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Hauptsache, es knallt!

Hauptsache, es knallt!

Titel: Hauptsache, es knallt! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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tatsächlich, ein gehäkeltes Präservativ.
    »Wie schade! Das mit dem Wasser hätte ich wirklich noch gerne gesehen, Kindchen.«
    »Ja, Frau von Weckenpitz.«
    Die Leute klatschen und Tante Otti knickst neckisch.
    »Und schaut euch unsere Janina an: Sie ist immer noch schön!«
    Noch mehr Applaus, während Markus weiter gegen das Mehlinferno auf seiner Braut ankämpft und beide darüber ganz vergessen, die blöden Bademützen abzunehmen. Ich kann kaum noch hinsehen. Neben mir lässt Sinja ihren verunglückten Serviettenschwan sein und steht auf.
    »So klappt das nicht. Ich muss Plan B machen. Du kannst meinen Hauptgang haben, wenn du magst«, raunt sie mir im Vorbeigehen zu.
    »Moment, was …?«
    Aber sie ist schon außer Hörweite. Hm. So klappt das nicht? Sinja hat einen Plan B? Laut unserer geheimen Liste heißt das Alarmstufe rot. Aber erstens ist Sinja jetzt eine von uns und ich vertraue ihr, zweitens bin ich im Moment viel zu wütend, um ein verrücktes sechzehnjähriges Mädchen heimlich zu beobachten. Sie würde mein Stampfen hinter sich hören.
    Der Hauptgang, Rochenflügel an Petersilienwurzel und Zitronensauce, wird aufgetragen. Herr Mitscherlich klopft gegen sein Glas und beginnt seine langerwartete Rede. Der geballte Charme eines altgedienten Autoverkäufers prasselt auf die Gäste nieder. Das Gute daran ist, dass die Aufmerksamkeit endlich nicht mehr auf dem armen Brautpaar liegt. Was er genau sagt, kriege ich nicht mit. Ich starre Janina an. Sie fummelt sich endlich die Bademütze vom Kopf.
    »Fast schade, das mit den Kopfbedeckungen, Kindchen. Sonst wären die Haare jetzt auch noch voll Mehl. Haha, wäre das ulkig!«
    Von Janinas Frisur ist nicht viel geblieben. Von der ruhigen Eiche auch nicht. Mehr so eine Eiche, der man gerade einen Stahlspaten in die empfindlichste Wurzelpartie getrieben hat. Alle tun immer so, als ginge es bei einer Hochzeitsfeier darum, das Brautpaar hochleben zu lassen. Aber langsam verstehe ich den wahren Sinn. Es geht in Wirklichkeit darum, die beiden einen Abend lang bis aufs Blut zu quälen. Abwechselnd unter den Deckmänteln von Romantik und Lustigkeit.
    Und ich ahne auch, warum. Neid. Natürlich Neid. Hochzeit, da stellt man sein Glück öffentlich zur Schau. Hat was Aufdringliches. Deswegen sollen sie gefälligst auch ein bisschen leiden. Denn tief im Innersten gönnt man es ihnen nicht. In manchen Gegenden mauert man dem Brautpaar sogar die Haustür zu und baut ihr Bett auseinander. Klare Botschaft. Wenn wir schon keinen Sex haben, sollt ihr auch keinen haben. So sieht es doch aus. Otti, Füllkrug und wie ihr alle heißt, ich habe euch durchschaut. Aber jetzt werden andere Saiten aufgezogen, das schwöre ich. Und wieder greife ich nach dem völlig nutzlosen Messer in meinem Gürtel.
    Herr Mitscherlich hebt sein Glas auf das geschundene Brautpaar. Wir stehen alle auf und tun es ihm nach. Während ich zusammen mit den anderen meinen Schoppen Wein in die Luft recke, bekräftige ich meinen Schwur noch einmal im Stillen. Andere Saiten. Endgültig.
    Mit der Stille ist es allerdings im nächsten Moment schon wieder vorbei. Just als alle im Saal ihre Gläser oben haben, knallt draußen ein Donnerschlag, so laut, wie ich ihn in meinem ganzen Leben noch nicht gehört habe. Der Kronleuchter klirrt, Wände zittern und, ein kleines Detail, das die ungeheure Wucht am besten zeigt: Großtante Gerlindes widerspenstiger Rocksaum rutscht endlich wieder dahin zurück, wo er hingehört.

Rochenflügel
    Der Regen vor dem Fenster ist jetzt eine massive Wand. Schade, dass Janina und Markus bei ihrer Garantie-Wettervorhersage nicht noch einen Extra-Bonus für hohe Niederschlagsmengen ausgehandelt haben. Man mag sich kaum vorstellen, wie ein Mensch aussehen würde, den man jetzt auch nur eine Minute vor die Tür jagen würde. Wir brauchen es uns aber auch gar nicht vorzustellen. Wir sehen nämlich zwei Menschen, die sich unglücklicherweise gerade selbst vor die Tür gejagt hatten, als der Gewittersturm losbrach. Sven Wiesenhöfer war eine rauchen. Und dann kam Regula Richter und hat ihn sich geschnappt, um mit ihm zusammen Vladimirs Wodkakiste reinzuschleppen, bevor es richtig losgeht. Und gerade als sie die Kiste aus dem Kofferraum gewuchtet hatten, kam der Knall.
    Ist natürlich ein Ding, hier einfach so mit einer Kiste voll Wodka mitten ins Abendessen zu platzen. Wollten sie gar nicht. Hatten wohl eher geplant, sie wieder an einen geheimen Ort zu bringen, der sich dann herumspricht. Aber

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