Haus der Lügen - 8
Heftigkeit des Gefechts und obwohl ihnen der Gegner schon bald im Verhältnis zwei zu eins überlegen wäre, ließen sowohl Pawal als auch Aiwain immer noch Breitseiten abfeuern, statt auf unabhängiges Einzelfeuer umzuschwenken. Stywyrt vermutete, dass sie beide methodisch vorgingen. Sie feuerten also immer nur auf jeweils einen Gegner, um die Feindschiffe nacheinander auszuschalten, statt das Feuer aufzuteilen. Das erforderte wirklich Nerven. Denn es bedeutete, dass einer ihrer Gegner sie ungestört weiter angreifen konnte. Die Schützen des unbeschossenen Feindschiffs konnten ja völlig unbeschadet nachladen und feuern; ihnen flogen schließlich keine Kanonenkugeln und Kartätschen um die Ohren. Gleichzeitig jedoch sorgte eine solche Vorgehensweise auch für deutlich bessere Chancen, zumindest einen der Gegner rasch und vollständig auszuschalten.
Stywyrt richtete den Blick wieder auf die letzte Galeone in der Hecklinie der Dohlaraner. Sie schien kleiner zu sein als die anderen, kaum größer als die eigentlich zu kleine Squall . Trotzdem ließ ihr Captain gerade jetzt, wo Stywyrt hinschaute, weitere Segel setzen, und er passte auch den Kurs an, um mehr Fahrt aufzunehmen. Ganz offensichtlich hatte er also die Absicht, sich so rasch wie möglich der Dart und der Shield entgegenzustellen.
Das spricht eher für Mut und Entschlossenheit als für Klugheit , dachte Stywyrt. Die Dart und die Shield sind beide schneller als die gegnerischen Schiffe. Der Kerl da mag sie ja vielleicht mit diesem neuen Kurs bald einholen. Aber er wird nur die eigene Formation einengen, wenn er erst einmal aufgeholt hat. Luvwärts zu Zhon und Harys kommt er nicht durch, egal, was er versucht! Ja, er wird sogar ein wenig aus der Formation ausscheren müssen, sonst kracht er noch in eines seiner Geleitschiffe!
Klar ein Fehler, aber einer, der sich deutlich leichter verschmerzen ließe als so manch anderer. Nun gut, immerhin ein mutiger Mann: entschlossen, in die Schlacht einzugreifen, statt sich zurückzuhalten und den Kampf zu meiden. Das wiederum verriet eine ganze Menge unschöner Dinge darüber, wie sich die Moral der Royal Dohlaran Navy seit den Schlachten vor der Felsnadel und in der Klippenstraße erholt haben musste.
Na, dann werden wir wohl sehen müssen, was wir dagegen unternehmen können, was, Ahrnahld? , dachte Stywyrt grimmig.
Captain Raisahndo konnte nicht sehen, was die Prinz von Dohlar unter dem Kommando von Captain Mahrtyn Zhermain tat. Der dichte Qualm machte das, von Deck aus betrachtet, schlichtweg unmöglich. Die Männer in den Wanten, einschließlich derjenigen, die für den Ausguck abgestellt waren, konzentrierten sich (verständlicherweise) deutlich mehr auf die Manöver der charisianischen Schiffe als auf die der eigenen Geleitschiffe. Hätte Raisahndo allerdings die Manöver der Prinz von Dohlar beobachten können, wäre er mit Ahrnahld Stywyrt einer Meinung gewesen. Einschließlich der Einschätzung, übermäßige Aggressivität sei ein deutlich akzeptableres Fehlverhalten als übermäßige Zurückhaltung.
Doch im Augenblick hatte Raisahndo deutlich dringlichere Probleme. Die vorderste charisianische Galeone kam langsam weiter auf, so sehr Raisahndo auch den Abstand zu halten versuchte. Ihr Beschuss war unerfreulicherweise schwer und bestürzend genau gezielt. Das unablässige Aufbellen ihrer Geschütze – die Gegenseite feuerte ganz offenkundig immer noch wohl überlegte Breitseiten ab –, war, als stampfe ein Riese mit gewaltigen Stiefeln immer und immer wieder über das Deck der Rakurai . Die Rakurai dürfte mittlerweile den Gegner auch häufiger treffen, nachdem der Abstand nun weiter zusammengeschrumpft war. Aber der Rhythmus des Beschusses änderte sich nicht. Charisianische Kanonenkugeln krachten in Schanzkleid und Rumpf der Rakurai – als hätte besagter Riese auch noch eine Keule in der Hand, mit der er unbarmherzig auf das Schiff eindrosch.
Ein halbes Dutzend Geschütze an Bord der Rakurai – ein Viertel der gesamten Backbord-Batterie – wurde nicht mehr genutzt, und der Leichenstapel auf der Mittschiffslinie des Decks wurde höher und höher. Verwundete schleppten sich zu den Heilern und Ärzten unter Deck. Auch wenn das eine exakte Einschätzung erschwerte, war sich Raisahndo ziemlich sicher, es seien mindestens vierzig oder fünfzig Verluste zu beklagen. Das war fast ein Achtel der gesamten Besatzung. Dennoch blieben die anderen – erfahrene Matrosen und zwangsrekrutierte Landratten
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