Haus der bösen Lust (German Edition)
deshalb beschloss er, sich eine Weile damit zu beschäftigen, einige Nippesläden, Sehenswürdigkeiten und das Gast-Bürgerkriegsmuseum anzusehen. Dann fiel ihm an einer Ecke der Buchladen auf. Ich könnte eigentlich auch gleich reingehen und sehen, ob ich diesen J. G. Sute aufspüren kann.
Eine Glocke bimmelte, als er durch die Tür eintrat. Es handelte sich um einen kleinen, ordentlichen Laden mit mehr Ansteckern, T-Shirts und ähnlichem Tand als Büchern. Mehrere Leute stöberten im Geschäft umher, aber niemand davon konnte Sute sein . Jiff hat gesagt, er geht auf die sechzig zu ... Collier drängte sich in eine Nische und stellte fest, dass sie eine Reihe von Werken über den Bürgerkrieg enthielt, die meisten davon teure Bildbände. Ein Regalfach war vollständig mit demselben Titel ausgefüllt: Von Branch Landing zu Gast: Lokalgeschichte . Der Autor war J. G. Sute. Unmöglich!, dachte Collier, als er sah, dass die gebundene, relativ kleinformatige Ausgabe fünfzig Dollar kostete. Ein weiteres Buch, das eher wie eine bessere Broschüre anmutete, trug den Titel Die East Tennessee & Georgia Railroad Company, ebenfalls von Sute. Auch im nächsten Regalfach stand nur ein Titel: Harwood Gast – Biografie der finstersten Persönlichkeit von Gast . Es handelte sich zwar um ein sehr dünnes Werk, dennoch fand Collier den Preis von fünf Dollar dafür schon eher angemessen. Der Druck wirkte nicht besonders hochwertig, und der Abbildungsteil sah fotokopiert aus, aber als Collier das Buch durchblätterte, stieß er auf einige interessante Ferrotypien der Ortschaft aus den 1850er-Jahren bis hin zum Ende des Kriegs. Ein Bild von Gast fand Collier regelrecht unheimlich, weil dessen Augen förmlich aus der verschwommenen Umgebung hervorzustechen schienen. Der adrett gekleidete Plantagentycoon mit den Koteletten sah genauso aus wie auf dem riesigen Porträt in der Vorhalle der Pension. Eine weitere Abbildung zeigte ein robustes Holzgebäude. Darunter stand der Text: Die erste Bank von Gast . Dort war ich, dachte Collier. Auf der nächsten Seite befand sich eine Ferrotypie mit dem Untertitel Mr. Windom Fecory – Harwood Gasts umstrittener Bankbevollmächtigter . Was könnte an dem umstritten sein?, fragte sich Collier lächelnd. Doch je länger er das Bild betrachtete – das eines drahtigen Mannes mit schmalem Gesicht und einer merkwürdigen Nase –, desto unheimlicher fand er es. Eine überraschend klare Abbildung zeigte Mrs. Penelope Gast, die elegant neben einer der Eingangssäulen des Hauses stand. Sie trug ein korsettartiges Oberteil sowie ein aufwendiges Rüschenkleid, in dem sie gesittet und wunderschön aussah. Das Dekolleté des tiefen Ausschnitts hätte kaum augenscheinlicher sein können. Was für ein Vorbau!, ging Collier unwillkürlich durch den Kopf.
Das kleine Buch faszinierte ihn. Das kaufe ich, beschloss er, doch da er selbst Autor war, blätterte er instinktiv zur Impressumsseite, um zu sehen, wer der Verleger war. Kein gutes Zeichen, aber ich kaufe es trotzdem, entschied er. Als Verlag wurde J. G. Sute Publications genannt.
»Lassen Sie mich raten, was Sie denken«, meldete sich ein klarer, wenngleich tiefer Bariton mit südlichem Einschlag zu Wort. Die durch das vordere Fenster gleißend einfallende Sonne ließ nur den Schatten einer massigen Gestalt erkennen. »Sie denken, dass es nicht gut sein kann, weil es im Eigenverlag erschienen ist.«
»Ich ...«
»Ich kann Ihnen jedoch versichern, Sir, dass der Autor keine andere Wahl hatte, da alle renommierten Verlagshäuser das Thema als zu kontrovers betrachteten.«
Collier trat überrascht einen Schritt zur Seite und sah sich einem kleinen, übergewichtigen Mann mit Tweedsakko und Schonern an den Ellbogen gegenüber. Ein weitgehend kahler Kopf, ein schwammiges Gesicht, aber Augen, die Ernst und Glaubwürdigkeit vermittelten ... und ein weißlich-grauer Schnurr- und Kinnbart, der Collier an Colonel Sanders erinnerte, Gründer und Gesicht auf dem Logo von Kentucky Fried Chicken. Vor ihm stand derselbe Mann, dessen Foto auf der Rückseite des Buchs prangte. »Oh, Sie müssen J. G. Sute sein. Tatsächlich habe ich nach Ihnen gesucht. Ich bin Justin ...«
»Justin Collier«, fiel ihm die tiefe Stimme ins Wort. »Wenn ein Prominenter in die Stadt kommt, bin ich der Erste, der davon erfährt. Freut mich sehr, Sie kennenzulernen.« Er streckte Collier eine weiche, große Hand entgegen. »Ich habe Ihre Biersendung einige Male gesehen, muss aber gestehen, dass
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