Haus der Lügen - 8
tun.« Das Lächeln wich einer deutlich ernsteren Miene. »Herzog Thorast und seine Freunde werden sich wohl einfach damit abfinden müssen, dass ich diese kleinen Ausbildungsmissionen durchführen lasse.«
Bahrdailahn wirkte, als hätte er dieser letzten Aussage nur zu gern widersprochen. Bahrdailahn war entfernt mit Herzog Windborne verwandt. Die Alltäglichkeit gewordenen, gelegentlich sogar tödlichen Streitigkeiten innerhalb des dohlaranischen Hochadels waren ihm so vertraut, als hätte er sie mit der Muttermilch aufgesogen. Er wusste ganz genau: Herzog Thorast und seine Verbündeten mochten in der Öffentlichkeit ihre Treue gegenüber Graf Thirsk betonen; sie ließen sich aber dennoch nie auch nur eine Gelegenheit entgehen, ihm in den Rücken zu fallen. Im Augenblick galten ihre Angriffe der ›schändlichen Trägheit‹, mit der die neue Flotte gebaut würde, und den von Thirsk befohlenen, wie sie fanden, unüberlegten und immens gefährlichen Ausbildungsmissionen. Beides hatte ganz offensichtlich zumindest am Rande mit der heutigen Besprechung zu tun – ob der Graf das nun einzugestehen bereit war oder nicht.
»Dann gehen Sie jetzt!« Mit einer Hand wedelte Thirsk, als wolle er seinen Untergebenen verscheuchen.
Bahrdailahn lächelte ihm noch einmal kurz zu, nickte und verschwand. Thirsk griff nach dem Bericht, in dem er gelesen hatte, und stieß die Blätter sorgfältig zu einem Stapel zusammen. Dann legte er sie in einen Aktenordner, den er in der Schublade seines Schreibtischs verschwinden ließ. Er erhob sich aus seinem Sessel und ging zum großen Heckfenster der Kajüte hinüber.
Die Hände hinter dem Rücken verschränkt, blickte er durch das salzgefleckte Glas auf die Gorath Bay hinaus. Es war kalt, ein frischer Wind wechselte beständig die Richtung. Thirsk hoffte, Bischof Staiphan Maik und Admiral Pawal Hahlynd wären während der langen Fahrt hinaus zur Chihiro nicht übermäßig nass geworden. Durchgefroren wären sie auf jeden Fall. Thirsk blickte über die Schulter, als mit raschen Schritten Paiair Sahbrahan eintrat, sein Kammerdiener.
Sahbrahan war ein bemerkenswert kleiner Mann, noch kleiner als Thirsk, mit raschen, geschickten Händen. Paiair war außerordentlich effizient und scheute sich nicht im Mindesten, seinen Admiral recht ruppig an gewisse Kleinigkeiten zu erinnern – wie beispielsweise zu essen oder sich schlafen zu legen. Zugleich war er ein ausgezeichneter Koch, der sich sein Auskommen vermutlich sehr gut auch als Küchenchef hätte verdienen können, wenn ihm der Sinn danach gestanden hätte. Thirsk brachte ihm uneingeschränktes Vertrauen entgegen, was die Verwaltung des gräflichen Weinkellers und der Spirituosen betraf.
Sonderlich beliebt aber war der Kammerdiener bei Thirsks Stab oder seinem Haushalt nicht. Sie wussten Paiairs Fähigkeiten sehr wohl zu schätzen. Sie kannten allerdings auch seine Eitelkeit und Arroganz. Sahbrahan achtete peinlich (für so manchen schmerzhaft) genau darauf, dass jeder, der dem Grafen an Geburt oder Rang nicht gleichgestellt war, Thirsk gegenüber entsprechend unterwürfig auftrat, auch wenn Thirsk selbst das nicht tat. Paiair konnte Angestellte in Herbergen und Hotels mit überzogenen Forderungen – frische Laken hier, saubere Handtücher da, heißes Wasser, aber bitte plötzlich! – an den Rand des Wahnsinns treiben. An Bord eines Schiffes verhielt er sich nicht anders. So hatte er sich redlich den Ruf erworben, Kammerdiener und Stewards einfacher Schiffskapitäne hemmungslos zu schikanieren. Seine Streits mit Köchen und Zahlmeistern verschiedener Flaggschiffe waren sogar legendär.
Thirsk kannte die Schwächen seines Kammerdieners ebenso wie jeder andere auch. Sahbrahan selbst wusste, dass er sich dergleichen niemals in Gegenwart des Grafen leisten durfte. Thirsk hingegen war klar, dass es schwierig wäre, einen gleichwertigen Ersatz für Paiair zu finden. Abgesehen davon stand Sahbrahan schon seit fast acht Jahren in seinen Diensten.
Nun balancierte der Kammerdiener raschen Schrittes ein Silbertablett mit zwei Karaffen Whisky und einer Karaffe Brandy über den dicken Teppich, der die blanken Schiffsplanken verdeckte. Paiair stellte seine Fracht auf einem Beistelltisch ab und wandte sich an seinen Herrn.
»Ich habe mir erlaubt, den Stahlmyn, den Waykhan und den Tharistan zu bringen, Mein Lord«, erklärte er und deutete auf die jeweiligen Karaffen. »Ist das zu Ihrer Zufriedenheit?«
»Voll und ganz«, erwiderte
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