auf­gegeben hatten) aus dem Bett gezerrt und ihn in ordent­liche Klamotten gesteckt. Dann haben sie ihm eine Festtagsfrisur verpasst. Und sogar seinen Personalausweis haben sie im letzten Moment noch hinter dem Kühlschrank gefunden. Den muss man nämlich als ordent­licher Trauzeuge auf dem Standesamt vorzeigen, hat Henriette gestern noch recherchiert. Jetzt sitzen sie im Taxi, und nichts kann sie mehr aufhalten, hat Bülent eben durchgefunkt.
    Und mit Janinas und Markus’ Eltern stimmt auch ­alles. Beide habe ich vor einer halben Stunde unter unscheinbaren Vorwänden angerufen.
    »Macht euch auf was gefasst«, hat Torsten Mitscherlich gesagt. »Wenn ihr das Brautauto seht, haut es euch rückwärts in die Büsche, ihr Burschen!«
    Und Nashashuk Ziegler hat sinngemäß das Gleiche über sein indianisches Feuerwerk gesagt, das er heute Nacht zum Besten geben will. Namida Ziegler sagte dagegen, dass Janinas Frisur viel zu künstlich aussähe, aber das werte ich eher als positives Zeichen. Ich meine, hey, eine Brautfrisur, die nicht künstlich aussieht, ist doch keine Brautfrisur.
    Trotzdem, ich bin unruhig. Als finale Maßnahme und nur, um ganz sicher zu sein, gehe ich in das Standesamt hinein und klopfe zaghaft an die Tür des Standesbeamten. »Bertram Tschymbowski« steht auf dem Türschild. Herr Tschymbowski trägt einen Seitenscheitel und eine Brille und ist völlig alterslos. Der Inbegriff eines

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