Hauptsache Hochzeit
schnell hinkommen. Komm zu uns. Denk doch nur an die ganzen finanzstarken Kunden, die du mit einbringen kannst! Wir werden sie Milton direkt unter der Nase wegklauen.«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte ich fest. »Nein, ich werde keine Kunden stehlen. Nicht einmal Jarvis.«
»Was? Ach, sei doch nicht albern, Jess. Du hast den Pitch gewonnen – das ist dein Kunde.«
»Nein«, widersprach ich mit Nachdruck. »Er ist Max’ Kunde. Und außerdem gibt es zig andere Banken.«
»Die Milton auch kriegen wird, weil sie Jarvis haben«, sagte Hugh so geduldig, als rede er mit einem kleinen
Kind. Ich schüttelte den Kopf und leerte mein Glas. »Nein«, sagte ich entschieden. »Darum geht es ihnen nicht. Die haben genug zu tun, wenn Jarvis erst …« Ich unterbrach mich.
»Wenn Jarvis erst was?«, fragte Hugh neugierig.
»Ach, nichts. Mein Glas scheint leer zu sein«, sagte ich und reichte es Hugh grinsend. Er nahm es in Empfang und deutete eine Verbeugung an.
»Ganz wie Sie wünschen, Madame. Aber nun komm schon, spann mich nicht so auf die Folter. Was ist los, fusioniert Jarvis mit jemandem? Oder kaufen sie jemanden auf? Oder sponsern sie den Grand Prix? Oder was?«
»Kann ich dir nicht sagen«, antwortete ich, wobei mein Versuch, mysteriös zu wirken, durch mein Nuscheln einigermaßen zunichte gemacht wurde. Ich merkte, dass ich mir wohl mindestens einen Drink zu viel einverleibt hatte. Vielleicht auch eher zwei oder drei. Aber es war mir einerlei. Ich amüsierte mich. »Meine Lippen sind versiegelt.«
»Wie du meinst«, sagte Hugh und beugte sich mit funkelnden Augen vor. »Aber wenn du bei uns einsteigst, musst du uns gegenüber natürlich auch loyal sein.«
»Ach ja?«, fragte ich kokett.
»O ja, allerdings.«
»Verstehe«, sagte ich. »Nun, ich werd’s mir überlegen.«
»Gut«, sagte Hugh, der mir jetzt so nahe gekommen war, dass ich seinen Atem spüren konnte. »Weil wir nämlich sehr schnell eifersüchtig werden, meine Agentur und ich. Und es wäre mir gar nicht recht, wenn du dich … dann immer noch Max verbunden fühlen würdest.« Er küsste mich so leicht auf den Mund, dass es mir beinahe unwirklich vorkam.
»Eifersüchtig?«, sagte ich und merkte, wie mein Herz schneller schlug. »Das würde ich nicht wollen.«
»Er war es, der dir so wehgetan hat, nicht?«, sagte Hugh, schlagartig sehr ernst. »Max, meine ich. Du darfst nicht zulassen, dass dir so was angetan wird, Jess. Du darfst denen nicht die Befriedigung verschaffen, dass sie dich verletzen können. Schieß den Typen in den Wind, der ist deiner nicht würdig. Verlass ihn und verlass Milton Advertising und arbeite mit mir. Und bring Jarvis mit. Es ist mein voller Ernst.«
»Wirklich?« Es kam mir so einfach vor. Als könnte ich mit einem Schlag die ganze Max-Geschichte hinter mir lassen, wie man eine Seite aus einer Zeitschrift herausreißt oder aus einem Albtraum aufwacht. Oder vielmehr aus einem wunderschönen Traum mit einem grauenhaften Ende.
»Leute wie du«, fuhr Hugh fort, »die loyal sind, hart arbeiten und ihre Kraft großzügig zur Verfügung stellen, werden oft nicht entsprechend geachtet. Das ist scheußlich, muss aber nicht so sein. Du musst jetzt mal besser auf dich achten, Jess. Ich mache das auch so. Vergiss die anderen, tu das, was dich glücklich macht und weiterbringt. Wenn du dir ständig Sorgen um die anderen machst, hast du schon verloren. Lebe in der Gegenwart, Jess. Leb für dich selbst.«
Ich nickte. Er hatte recht. Natürlich hatte er recht. Das wusste ich schließlich schon mein Leben lang. Meine Großmutter hatte mir das tagtäglich gepredigt. Das, und: »Aus dir wird nie mehr eine Schönheit, Jessica Wild. Deshalb musst du hart arbeiten, weil kein Mann für dich sorgen wird.« Doch sie hatte sich geirrt. Ich war vielleicht keine Schönheit, aber im Moment konnte ich mich doch
nicht beklagen. Max war nicht der einzige Mensch, der andere Leute kennen lernte und sich eine Affäre erlauben konnte. Und Hugh Barter war eine ansehnliche Beute. Marcia, meine ehemalige Chefin und Anthonys Ex-Freundin, war verrückt nach ihm gewesen, als er noch bei Milton Advertising arbeitete.
Jetzt zwinkerte Hugh mir vielsagend zu und nahm einen Schluck von seinem Drink. Mutig tat ich es ihm gleich. Ich beschloss, mich ernsthaft zu betrinken. Zum ersten Mal in meinem Leben wollte ich jegliche Vorsicht außer Acht lassen und mich ein bisschen amüsieren. Oder vielmehr: es richtig krachen lassen.
Kapitel 8
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