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Haus der roten Dämonen

Titel: Haus der roten Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Dempf
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Contrario ihn erschaffen? Lag womöglich irgendwo noch eine Leinwand von ihm herum und wartete darauf, zerstört zu werden? Wenn seine Mutter jedoch später ein Kind empfangen hatte, wer war der Vater? War er doch ein Kind Messer Arcimboldos, und der Maler wollte es einfach nicht zugeben, weil er selbst nicht daran glaubte, glauben konnte? In Jans Kopf spukte das Ei herum, wie es im Nest in der Apostelstube gelegen hatte.
    Ein eisiger Hauch, der den Gang entlangwehte, holte ihn zurück in die Gegenwart. Jan spürte, wie sein Atem schneller zu werden begann, wie in ihm etwas hochkroch, das er nur zu gut kannte: Angst! Das Haus war nicht auf seiner Seite. Es stand gegen ihn! Trotzdem musste er Julia finden. Und jede Minute, in der er sich mit etwas anderem beschäftigte, ließ die Hoffung schwinden, sie lebend wiederzusehen.
    Er schlug mit der Faust in seine freie Hand und vergrub sie dann in den Taschen seines Wamses. Dort spürte er den Schlüssel. Wie ein heißes Feuer durchfuhr es ihn. Rabbi Löws Schlüssel! Noch während er ihn aus der Tasche zog, überlegte er sich, wohin er ihn stecken könnte, doch die Wände waren glatt, als wären sie aus Eis. Keine Fuge, keine Ritze, kein Spalt war zu entdecken. Er musste doch zu Julia. Er musste sie finden.
    Die freie Hand ließ er über die Wand gleiten, in der anderen hielt er den Schlüssel, so lief er nach vorne. Langsam zuerst, doch mit jedem Schritt beschleunigte er, bis er zu rennen begann. Doch die Wände waren wie poliert.
    Plötzlich hielt er inne. Ein Geruch lag in der Luft, der
ihm bekannt vorkam. Ein Gestank. Ein Raubtiergestank. Der Leu!, schoss es ihm durch den Kopf – und tatsächlich schälte sich aus dem Dunkel vor ihm die dreiköpfige Gestalt des Leu. Der wirkte wie in den Tunnel hineingepresst. Nur zwei seiner drei Köpfe waren zu sehen. Den dritten Schädel hatte er wohl nach hinten gestreckt. Allerdings ließ ihm die Größe des Gangs ausreichend Bewegungsfreiheit für die beiden Gebisse.
    Jan drehte sich abrupt um – und aus dem Dunkel hinter ihm schälte sich die Gestalt der Pantherchimäre mit Natternkopf und angelegten Flügeln. Jan fragte sich nicht, woher sie kamen. Er wusste nur, das Haus hatte ihm eine Falle gestellt und er war hineingetappt.
    Was jetzt fehlte, war ein Schacht, ein tiefer endloser Schacht, in den ihn die Kreaturen hineintreiben konnten. Als hätten erst seine Gedanken ihn geschaffen, tauchte aus dem Nichts ebendiese Öffnung im Boden auf, und Jan gelang es gerade noch, sich mit einem Sprung auf die Seite des dreiköpfigen Leu zu retten.
    »Warum tust du das?«, schrie Jan und meinte das Haus damit, das ihn derart bedrängte. Warum hatte es ihm zuvor immer geholfen und warum ließ es ihn jetzt im Stich?
    Bevor Jan sich eine Antwort überlegen konnte, tauchte in seinem Kopf wieder ein Gedanke auf, der ihm so absurd erschien, dass er ihn eigentlich nicht weiterverfolgen wollte. Doch es gab nur diese eine Erklärung. Das Haus musste – warum auch immer – Contrarios Befehlen folgen. Das tat es auch, doch es zeigte sich darin widerspenstig und eigensinnig.
    Jan sah sich den Schlüssel an. »Egal in welche Lücke ich ihn stecke. Ich darf nur nicht zu meinem Vorteil handeln«, murmelte er.
    In diesem Augenblick begannen der Leu und die Pantherchimäre
gleichzeitig auf ihn loszustürmen. Trotz der engen Röhre gelang es ihnen, indem sie die glatten Wände als Gleitflächen benutzten. Jan sah nur noch den Schacht vor sich, dessen Schwärze ihn erschreckte.
    Er schluckte – und dann sprang er kopfüber in die Tiefe.

29
    Albtraum
    J ulia wollte schreien, doch kein Wort kam über ihre Lippen. Sie waren wie zugenäht. Sie hörte Schreie und Flüche, vermochte aber nichts zu sehen. Vielmehr sah sie mit einem inneren Auge und sie hörte.
    »Nimm deine dreckigen Finger von dem Rahmen!«
    »Verräter!«
    »Nein!«
    Sie konnte die einzelnen Sätze keiner Person, keiner ihr bekannten Stimme zuordnen. Wie viele Personen stritten miteinander? Zwei? Drei?
    »Wie kommst du dazu, Menschen zu malen, ohne dass ich davon weiß? Dein Blut reicht nicht dazu.«
    »Es reicht! Ihr wisst es. Ihr wollt nur alles für Euch behalten. Ihr wollt den Ruhm nicht teilen! Ich aber bin der Herrscher über diese Welt.«
    »Du bist erbärmlich! Mehr nicht.«
    »Ich schaffe Kreaturen. Ich bin ein Schöpfer.«
    »Du erschaffst nichts, du zerstörst. Angst und Schrecken verbreitest du. Mehr nicht.«
    »Niemand wird mich aufhalten. Ihr am allerwenigsten.
Ich bin weit

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