Haus der Angst
geht so viel im Kopf herum, und ich brauche eure Unterstützung. Sebastian hat sich bei einem Erdrutsch oben bei den Wasserfällen verletzt. Ich möchte vorerst nicht, dass ihr beide allein in den Wald geht.“
„Mama, ich bin fünfzehn …“
„Es bleibt dabei, Madison.“
Lucy überlegte kurz, ob sie den beiden von den unheimlichen Vorfällen erzählen sollte, aber sie wusste, dass sie ihnen damit Angst machen würde. Das war allein ihre Angelegenheit. Ihren Kindern musste sie nur einschärfen, sich keinesfalls in Gefahr zu begeben. Aber sie sollten nicht vor Angst schlaflose Nächste haben.
J. T. umarmte sie. „Magst du Sebastian?“
„Ich weiß nicht. Darüber habe ich mir noch gar keine Gedanken gemacht. Er hat sich verletzt, und ich versuche ihm zu helfen.“ Sie tätschelte ihrem Sohn den Rücken, der trotz seiner zwölf Jahre immer noch ein kleiner Junge war – und noch verschwitzt vom Volleyball-Spiel. „Ich denke, er ist in Ordnung.“
„Spielt er wieder Clint Eastwood?“ fragte Madison.
„Ich glaube nicht, dass er überhaupt jemanden spielt. Jedenfalls trägt er weder seinen Cowboyhut noch seine Cowboystiefel.“
J. T. löste sich von ihr. „Kann ich ihn sehen?“
„Morgen früh.“ Lucy stand auf. „Jetzt sollten wir alle mal duschen. Ich gehe zuerst. Dann suche ich mir ein gutes Buch und entspanne mich. Einverstanden?“
Sie umarmte und küsste beide. Trotz ihrer Müdigkeit ging sie noch einmal hinunter, um nach Sebastian zu sehen. „Schläfst du?“ flüsterte sie, nachdem sie die Tür geöffnet hatte.
„Nein.“
„Brauchst du noch irgendetwas?“
Sie spürte seinen Blick auf sich ruhen. Er saß halb aufrecht im Bett, und sein Gesicht verschwamm in der zunehmenden Dämmerung. Der Ventilator surrte. „Dein Instinkt hat dich nicht getäuscht. Irgendetwas geht hier vor.“ Er ließ sich zurück auf das Kissen fallen. „Du solltest Plato anrufen.“
„Was kann er tun, das du nicht tun könntest? Ich habe dir doch schon mal gesagt, dass ich nicht die Armee bei mir haben möchte, wenn es sich irgendwie vermeiden lässt.“
„Plato ist nicht aus der Übung – so wie ich. Er hat immer noch eine Waffe bei sich.“ Er machte eine Pause, dann fuhr er mit leiser Stimme fort: „Ich nicht.“
„Sebastian, wenn wir jetzt darüber reden, dass du befürchtest, jemanden erschießen zu müssen, dann rufe ich die Polizei an. Und zwar sofort.“
„Ich will nichts mehr von Gewalttätigkeiten wissen.“
Sie starrte ihn an. „Wie bitte?“
„Im letzten Jahr musste ich einen Mann erschießen, den ich mal für einen Freund gehalten hatte. Ich habe ihn töten wollen – ich glaubte das tun zu müssen.“
„Meine Güte“, murmelte Lucy.
„Ich habe Plato die Leitung der Firma Redwing anvertraut und bin ausgestiegen.“ Sein Blick schien sie zu durchbohren. „Wegen dir bin ich noch einmal zurückgekommen. Aber ich werde nicht mehr töten.“
Lucy straffte sich, als sie versuchte, den Anflug von düsterer Stimmung zu vertreiben. „Madison hatte doch Recht gehabt. Du führst dich auf wie Clint Eastwood in
Erbarmungslos
.“
Sie glaubte, ein leises Lächeln auf seinen Lippen zu sehen, aber in der Dämmerung war sie sich nicht sicher. „Ich war niemals ein Säufer.“
„Ruh dich jetzt erst mal aus. Wir reden morgen darüber. Ich möchte nicht, dass du jemanden tötest. Obwohl du den Bastard damit zur Strecke bringen könntest“, fügte sie mit einem Lächeln hinzu.
Jack Swift gab den Code ein, der auf der Karte stand, die Mowery ihm beim Mittagessen gegeben hatte. Es war schon spät, und in seinem Arbeitszimmer im ersten Stock war es ruhig. Die Messinglampe auf seinem Schreibtisch war die einzige Lichtquelle im Zimmer. Sidney hatte bei einer Veranstaltung im Kennedy Center zu tun, und er war allein.
Er musste lange warten, bis die Bilder sich aufgebaut hatten. Sein Computer war alt und langsam, aber Jack gehörte zu der Generation, die ihre technischen Geräte nicht fortwährend auf den neuesten Stand brachte, sondern erst dann etwas unternahm, wenn sie nicht mehr funktionierte – egal, ob es sich um einen Toaster oder eben einen Computer handelte. Er war schon froh, dass er überhaupt einen PC im Haus hatte.
Langsam tauchten die Fotos auf dem Bildschirm auf. Er war auf das Schlimmste gefasst. Er erwartete illegale, pornografische Bilder von seinem Sohn und einer anderen Frau.
Lucy.
Jack saß kerzengerade. Ein Schmerz schoss durch seine Brust. „Lieber Gott“, flüsterte
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