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Hauptsache, es knallt!

Hauptsache, es knallt!

Titel: Hauptsache, es knallt! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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Frage, eine Weckenpitz, die mitfeiert, ist auf jeden Fall besser als eine Weckenpitz, die mit dem Schwert her­umfuchtelt. Trotzdem, ich bin mir gerade nicht sicher, was mir mehr Angst macht. Wenn sie weiter so wie ein angeschossener Bock auf der Tanzfläche herumhüpft, verletzt sich noch wer. Am allerwahrscheinlichsten sie sich selbst. Sie ist ja, mit Verlaub, nicht mehr die Jüngste. Hoffentlich legt Bülent was Ruhigeres auf, wenn »Hells Bells« vorbei ist.
    Ich verstehe nur nicht, was Markus jetzt noch von der will. Statt schnurstracks zu Janina zu gehen, kämpft er sich durch die Tanzenden und schreit ihr irgendwas ins Ohr. Er hat Glück, dass er dabei nicht ihre hohen Absätze ins Gemächt bekommt. Die Weckenpitz brüllt irgendwas zurück, und Markus zieht ab. Na also, geht doch. Ich lasse mich auf einen Stuhl fallen, um kurz Kraft zu tanken. Patrick und Henriette sitzen links und rechts neben mir. Wir schauen uns an. Haben wir versagt, oder nicht? Wahrscheinlich wissen wir es erst in ein paar Tagen, wenn hier wieder Ruhe eingekehrt ist und selbst Frau von Weckenpitz und Regula Richter wieder nüchtern sind.
    Vor unseren Augen hampelt der tortenbeschmierte Kurt herum. Dank Alkohol ist er nun, wie vorhergesehen, in die John-Travolta-Phase hinübergeglitten.
    »Fuck the future, Tim!«
    Ich weiß, ich müsste jetzt mit dem Originalzitat aus »Saturday Night Fever« antworten: »You can’t fuck the future. The future fucks you!« Aber das scheint mir nicht so vordringlich.
    »Lass uns dir lieber ein paar neue Klamotten besorgen. Ich meine, was würde John Travolta sagen, wenn er dich so sähe?«
    »Oh mein Gott, du hast recht, Tim!«
    Ich schnappe ihn mir, und wir gehen zu Wiese, der in einer für einen General viel zu lässigen Haltung auf dem verwaisten Normalotisch sitzt und weiter auf Teufel komm raus mit Linda flirtet, während Schnitzki daneben übellaunig auf die Tänzer starrt. Irgendwie hängt das »Schwuchtel!« zwischen den beiden schon unsichtbar in der Luft. Es ist nur noch die Frage, wann es sich materialisiert. Bülent sollte jetzt wirklich was Ruhigeres auflegen. Ein Glück nur, dass nun wenigstens beide Hälften unseres Brautpaars außer Reichweite aller Katastrophen sind. Hoffentlich haben Janina und Markus ein gutes klärendes Gespräch, dort oben. Oder was auch immer. Jedenfalls was Gutes.
    Ich tippe Wiese auf die Schulter. Er ist nicht erfreut über die Störung, aber ich kann trotzdem schnell aus ihm herausleiern, dass der Kostümfundus, aus dem er seine Uniform hat, im Keller dritte Tür rechts liegt. Vielleicht gibt es da ja noch etwas Besseres für Kurt, denke ich mir. Zum Beispiel … eine Admiralsuniform! Ich lächele. Dann höre ich in meinem Rücken Schnitzki.
    »Aha, der Herr Wiese weiß, wo der Kostümfundus ist. Ja, eiteitei.«
    Ich lächele nicht mehr. Der Marsch mit Kurt zum Kostümfundus kommt mir jetzt so vor wie der Marsch zum Klo, wenn einem speiübel ist, man aber verzweifelt hofft, dass man es noch schafft. Und tatsächlich, gerade als ich meine Hand auf der Klinke zur Kellertür habe, ist es so weit. Es hallen Worte durch das Foyer, so laut, dass sie wahrscheinlich sogar noch Pfarrer Kühlbrodt 300 Meter weiter in seinem Pfarrhausbett hört.
    »HAST DU GERADE SCHWUCHTEL GESAGT, JA?«
    Ich schiebe Kurt zum Kellereingang.
    »Dritte Tür rechts. Schau selbst. Ich muss zurück.«
    »Wow, sieht genauso aus wie die Treppe in ›Die Kerkerbestie zwei‹ . «
    Ich höre ihn kaum noch, denn ich bin mit drei großen Sätzen zurück in den Grünen Saal gestürzt. Die Lage ist hoffnungslos. Bülent schafft es zwar, in Sekundenbruchteilen die Musik von »Hells Bells« zu »How deep is your Love« von den Bee Gees zu wechseln, aber selbst das ist jetzt nur noch ein Tropfen auf den heißen Stein. Die beiden Giganten des Bizeps stehen sich Aug in Aug gegenüber. Hochzeit, Schloss, Gäste, Anzug, Generalsuniform, alles ist vergessen. Die Frage ist nur noch, was vom Grünen Saal übrig ist, wenn die beiden fertig sind. Ich sehe mich verzweifelt um, aber nirgends ist ein Hoffnungsschimmer zu sehen. Linda ist unter dem Tisch in Deckung gegangen, Frau von Weckenpitz versteckt sich hinter Herrn Unzicker, und Patrick … Nein! Er tut es! Er fasst sich ein Herz und bewegt seine über 100 Kilo in das tödliche Kraftfeld zwischen den beiden. Er ist ein Held!
    »Meine Herren …«
    Weiter kommt er nicht. Das Nächste, was wir von Patrick sehen, ist, dass er im hohen Bogen auf Bülents DJ-Pult

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