Hauptsache nichts mit Menschen (German Edition)
Super! Ich würde also mit nassen Füßen nach Hause fahren. Wenn der wüsste, wann ich daheim das letzte Mal gesaugt habe. »Ja, du Schwein. Hundehaare, Hausstaub. Findste geil, wa? Hm. Krümel. Schön rein damit, du Sau.«
Dann bereits erwähnter Positionswechsel, und ehe ich mich versah, rieb der perverse Cord seine Nase an meiner Gesäßtasche.
Ein weiteres Anzeichen für einen Hang zur Perversion ist übrigens die Sammelleidenschaft von Tierfigürchen. Sehr beliebt sind hierbei Stoffbären, kleine Pinguine oder Frösche. Cord sammelt offensichtlich Katzen. Katzen aus Holz, Katzen aus Ton, Katzen aus Stein, Katzen aus Stoff, Katzen aus Papier. Erst jetzt fällt mir auf, dass das Glas, aus dem ich meinen Tomatensaft trinke, die Form einer sitzenden Katze hat. Irgendwo hinter diesen Blumenkübeln sitzt vermutlich eine echte Katze und schaut verstört dabei zu, wie Cord genüsslich an meiner Hosennaht knabbert. Das arme Ding, denke ich.
Cords Schnauben und Stöhnen wird derweil ein wenig unverständlicher. Also versuche ich, langsam mein Gewicht auf seine Stirn zu verlagern. Die ist ohnehin wesentlich bequemer. Hilft aber nichts. »Alles gut bei dir?«, frage ich zaghaft in meinen Schritt hinunter und komme mir unglaublich albern dabei vor. Aber es dringt nur ein unverständliches Murmeln zu mir hinauf, das entfernt an verkniffene Blähungen erinnert.
»Was?«, frage ich und hebe meinen Hintern ein paar Zentimeter in die Höhe. Eigentlich das perfekte Beckenbodentraining. »Brennt ein bisschen«, murmelt Cord mit einer seltsam verquollenen Stimme.
»Wie!? ›Brennt ein bisschen‹?«, frage ich zurück, aber kaum hat Cord seinen Kopf gelüftet, wird mir völlig klar, weshalb es brennt. Seine Lippen, nein, sein ganzes Gesicht sind angeschwollen und glühen feuerrot. »So schwer bin ich doch gar nicht!«, denke ich, während Cord sich das Gesicht befühlt. »Ich nehm doch Weichspüler. Sensitiv!« Aber Cord hat sich längst erhoben, hastet eilig davon und verschwindet in seinem Badezimmer.
Als ich auf leisen, aber feuchten Pfoten aus der Wohnung schleiche, dringt ein letztes Rufen an mein Ohr. »Du hast doch nicht etwa einen Hund!?«, ruft es jaulend und verquollen durch den Flur. Lautlos lasse ich die Wohnungstür ins Schloss gleiten. Draußen, vor dem Haus, sitzt ein Beagle namens Oppenheimer, wedelt freudig mit dem Schwanz, als er mich kommen sieht, und reibt sein Gesicht an meiner Cordhose.
SAMSTAG
Zu meiner großen Überraschung bin ich heute Abend auf einer Party eingeladen, einer WG-Party in Kreuzberg. Immer wenn ich auf einer Party eingeladen bin, ist wie durch Zufall keine frische Unterwäsche mehr im Haus. Nicht einmal die Notunterwäsche, die ich in einer kleinen Holzkiste im alten Kachelofen versteckt habe, für den Fall, dass ich mal auf einer Party eingeladen sein sollte, aber keine frische Unterwäsche mehr im Haus ist
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Ich könnte zur Not auf die essbare Unterwäsche zurückgreifen, die ich zu meinem 18. Geburtstag geschenkt bekommen habe
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24 STUNDEN PAUL BOKOWSKI
Dies ist die Geschichte eines Tages im Leben von Paul Bokowski. Es ist ein ganz gewöhnlicher Tag. Es haben sich keine besonderen Ereignisse angekündigt. Die Menschen werden aufstehen und zur Arbeit gehen. Nur Paul Bokowski möchte liegen bleiben. Die Menschen werden sich lieben und hassen, sie werden geboren und sterben. Nur Paul Bokowski möchte liegen bleiben. Doch diesen Tag rund um die Uhr zu betrachten, wird sich für alle lohnen, die vom Leben mehr verlangen als das tägliche Butterbrot. Nur Paul Bokowski möchte liegen bleiben.
9.00 Uhr
Der Lesebühnenautor Paul Bokowski ist seit sechs Stunden nicht mehr auf den Beinen.
9.11 Uhr
Etwas Ungewöhnliches geschieht in der Lüderitzstraße 7. Ein Telefon klingelt. Am Apparat ist Peter Rehberg, Redakteur eines deutschen Männermagazins. Er hat einen Auftrag zu vergeben. Paul Bokowski weiß nichts davon. Er ist liegen geblieben.
9.35 Uhr
Peter Rehberg ahnt, dass Paul Bokowski liegen geblieben ist. Er wird es immer wieder versuchen. Immer wieder, bis 10.28 Uhr.
10.31 Uhr
In der Lüderitzstraße 7 klingelt seit drei Minuten das Telefon. Paul Bokowski kriecht aus seinem Bett und nimmt ab. Bis zum Abend soll Paul Bokowski eine zweiseitige Glosse über Freikörperkultur verfassen. Er legt sich wieder hin.
11.44 Uhr
Paul Bokowski ist wach.
12.01 Uhr
Paul Bokowski ist wirklich wach.
12.52 Uhr
Paul Bokowski sitzt seit einer halben Stunde an seinem Rechner und arbeitet an
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