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Hauptsache, es knallt!

Hauptsache, es knallt!

Titel: Hauptsache, es knallt! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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versuche ich mich zu trösten. Ein Putzmann. Da bin ich als Indianer sogar ranghöher. Oder wird das durch den Leo­pardenfell-Lendenschurz wieder ausgeglichen?
    Aber eigentlich ist es scheißegal, ob ich mich hier zur Witzfigur mache. Es geht um Janina und Markus, zum tausendsten Mal. Vielleicht hat für die beiden nun endlich der gute Teil des Abends begonnen. Los, Janina. Die Paderborn-Beichte. Tu es! Ich kann mir nicht vorstellen, dass Markus ihr nicht sofort verzeiht. Andererseits, nirgends sind Menschen so unberechenbar wie bei diesem komischen Ding mit der Treue.
    Manno. Blöde Indianer-Lederpuschen. Ich muss echt aufpassen, dass ich nicht auf den glattgelaufenen Natursteinplatten des Foyers ausrutsche. Was bin ich froh, wenn ich heute endlich in mein kuscheliges Bett im Gästehaus komme. Ich wünschte, ich könnte einfach sicher sein, dass Janina und Markus oben bleiben. Dann würde ich jetzt tatsächlich abhauen. Sogar auf die Gefahr hin, dass Patrick sich nachher im Dunkeln in unserem Doppelbett auf mich legt. Ob ich am Ende mit einer geprellten oder drei gebrochenen Rippen aus der Sache hier herausgehe, ist mir inzwischen fast egal.
    Kurt hat die Hand schon auf der Klinke der Tür zum Grünen Saal.
    »Willst du nicht lieber vorgehen, Tim?«
    »Nein, geh du ruhig, Kurt.«
    »Aber die werden mich alle anstarren.«
    »Ja mich vielleicht nicht? Geh rein, schnapp dir die Wodkaflasche, und im Nu bist du wieder John Travolta.«
    »John Travolta hätte nie eine Putzm…«
    »Pst!«
    Schreckliche Laute dringen zu uns. Wir halten beide unsere Ohren an die Tür.
    »Kurt.«
    »Ja?«
    »Hörst du das auch?«
    »Ja.«
    Selten habe ich ein »Ja« so schwach und ängstlich gehaucht gehört.
    »Wir müssen jetzt da rein und etwas tun!«
    »Ich will nicht!«
    Ich fasse mir ein Herz, schubse ihn beiseite und reiße die Tür auf. Leider stehen die Dinge genau so schlimm, wie es die Laute angekündigt haben. Klar, die Musik­anlage ist kaputt, da muss man irgendwie anders für Stimmung sorgen. Aber doch bitte nicht so! Eine Riesenschlange aus betrunkenen Menschen windet sich, angeführt von Diethart Füllkrug und einer völlig außer Kon­trolle geratenen Frau von Weckenpitz, durch den Raum und grölt »HIER FLIEGEN GLEICH DIE LÖCHER AUS DEM KÄSE«. Ab und zu taumelt einer aus der Reihe und kotzt irgendwohin, um sich dann sofort wieder anzuschließen. Nur eine kleine Handvoll Leute hält sich heraus. Die Brautpaareltern sitzen in der Ecke und schauen geknickt, Henriette presst sich neben der großen Flügeltür an die Wand und starrt schreckensbleich die grässliche Schlange an. Und Bülent und Patrick tun einfach so, als würden sie nichts mitkriegen, und basteln an der zerstörten Musikanlage herum. Keiner nimmt von dem Putzmann und dem Indianer Notiz, die gerade den Raum betreten haben. Das hier ist das Ende. Keine Frage.
    Oder doch nicht? Ich sehe Jil durch die Türflucht zwei Zimmer weiter im Blauen Salon stehen. Sie versucht gerade, einen riesigen Orientteppich als Tischdecke über dem Billardtisch auszubreiten. Diese unglaubliche Frau hat es immer noch nicht aufgegeben, Janina und Markus die Hochzeit zu retten. Ich ahne ihren Plan: Wir sollen uns zu ihr flüchten. Samt Nachtisch, frischem Kaffee und dem Brautpaar. Und die Türen hinter uns abschließen. Nicht schlecht. Aber je mehr sich Jil mit dem Riesenteppich abmüht, umso verzweifelter sieht sie aus.
    Ich könnte mich jetzt wirklich einfach irgendwo im hintersten Winkel von Schloss Walchenau verstecken und warten, bis alles vorbei ist, flackert es noch einmal kurz durch mein Hirn, aber Jils Anblick gibt mir einen letzten Schubs. Wir müssen ihr helfen! Ich packe Henriette an der Hand und ziehe sie hinter mir her. Mit ein paar Schritten sind wir im Blauen Salon. Jil sieht als Erstes meinen Leopardenfell-Lendenschurz und seufzt tieftraurig. Doch ich lasse mich nicht unterkriegen.
    »Super Idee, das mit dem Teppich, Jil! Jetzt stellen wir noch alle Kerzen drauf, die wir finden können. Dann wird das die romantischste Tafel, die man je auf Schloss Walchenau gesehen hat. Hab ich recht, Henriette?«
    »Aber Janina und Markus trauen sich eh nicht mehr aus ihrem Hochzeitszimmer heraus, Tim.«
    Noch nie zuvor hat ihre Stimme so leise und verzagt geklungen.
    »Wartet doch mal ab«, versuche ich zu beschwichtigen. »Vielleicht kommen sie ja gleich im nächsten Moment durch die Tür?«
    Und nun das Tolle: Obwohl ich das einfach nur so dahingesagt habe und obwohl ich bis eben

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