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Haus der bösen Lust (German Edition)

Haus der bösen Lust (German Edition)

Titel: Haus der bösen Lust (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
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Ding ab und befestigte es an einer Schnur um seinen Hals; an der Schnur hingen auch die Dinger anderer Männer. Ein weiterer Indianer hatte ein gekrümmtes französisches Messer – du hast gewusst, dass es ein französisches Messer war, weil dein Vater auch so eines hatte. Er hat dir einst erzählt, dass er es von seinem Vater bekommen hat, der in einem Krieg vor langer Zeit viele Indianer getötet hatte. In diesem Krieg gaben französische Soldaten den Indianern große Mengen solcher Messer und bezahlten sie für Körperteile, die sie den Kolonisten abschnitten. Jedenfalls benutzte dieser Indianer das Messer, um die Haare zwischen den Beinen deiner Mutter zusammen mit der Haut abzuschneiden, bevor er beides in einen Beutel steckte.
    Dann brannten die Indianer das Lager nieder. Dich haben sie nie erwischt.
    Du warst damals an einem Ort namens Ohio-Territorium, und es geschah im Jahr 1847. Du dachtest, du würdest in jenem Winter erfrieren, aber einige Bundessoldaten fanden dich und nahmen dich mit. Sie brachten dich nach Süden. Du hast in einem Versorgungswagen gelebt, und deine Aufgabe bestand darin, die Kleider der Soldaten zu waschen. Außerdem kamen sie nachts alle in den Wagen, um sich abwechselnd auf dich zu legen und so komisch zu bewegen wie die Indianer auf deiner Mutter.
    So lief es. Du hast dich an diesen Teil gewöhnt. Die Soldaten haben immer entsetzlich gestunken, aber sie gaben dir Essen und ließen dich die meiste Zeit in Ruhe. Im Frühling trafen sie in einem Armeestützpunkt namens Camp Roan in Tennessee ein.
    Dort hast du mit vielen Kindern zusammengelebt, deren Eltern bei verschiedenen Indianerkriegen getötet worden oder an Krankheiten gestorben waren. Vorwiegend verwitwete Frauen zeigten dir, wie man näht, kocht, gerbt und andere Arbeiten verrichtet, die im Lager benötigt wurden. Außerdem brachten dir diese Frauen das Lesen bei. Danach konntest du im Tagebuch deiner Mutter etwas über deinen Namen lesen. »Walter wollte unser wundervolles Baby Harriet nennen, nach Präsident William Henry Harrison, dem Helden von Tippecanoe. ›Er wird der beste Präsident, den wir je haben werden‹, hat Walter immer gesagt, ›und es wird uns Glück bringen, unsere wunderschöne Tochter nach ihm zu benennen.‹« Zumindest hat dein Glück länger angehalten als das von Präsident Harrison. Er starb im ersten Monat seiner Amtszeit.
    Weil es im Lager Kalender gab, wusstest du immer, welcher Tag gerade war. An deinem sechzehnten Geburtstag hast du dich aus dem Lager geschlichen und bist nie zurückgekehrt. Du wurdest ziemlich dürr, weil du dich nur von Wurzeln und Beeren ernährt hast, aber letztlich wurdest du von einem Holzköhler aufgenommen. Er war ein sonderbarer kleiner Mann, der in einer Lehmhütte hauste und fast kein Englisch sprach – er stammte aus einem merkwürdigen Ort namens Deutschland. Du hast für ihn gekocht und seine Kleider genäht, während er die Tage damit verbrachte, Holz zu hacken und es in Holzkohle zu verwandeln, um es an Schmiede zu verkaufen. Er war immer schwarz vor Ruß. Jede Nacht steckte er sein Ding in dich, wie es die Soldaten gemacht hatten, aber er brachte dir auch bei, andere Sachen mit seinem Ding anzustellen, mit dem Mund. Du nimmst an, dass du es wohl sehr gut gemacht hast, weil er dir manchmal Geschenke aus der nahen Ortschaft namens Branch Landing mitbrachte, wo er seine Holzkohle verkaufte. Mehrere Male wurdest du schwanger, allerdings starb das Baby in der Regel in deinem Bauch und kam zu früh heraus, doch einmal überlebte eines, und du warst überglücklich. Zu dem Zeitpunkt wusstest du, dass schwangeren Frauen oft solche Missgeschicke passierten und ein überlebendes Baby ein großes Geschenk war. Du hast dein Baby Henry genannt, nach Präsident William Henry Harrison, aber vielleicht brachte das Pech, denn eine Woche später nahm der Deutsche das Kind in den Ort mit und verkaufte es an ein Paar, das sein eigenes Baby unlängst verloren hatte. Die Leute gaben dem Deutschen dreißig Dollar, einen großen Sack Mehl, eine brandneue Pfanne aus Gusseisen und ein Schwein.
    In jener Nacht hast du den Deutschen dafür getötet, dass er dein Baby verkauft hat. Er schlief ein, nachdem du ihn mit dem Mund befriedigt hattest, und du hast ihm mit der Pfanne den Schädel eingeschlagen. Du hast ihn in dem riesigen Aschehaufen verscharrt und das Schwein freigelassen, danach bist du gegangen. Du bist nicht sicher, wie alt du damals warst, aber wahrscheinlich um die

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