Haus der bösen Lust (German Edition)
war vergangenen Monat oft hier, als das Depot dort drüben fertiggestellt wurde.«
»Ach so, der Kerl mit den Koteletten.«
»Ja, und dem weißen Pferd.«
»Und irgendwo hinter der Fabrik muss ein großes Militärgefängnis sein. Und was wir hier tun ... Scheiße, das machen Armeen seit Tausenden Jahren so. Kriegsbeute nennt man das. Verwendung der Ressourcen des Feindes, weil der es mit uns genauso machen würde. Scheiße, da Lincoln jetzt keine Gefangenen mehr austauscht, was sollten wir denn sonst tun? Ich hab ein paar echt üble Geschichten über das Yankee-Gefangenenlager in Annapolis gehört. Sie lassen unsere Männer verhungern und prügeln sie.«
»Die gottverdammte Union soll sich zur Hölle scheren, und wir werden sie dorthin schicken. Klar ist es richtig, was wir hier tun. Du hast diesen Major ja gehört. Wir haben die Yankees gerade aus Tennessee rausgeworfen. Bis Dezember wird General Lees Armee Washington bestimmt überrannt haben.«
»Ja, und dort oben sind die Winter echt kalt. Da brauchen unsere Jungs gute Schlafsäcke ...«
Du verstehst immer noch nicht, aber du schreitest deinen Posten aufgrund eines unterbewussten Befehls ab. Irgendetwas wird auf dem Feld getrocknet. Und es ist kein Torf. Es ist etwas, das aus der Scheune kommt ...
Dein Rundgang führt dich auf die andere Seite des Gebäudes. Diese Wand weist keine Tore auf, aber eine geteilte Tür, deren obere Hälfte offen steht.
Schau hinein ...
Als du dich näherst, nimmst du Gestank wahr. Es ist ein entsetzlicher, ein unbegreiflicher Geruch. Wahrscheinlich haben sich diese zivilen Gefangenen seit Monaten nicht gewaschen, doch nur ein Teil des Gestanks stammt von Körperausdünstungen. Die Kleider hat man ihnen offensichtlich weggenommen, um die Stoffe für die Kriegsanstrengungen zu verwenden, aber nun, als du darüber nachdenkst, fragst du dich, warum man sich die Mühe macht, Frauen, Kinder und alte Männer einzusperren und zu ernähren. Sie haben keinen militärischen Wert ...
Dann schaust du in die Scheune ...
In jeder Ecke brennen große Holzfeuer, und über jedem Feuer hängt ein Kessel mit fast zwei Metern Durchmesser. Die Kessel brodeln und speien widerlich riechenden Dampf aus. Jeder wird von einem Sklaven mit einer langen Holzkelle umgerührt.
»Kocht es ordentlich, Jungs«, befiehlt ein Offizier mit einer Pistole.
Aber was siedet in den Kesseln?
»Wir müssen all die dreckigen Yankee-Läuse vernichten, bevor es tauglich für unsere Männer ist ...«
Du verstehst immer noch nicht ... bis du in die Mitte der Scheune blickst, von wo ein unablässiges Klicken ertönt.
Die vorwiegend nackten Gefangenen bilden eine stumme Menschenschlange. Alle sind sehr dürr; ihre Rippen sind erkennbar, die Knie wirken knorrig. Einige der Frauen zeigen Anzeichen einer Schwangerschaft, ja, sogar einige der Mädchen, die noch kaum in der Pubertät sind.
»Die nächsten Zehn! Los, Beeilung!«
Zehn der Gefangenen werden gleichzeitig in die Mitte der Scheune gerufen, wo zehn Negerfrauen mit verbitterten Mienen warten, jede mit einer Schere in der Hand.
Jetzt ist ihre Aufgabe klar. Flink schneiden sie sämtliche Haare von den Köpfen der Gefangenen ab.
»Arme hoch!«
Als Nächstes werden die Büschel der Unterarmbehaarung geschoren und rieseln zu Boden.
»Füße auseinander! Beeilung!«
Die Negerfrauen knien sich mit gezückten Scheren hin. Sämtliche Schamhaare werden geschnitten. Kindern, die noch keine haben, werden nur die Köpfe geschoren, bevor man sie zur zweiten Tür schickt, wo sie wieder in den Wagen steigen ...
Sie kochen die Haare , begreifst du mit geweiteten Augen. Dann werden sie in der Sonne getrocknet und als Füllmaterial für Matratzen und Schlafsäcke verwendet ...
Nach mehreren Durchläufen haben die Haare richtige Haufen gebildet. Die Frauen mit den Scheren nehmen sich ein paar Minuten Zeit, um das Haar einzusammeln und in die Kessel zu werfen, nachdem die vorige Ladung abgeschöpft und dampfend in eine wartende Schubkarre geschaufelt wurde.
So also sieht die Abfertigung aus.
Eine Farm für menschliche Matratzenfüllungen.
Mehrmals siehst du, wie Soldaten einige der Frauen in die Kessel werfen. Sie lassen sie eine Minute darin brodeln und ziehen sie anschließend wieder heraus. Die Soldaten stehen herum und lachen grölend, während sie beobachten, wie die Unglückseligen kreischen und sich krümmen, auf dem Boden, die Haut rot verbrüht, die Augen gekocht, die Gesichter dampfend. Du hast den starken
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