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Haus der Angst

Haus der Angst

Titel: Haus der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Neggers
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bewundernd. „Setz dich hin, bevor du umfällst.“ Sie öffnete den Schrank und holte einen Schuhkarton hervor, in dem sie ihre Medikamente aufbewahrte. „Brauchst du Hilfe, um deine Hose auszuziehen?“
    „Nein. Ganz und gar nicht.“
    Etwas in seiner Stimme entfachte in ihr ein warmes Gefühl, das sich von ihrem Unterleib aus in ihrem ganzen Körper verbreitete. Aber sie konzentrierte sich auf ihre Aufgabe und kramte im Schuhkarton. Für ihre Arbeit hatte sie nur einen Erste-Hilfe-Kurs absolvieren müssen. Rob dagegen hatte eine Ausbildung für medizinische Notfälle gemacht: Er brauchte selbst längere Reisen durch den Urwald und die Wüste nicht zu fürchten. Dummerweise hatte sie ihn nach Hause geschickt. Jetzt musste sie also alleine zurechtkommen.
    Zunächst einmal griff sie nach einer antibiotischen Salbe und dem Handbuch für Notfallmedizin. Alles Weitere würde sich schon ergeben.
    Sebastian war unter die Bettdecke gekrochen, die seine Großmutter zu ihrer Hochzeit angefertigt hatte. Seine Jeans hatte er ordentlich über den Pfosten am Fußende des Bettes gehängt. Er deutete mit dem Finger darauf. „Die kann da heute Nacht trocknen. Ich trenne mich nie von meinen Hosen.“
    „Ich kann sie in die Waschmaschine werfen. Es dauert nicht lange.“
    „Untersteh dich. Ich habe keine Ersatzhose. Und ich habe auch niemanden in diesem Haus gesehen, der meine Größe hat.“
    Lucy zuckte mit den Schultern. „Wie du willst.“
    „Was ist das für ein Buch?“
    „Mein Handbuch für Notfallmedizin. Ich schau nur noch mal nach, ob ich auch nichts falsch mache.“
    „Lucy.“ Sein Blick war düster. „Du wirst überhaupt nichts machen.“
    Sie beachtete ihn nicht und blätterte bis zu der Seite, auf der die Behandlung schwerer Stürze beschrieben wurde. Das Kapitel mit der Rettung von Ertrinkenden überging sie. Das würde ihr jetzt wohl kaum etwas nützen. „Zunächst einmal müssen wir nachsehen, ob die Blutungen aufgehört haben und ob du dir nichts gebrochen hast.“
    „Abgehakt. Weiter?“
    „Dein Kopf. Möglicherweise hast du eine Gehirnerschütterung.“
    „Wenn es so sein sollte, wäre sie ziemlich leicht, braucht also nicht weiter beachtet zu werden. Sieh mal.“ Er drehte den Kopf und zuckte zusammen. „Kannst du also auch streichen.“
    Sie durchbohrte ihn mit ihrem Blick. „Ich hätte dich auch bei den Moskitos lassen können.“
    „Glaubst du wirklich, dass das schlimmer gewesen wäre?“
    „Ich bewundere deine Tapferkeit, aber meinst du nicht, dass du jetzt ein wenig übertreibst? Warum hältst du nicht einfach den Mund und lässt mich dich behandeln? Ich habe schließlich Grundkenntnisse in erster Hilfe. Abgesehen von kleinen Schürfwunden und Bienenstichen habe ich sie noch nie gebraucht. Rob hat mehr Erfahrungen.“ Sie setzte sich auf die Bettkante. „Willst du wirklich nicht, dass er mal einen Blick auf dich wirft?“
    „Das dauert jetzt zu lange, Lucy.“
    Sie legte das Handbuch auf den Nachttisch mit der aufgeschlagenen Seite, die sie brauchte, nach unten. „Und du bist sicher, dass du keinen Lungenriss hast oder ein paar gebrochene Rippen?“
    „Die Rippen sind okay“, antwortete er. „Und die Lunge ist auch in Ordnung.“
    Trotz seiner provozierenden Reaktionen merkte sie, dass ihn das Sprechen anstrengte. Sie untersuchte die klaffende Wunde über seinem Auge, die schlimmste von allen. „Die müsste wahrscheinlich genäht werden.“ Er antwortete nicht, und sie schloss daraus, dass auch dieses Thema beendet war. „Ich muss die Wunden säubern.“
    „Das hat der Fluss schon getan.“
    „Flusswasser ist kein geeignetes Desinfektionsmittel.“
    Seine Augen verdunkelten sich, sein Blick machte ihr unmissverständlich klar, dass er mit seiner Geduld bald am Ende war. Er war kein Mann, der gerne jemandem auf Gedeih und Verderb ausgeliefert war.
    Lucy entschied sich, ihm zu glauben, dass weder seine Rippen noch die Lunge etwas abbekommen hatten. „Ich muss noch ein paar andere Dinge holen. Ich bin gleich wieder zurück.“
    Sie suchte weiter in ihrem Schuhkarton, aber als sie nach kaum einer halben Minute zu ihm zurückkam, war er eingeschlafen. Oder bewusstlos? „Sebastian?“
    Sie setzte sich auf die Bettkante und beugte sich über ihn. Sein Atem ging regelmäßig. Er war wohl weggedöst. Auch gut. So schnell wie möglich tauchte sie einen sterilen Verband in die Desinfektionslösung und säuberte die klaffende Wunde sowie die schlimmsten anderen Blessuren. Die kleineren

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