Haus der bösen Lust (German Edition)
rechen es unter der Sonne, damit es trocknet.
Du folgst dem Weg der Schubkarre zurück zur Scheune. Weitere Soldaten in tristem Grau bewachen die Eingänge mit geschulterten Gewehren – hauptsächlich Harpers-Ferry-Musketen, Modell 1842. Du hörst einige Schreie und das Klappern von Hufen. Um die andere Seite der Scheune verläuft ein Trampelpfad, der sich den Hang hinab zu einem Eisenbahndepot windet. Soldaten umgeben das Gebäude, und auf einem geweißelten Schild steht Gast Endbahnhof, Maxon, Georgia – CSA . Aus dem Depot fahren Fuhrwerke ab.
Es sieht nach einer Menge Fuhrwerken aus.
Du vermutest, dass dort Rohmaterial für die Kriegsanstrengungen aus den Waggons auf die Fuhrwerke umgeladen wird – das geheimnisvolle, dampfende braune Zeug.
Ist es Torf? Du weißt kaum, was Torf ist, nur, dass es sich um einen rohen Brennstoff handelt, der aus Mooren stammt. Wurde während des Bürgerkriegs Torf verwendet?
Dir geht durch den Kopf, dass du eigentlich von nichts besondere Ahnung hast. Dennoch entscheidest du, dass dieses auf dem Feld trocknende Material Torf sein muss und mit dem Zug hier angeliefert wird.
Deine Augen weiten sich, während du hinsiehst. Reihen von Pferdefuhrwerken nähern sich der Scheune.
Du erwartest, in den Fuhrwerken hoch aufgetürmten Torf zu sehen, doch als sie sich nähern, wird dir klar, dass du dich irrst. Die Fuhrwerke sind voller Menschen.
Frauen, Kinder, alte Männer.
Sie sind nackt, ihre Handgelenke vor ihnen gefesselt. Schulter an Schulter stehen sie in Käfigwagen, die mittelalterlich anmuten. Schließlich hält die Fuhrwerkskolonne an einem Scheuneneingang an. Entsetzt, zugleich jedoch zutiefst neugierig beobachtest du das Geschehen. Soldaten mit Bajonettmusketen entladen die Gefangenen aus dem ersten Fuhrwerk und scheuchen sie im Gänsemarsch in die Scheune. »Bewegung, ihr Schlampen und Großväter aus dem Norden!«, brüllt ein Soldat. »Gänsemarsch!«, schreit ein anderer. »Wer nicht tut, was man ihm sagt, ist tot!«
Als der Wagen leer ist, wendet er und rollt zum Ausgangstor am anderen Ende des Gebäudes.
Und wo ist der Torf? , fragst du dich.
Es gibt keinen Torf.
Ein Konföderiertenmajor und zwei Rekruten zu Pferd nähern sich der Scheune. Sie wirken erschöpft und staubig, aber als sie ihre Pferde zügeln, starren sie die Scheune an.
»Bleiben Sie stehen und nennen Sie Ihr Anliegen, Sir!«, ruft ein Wachposten.
Der Major steigt ab und salutiert. »Ich bin Major Tuckton, Erste Infanterie von North Carolina, Sergeant. Sie dürfen sich rühren, während ich meine Befehle vorzeige.« Er holt eine Schriftrolle hervor, reicht sie dem Wachmann und fährt mit schwärmerischer Betonung fort: »Ich bin auf dem Weg in die Ortschaft Millen, um General Martin wichtige Informationen zu überbringen.«
Der Wachmann überprüft die Befehle und gibt sie zurück. »Ja, Sir!«
»Und ich brauche Wasser für meine Männer und Pferde, da Millen noch ein gutes Stück entfernt liegt und ich so bald wie möglich dort eintreffen muss.«
»Ja, Sir, wir kümmern uns sofort darum, Sir!«
»Lassen Sie mich Ihnen noch eine Frage stellen, Sergeant. Sind Sie bereit für gute Neuigkeiten?«
»Ja, Sir, und ob ich das bin ... Wir haben Gerüchte gehört, dass sich die Yankees darauf vorbereiten, Chattanooga zu erobern ...«
»Ja, aber das wird nicht passieren, und Sie können das ruhig verbreiten, denn unser stolzer General Braxton Bragg hat die Unionsdivision soeben am Chickamauga Creek vernichtet . Die verdammten Drecksäcke flüchten nach Norden , Sergeant, weil sie wissen, dass sie die Bahnknoten in Chattanooga jetzt nicht mehr einnehmen können, zumal zehntausend ihrer Männer tot sind. Jetzt werden wir diesen Krieg gewinnen, Sergeant. Verbreiten Sie die Nachricht ...«
Der Sergeant stimmt Jubelrufe an. Er lässt sein Gewehr fallen und läuft zu anderen Wachposten. »Holt Wasser für den Major und seine Männer, und erzählt allen, dass wir die Yankees am Chickamauga Creek aufgerieben haben!«
Die Neuigkeit verbreitet sich wie ein Lauffeuer. Pfiffe, Johlen und Jubel hallen durch die Luft.
Als der Sergeant mit einem Wasserträgerkommando zurückkehrt, zieht der Major die Augenbrauen hoch. »Sergeant, was geht hier vor sich?« Er zeigt auf die Fuhrwerke und die Schar der Nackten, die in die Scheune getrieben werden.
Der Sergeant hält inne. »Gefangenenabfertigung, Sir.«
Der Major nimmt seinen Hut ab und streicht sein Haar zurück. »Ich dachte, wir schicken alle
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