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Haus aus Erde

Haus aus Erde

Titel: Haus aus Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Woody Guthriie
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passiert« – sie legte den Kopf schief – »sollte die Regierung sie den Banken wegnehmen und wieder neu verteilen. Wozu bezahlen wir sie? Fürs Fischen?«
    »Fürs Ficken.« Wieder lachte Tike.
    Sie kniff die Augen zusammen, um sein Gesicht genauer zu betrachten, und sagte: »Heute hast du wirklich nur Sex im Kopf.«
    »Das hab ich jeden Tag.«
    »Ich hab so viel Vernünftiges über dein Haus aus Erde gesagt und über das Land, auf dem’s stehen soll, und du redest immer nur von Sex.«
    »Wozu, glaubst du, will ich n Stück Land und n Haus? Zum Vögeln!«
    »Denkst du jemals an was anderes als an die nächste Nummer?«
    »Nich, dass ich wüsste.«
    »Wie lange geht das bei dir schon?«
    »Bevor ich laufen gelernt hab.«
    »Dummkopf.«
    »Ich ein Dummkopf? Wieso?«
    »Ach.« Sie sah ihn an. »Weiß nich. Schätze, du bist schon dumm geboren. Wieso kommt’s eigentlich, dass du so dumm geboren bist, Tikey?«
    »Wie kommt’s eigentlich, dass du so schön geboren bist? Lady?« Tike fühlte seinen Penis im Overall groß und hart werden. So, wie er dasaß, hatte sein Penis nicht genug Platz dafür. Der Stoff ließ ihn in der Mitte abknicken, und Tike verspürte einen pulsierenden Schmerz. Er stand auf und spreizte die Beine. Er griff in den Overall, schob seinen Penis senkrecht und seufzte behaglich. Sein Blut strömte wärmer, und die Welt schien unter seinen Füßen davonzufliegen. Das alte Gefühl überkam ihn, und er ließ den Blick über den Hof schweifen, um Ella May etwas sagen zu können.
    Sie stand ebenfalls auf und betrachtete den Boden, auf dem sie gesessen hatte. Sie hob das Buch des Landwirtschaftsministeriums auf und beobachtete Tike, der seine Hand im Overall hatte. Sie sah seine Lippen zittern und hörte, wie er tief Luft holte. »Was hast du denn da drin gefangen, Tikey, n Frosch?«
    »ne Schlange«, sagte Tike. »ne Giftschlange.«
    »Scheint ja n ziemliches Handgemenge zu sein.«
    »Ich kämpfe mit ihr Tag und Nacht.«
    »So wie’s aussieht, scheint sie die Oberhand zu behalten.« Sie musterte ihn aus den Augenwinkeln.
    Er wartete einen Moment mit seiner Antwort, trat einen Schritt vor und griff nach ihrer Hand. Die Feuchtigkeit seiner Handfläche ließ sie die Hitze seines Verlangens erahnen. Langsam, behutsam zog er sie rückwärts zum Kuhstall hin. »Psssst, Lady. Psst, Lady. Willste mal was sehen? He?«
    »Was hast du mit mir vor, Mister?« Zuerst zierte sie sich, dann gab sie nach und ging mit. »Bitte um Auskunft.«
    »Schsch. Werd dir was zeigen.«
    »Was denn zeigen? Was?«
    »Schsch. Etwas.« Es war schon komisch, zu sehen, wie er lautlos zu schleichen versuchte, wo doch die Sohlen seiner schweren Arbeitsschuhe ein so knirschendes und mahlendes Geräusch machten, dass es auf der ganzen Ranch zu hören war. »Schsch. Komm mit.«
    Was würde das wohl sein? Was auf der Farm hatte er ihr noch nicht gezeigt, auf genau diese Art? Was würde es sein? Eine Schlange, die versuchte, eine Eidechse zu verschlucken, oder eine Eidechse, die einen Frosch verschluckte? Ein Hornissennest, das er erbeutet hatte, mit einem Maiskolben im Einflugloch? Hatte er wieder mal die großen Knochen und Zähne prähistorischer Reptilien angeschleppt? Würde er ihr wieder mal eine Rippe, ein Schienbein oder ein Stück Haut von der Mumie eines vagabundierenden Vorfahren zeigen? Drei Fliegen, die eine tote Gefährtin wiederzubeleben versuchten, indem sie sie mit der Zunge ableckten? Ameisen, die ihre Fühler an Läusen rieben, bis diese einen Orgasmus bekamen und puren Honigtau ausschieden? Eine Krötenechse, den Bauch voll roter Ameisen? Adlerfedern, zusammengebunden mit einem Streifen Menschenhaut? Eine rot-weiße Murmel, die er gefunden hatte? Einen Würfel ohne Augen? Vielleicht bloß einen alten Schuh voller Mäusebabys? Eine Hummel, an eine Spule schwarzes Garn gebunden? Was? Warum hatte er auf einer Sechshundert-Morgen-Farm seine Reliquien ausgerechnet im Kuhstall neben dem Heu aufgehäuft?
    »Sag mir, was es ist!« Sie roch den sirupähnlichen Geruch von gepresstem Viehfutter und Dung und den noch süßeren Duft des Safts in den Grashalmen. »Tike!«
    Es lag eine Art Trauer über dem kleinen Kuhstall. In den Boxen, den Futtertrögen, den V-förmigen Krippen mit trockenen Maiskolben, Maishülsen und Heu herrschte eine magnetische Elektrizität. Es waren die Radiowellen ihrer alten Erinnerungen. Diese Wellen schwangen, tanzten und leuchteten auf den hölzernen Streben, Brettern, Gittern und Stützen, auf den

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