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Haus der roten Dämonen

Titel: Haus der roten Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Dempf
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Messer Arcimboldo nicht mehr lebte, dann gab sie auch für Jans Leben keinen Pfifferling mehr. Was sollte sie noch hier?
    »Du bist ein intelligentes Mädchen«, sagte der Alchemist plötzlich. »Jede andere wäre nicht so mutig gewesen.« Er grinste über beide Wangen, sodass ihm die Falten quer durchs Gesicht liefen.
    »Was wollt Ihr von mir?«, fragte Julia.
    »Was ich will? Ich?« Er lachte trocken. »Was willst du? Du warst es doch, die das Arcanum splendidum geworfen hat.«
    Julia war wie vom Donner gerührt. Woher wusste der Alchemist vom Arcanum splendidum ?
    »Woher ich davon weiß? Ganz einfach. Ich habe es hergestellt und einem Jungen überlassen, einem gewissen Jan. Der sollte es für Messer Arcimboldo besorgen, aber es war wohl für ihn selber. Doch jetzt sehe ich, dass du es benutzt hast. Kennst du den Jungen?«
    Julia hätte beinahe das Laufen vergessen. »Jan? Natürlich. Deswegen waren Messer Arcimboldo und ich doch hier. Er ist im Hradschin eingesperrt worden. Wir wollten erreichen, dass man ihn freilässt.«
    Sie hatten den Saal durchschritten und waren bei der Wendeltreppe angelangt. Rasch zog der Alchemist sie auf die Treppe, denn hinter ihnen hallte die Stimme Contrarios durch den Raum.
    »Hierher! Hiergeblieben!«
    »Den Teufel werden wir tun, mein Kind«, sagte der Alchemist und trabte die Treppen hinab, als wäre er zwanzig.
     
    Jan sprang in langen Sätzen die Treppe hinauf, die der Wächter und Messer Mont herabgekommen waren. Zwei,
manchmal drei Stufen nahm er auf einmal. Nach gut dreißig Stufen gab es einen Eingang zu einer Kammer, offenbar die Wachstube. Doch sie war leer. Kurz zuckte in Jans Kopf der Gedanke auf, Messer Mont könnte den Kerker nur für seine Zwecke verwendet haben, ohne dass der Kaiser davon wusste. Er durchquerte den Raum und befand sich erneut in einer Treppenwendel. Wieder jagte er nach oben, bis er außer Atem kam. Ihm wurde schwindlig und er musste innehalten und sich kurz ausruhen.
    Das dreifache Gebrüll des Leu traf ihn jäh. Es war so nahe, dass der Stein vibrierte, an den er seine Hand gelegt hatte, um sich abzustützen. Das Wesen musste irgendwo über ihm sein. Jan schlich die letzten Stufen nach oben. Neben dem Gebrüll vernahm er weitere Stimmen und ein Kreischen, das er kannte: Das musste Julia sein! Sie war also beim Kaiser gewesen, wie sie es versprochen hatte! Das dreifache Brüllen des Leu nahm zu und steigerte sich zu einer auf- und abschwellenden Melodie, die abrupt abbrach. Alle Stimmen verstummten, auch die Julias. Kurz vor dem Ausgang in einen Saal befand sich eine Nische, an deren Ende sich ein Fenster öffnete. Jan kroch hinein und blickte hinaus. Was er sah, versetzte ihm einen Stich. Der Leu sprang offenbar gerade mit einem Satz durch ein Fenster über ihm. Er sah einen Regen aus feinen Glasscherben. Er sah auch das Tier, das etwas an seine Brust drückte. Es landete ohne Unsicherheiten auf dem Schlosshof. Dort richtete es sich auf und witterte in der Luft, als suche es nach etwas. Endlich gab es auch den Blick frei auf das, was es in einer seiner Pfoten hielt: ein menschliches Wesen. Jan musterte den Menschen genauer und erkannte, dass sich in den Fängen des Leu Messer Arcimboldo befand. Er kippte kraftlos hin und her, als wäre er tot.
    Jan drückte sich in die Öffnung und schrie aus Leibeskräften: »Arcimboldo!«

    Doch die Puppe in den Klauen des Leu bewegte sich nicht. Das Tier ließ sich nun auf alle viere nieder, witterte mit seinen drei Köpfen in alle Richtungen, machte dann mehrere riesige Sätze und verschwand hinter dem Veitdom in Richtung Hirschgraben.
    Jan war wie betäubt. Messer Arcimboldo in den Klauen des Leu! Er versuchte, sich vorzustellen, was dies für Folgen haben würde. Für ihn vor allem. Er war ohne Arbeit. So viel wusste er bereits. Dann fuhr er hoch.
    Ganz in seiner Nähe brüllte eine Stimme aus Leibeskräften: »Hierher! Hiergeblieben!«
    Auch den Rufer kannte er, so viel stand fest. Langsam kroch er aus der Fensterlücke und stieg die Wendeltreppe höher. Sie endete im Vladislav-Saal. Direkt vor ihm, den Rücken ihm zugekehrt, stand Contrario-Buntfinger und sah zum andern Ende des Saales hin. Er drohte jemandem mit der Faust.
    Jan folgte dem hasserfüllten Blick des Adlatus und sah gerade noch, wie zwei Personen den Saal verließen. Beide versetzten ihn in helle Aufregung. War das nicht Julia gewesen? Und die zweite Person? Der Alchemist? Aber das war unmöglich. Der Mann war schließlich tot! Er hatte doch

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