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Hauptsache, es knallt!

Hauptsache, es knallt!

Titel: Hauptsache, es knallt! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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Weckenpitz mit ein und erweist sich als erstaunlich textsicher. Schützengraben-Rigo, Turbo-Erich und Regula Richter lassen auch nicht lange auf sich warten. Nur wenige ­Sekunden später grölt die gesamte Meute unisono das schreckliche Lied, gegen das »Hier fliegen gleich die Löcher aus dem Käse« eine sanfte Brise an der sommerlichen Ostsee ist.
    Mit dieser Schilderung möchte ich wieder an Tim übergeben. Ich hoffe, er ist mir nicht böse.]
    Hört mir überhaupt jemand zu? Wie gesagt, ich war der Einzige, der das Unheil hat kommen sehen. Und deswegen bin ich auch der Einzige von uns, der nicht starr vor Schreck und Entsetzen ist. Dass Bülent und Patrick einfach so tun, als würden sie nichts hören, und verzweifelt weiter versuchen, die Musikanlage zu reparieren, überrascht mich nicht. Dass aber jemand wie Henriette schon wieder nur noch kraftlos an der Wand klebt, den Mund stumm auf- und zuklappt und bei jedem von lautem Mitklatschen untermalten Taktschlag zusammenzuckt, schockiert mich. Und diesmal lehnt Jil neben ihr und verhält sich perfekt synchron. Ein einziges Bild des Jammers. Wirklich schwer, sich nicht davon entmutigen zu lassen. Ich sollte lieber wegschauen. Und bloß nicht darüber nachdenken, dass jetzt womöglich alles an mir hängt. Nein, nein, tut es auch gar nicht. Ich bin nur ein Blatt im Wind …
    Ich sehe, dass Putzmann-Kurt nicht mitsingt. Stattdessen geht er auf Linda zu. Und keine Ahnung, ob es Kurts, nun ja, Uniform ist oder das, was er gerade gesagt hat, jedenfalls lässt sie sich lächelnd von ihm an der Hand aus der Meute herauslösen, und sie verschwinden Richtung Terrasse. Na also, ich muss gar nichts tun. Vielleicht wenden sich die anderen Dinge auch von selbst zum Guten, wenn ich einfach warte …
    Doch Janina steht immer noch neben mir. Stumm, aber ich spüre, dass ein Zittern durch ihren Körper geht. Es wird immer stärker. Und noch bevor die erste Strophe des schaurigen Lieds zu Ende gesungen ist, hat das Blatt im Wind einen Entschluss gefasst. Ich nehme sie fest in den Arm. Zusammen mit ihr gehe ich zu Markus hinüber und ziehe ihn von seinem Sitz hoch. Anschließend geleite ich die beiden – zugegebenermaßen etwas unsanft, aber ich finde, es muss schnell gehen – zu Vladimir und seinen Kollegen. Die sind zwar immer noch dabei, mit ihren Riesenpranken den »Lieschen, Lieschen«-Takt mitzuklatschen, scheinen sich dabei aber nicht mehr ganz wohl in ihrer Haut zu fühlen. Vladimir sieht mich an. Hätte er wohl auch nicht gedacht, dass ihm heute noch ein Indianer mit lädiertem rechten Auge ein reichlich zerzaustes Brautpaar entgegenschubsen wird. Und auch wenn der Indianer nicht besonders echt aussieht, eine typisch indianische Eigenschaft verkörpert er perfekt: Er macht nicht viele Worte.
    »Vladimir. Brautentführung.«
    »Brautentführung?«
    »Brautentführung. Sofort. Bräutigam auch.«
    Die Russenbären stellen sofort die dämliche Klatscherei ein. Ohne weitere Fragen greifen sie sich Janina und Markus und ziehen mit ihnen los. Man sieht den beiden an, dass sie gerade ganz froh sind, nichts selber machen zu müssen. Und den Russen sieht man die Überzeugung an, nun wirklich das Richtige zu tun. Ich nehme Jil und Henriette an der Hand, und wir laufen der Gruppe hinterher in Richtung Ausgang. Bevor wir durch die Tür sind, blicke ich über meine Schulter und gebe allen verbliebenen Verzweifelten einen Wink mit dem Kopf, uns zu folgen. Ich sehe Svea aufstehen. Auch die Zieglers und Mitscherlichs erheben sich. Bülent und Patrick lassen endlich die Anlagentrümmer in Ruhe und folgen uns ebenfalls. Und weil es gerade zufällig unbenutzt in der Ecke herumsteht, beschließe ich, dass auch noch das Schwert mitkommt. Ein Indianer mit auf dem Rücken festgenähtem Köcher und Leopardenfell-Lendenschurz sollte wenigstens irgendwas mit auf die Reise nehmen, das ihn stärker macht, denke ich mir, während ich zur Tür schlurfe.

Make love, not war
    Erst als wir den Parkplatz erreicht haben, fällt mir ein, dass mein Zündschlüssel noch im Hochzeitszimmer liegt. Was für eine Pleite. Wir sind – kurz durchzählen – stolze 18 Leute. In den Admiral würden wir locker sieben reinkriegen. Dazu sechs in den Hochzeitsporsche und fünf in den Blumengolf der Zieglers. Dann muss ich wohl noch mal hoch. Schön blöd. Erstens passiert bestimmt wieder irgendwas Schreckliches, während ich weg bin, zweitens fürchte ich mich vor dem grässlichen Lied, das die da drin bestimmt

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