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Haus der Jugend (German Edition)

Haus der Jugend (German Edition)

Titel: Haus der Jugend (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Tietgen
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dunkelgrün gestrichen. Fremd, wie ich mich fühlte, traute ich mich nicht, nachzusehen, was sich dahinter befand, sondern wartete nutzlos, bis Darius mir das Haus zeigen würde. Von einer Hütte konnte man angesichts der Größe kaum reden. Aber Wanderer nannten ihre Rasthäuser nun einmal so.
    »Nein«, sagte Darius. »Warte, bis ich Licht und Luft in die Räume gelassen habe, dann zeige ich dir das Haus.« Ich folgte ihm schweigsam durch eine der Türen eine Treppe hinauf in die erste Etage. Im Flur verschwand er wieder in der Dunkelheit. Anhand der Geräusche konnte ich hören, dass er in eines der Zimmer ging, um auch dort die Fensterläden zu öffnen. Ich tastete mich in ein anderes Zimmer, dort bis zur Wand und nach den Flügelschrauben, rechts und links neben den Glasscheiben. Die Gewinde waren gut geölt, die Schrauben lösten sich leicht und die Stäbe ließen sich ohne Probleme nach draußen schieben. Es ward Licht. Nicht geschaffen, aber eingelassen. An beiden Wänden ohne Fenster waren aus grobem Holz gezimmerte Matratzenlager über drei Etagen. Nur ein kleiner dunkler Tisch stand gleich neben der Tür. Über ihm hing, unvermeidlich, ein Kruzifix mit blutendem Jesus. Die Luft roch leicht abgestanden, aber nicht staubig. Es musste regelmäßig jemand zur Reinigung hierher kommen. Ich öffnete die Fenster, schaute dabei über die brachliegenden Weiden, die sich vor mir erstreckten und versuchte mir grasende Kühe darauf vorzustellen. Darius kam ins Zimmer, schaute auf das offene Fenster, auf die geöffneten Läden und bedankte sich. »Du hast recht. Wahrscheinlich ist es gut, auch Luft in die Zimmer zu lassen, die wir nicht nutzen.«
    »Ach«, fragte ich irritiert. »Hätte ich hier nicht öffnen sollen?«
    »Doch. Ich wäre nur zu faul gewesen.« Wir gingen ins letzte Zimmer, öffneten alles und mir war, als trüge der Winter Wärme in die Hütte.
    Im Obergeschoss gab es zwei große Schlafsäle, einen für Frauen, einen für Männer, wie Darius mir erklärte. Ein dritter Raum war das Privatgemach der Hüttenwirte. Ein Zimmer mit Holzverkleidung vom Boden bis zur halben Höhe, darüber Gipswand, gelb gestrichen. Es war der einzige Raum, auf dessen glatt polierten Dielen ein Teppich lag, ein Orientteppich in beige, blau und rot. Weder über dem Bett noch über der Eingangstür hing ein Kruzifix. Über dem Bett hing ein Ölgemälde, ein blühendes Hopfenfeld, durch das ein Traktor fuhr. Dem Bett gegenüber stand ein Bücherregal, das zu voll war, um zu schauen, welche Titel sich darin befanden. Dem Fenster gegenüber stand ein Kleiderschrank in blau getöntem Holz mit leuchtenden Bergblumen darauf. Selbst Edelweißblüten und Enzian rankten in die Höhe, als wären es Lianen.
    »Das wird die nächsten Tage unser Reich sein«, erklärte Darius, stellte seinen Rucksack ab, den er die ganze Zeit über auf dem Rücken behalten hatte, und setzte sich auf das weiß bezogene Bett. Mit seiner Tolle und seinen Jeans, mit seinem Aussehen, das an Helden amerikanischer Filme oder an Musiker wie Bill Haley erinnerte, schien Darius wie ein Fremdkörper vor bayerischer Hüttengemütlichkeit. Ich versuchte, ihn mir in Krachledernen vorzustellen, als Dorfjungen, der schon morgens vor der Schule die Kühe melken musste, aber es gelang mir nicht. Zu sehr war er für mich der schnieke Stadtjunge, eher verwegen als urtümlich, heute würde man vielleicht cool sagen. Auch mich fand ich in diesem Haus unpassend. Lediglich die vielen Bücher passten zu mir. Ich war ein Stadtkind, zwar auf dem Land aufgewachsen, zum Teil in Verschickungsheimen, aber eher zwischen geblümten Tapeten des gelehrten Außenseiters, den es nur auf das Dorf verschlagen hatte, weil der Vater von den Nazis als Lehrer dorthin geschickt worden war. Zwar wollte ich Kunst studieren, doch war ich unauffällig wie ein Verwaltungsbeamter. In der Beziehung kam ich ganz nach meinem Vater, auch wenn ich den seit Jahren nicht mehr gesehen hatte. Hundertvierzig Kilometer von München entfernt wirkte das Haus auf mich wie eine andere Welt. Genau richtig für einen Urlaub, in dem ich alles vergessen sollte.
    »Schön ist es hier«, antwortete ich, kniete mich vor Darius, als wollte ich ihm einen Heiratsantrag machen und gab ihm einen Kuss auf den Mund. »Vielleicht sollten wir erstmal heizen?«
    Er nickte und stand wieder auf. »Ich hoffe, wir müssen nicht erst Holz hacken.« Wir gingen durch die Räume, schlossen die geöffneten Fenster wieder, und begaben uns nach

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