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Haus der roten Dämonen

Titel: Haus der roten Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Dempf
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stärker als Ihr – und Ihr wisst das. Ich werde Euch hinwegfegen. Mag es mir diesmal nicht gelungen sein, aber ich werde es schaffen.«
    »Contrario, du bist ein armer Tropf. Du bist nur der Adlatus. Ich bin der Meister.«
    Julia vernahm, wie in die Hände geklatscht wurde.
    Plötzlich erhob sich ein Lärm, als würden die Malutensilien im Raum lebendig werden. Pinsel klapperten, Tiegel klackten und Leinwände schabten über den Boden. Selbst die Staffelei schien zu stiefeln, und Keile und Lappen, Paletten und Ölkannen schepperten miteinander um die Wette, als gelte es, sich gegenseitig zu zerschlagen. Mitten in diesen Tumult hinein gellte ein Schrei, der in einem Gurgeln und Würgen unterging.
    In Julias Kopf erschien das Bild eines Körpers, der aus Pinseln und Palette, aus Staffelei und Leinwänden, Farbtiegeln, Stößeln und Mörser bestand und in dessen Mitte eingeklemmt ein Wesen saß, das sich nicht mehr zu wehren vermochte, sondern langsam mit den Malgegenständen zu einem gemeinsamen Bild verschmolz.
    Julia gelang es jedoch nicht, sich dieses Bild lange vor Augen zu halten. Sie fühlte, wie sich ihre Seele entfernte, wie sie sich langsam auflöste, wie sie erblindete und ertaubte.
    Zuletzt, ganz am Ende, erhaschte sie doch noch ein Bild, an das sie sich am liebsten geklammert hätte: Es war Jans Kopf. Jan, dachte sie. Sie würde ihn nie mehr wiedersehen.

30
    Das letzte Porträt
    J an fiel ins Bodenlose. Einzig das Gebrüll des Dreiköpfigen und das schlangenähnliche Zischen der Chimäre folgten ihm in die Tiefe. Der Sog des Falls riss ihm die Atemluft vom Mund, und er hatte das Gefühl, sich um die eigene Achse zu drehen. Um ihn her war es stockfinster. Wenn nicht der Luftzug gewesen wäre, hätte er nicht gewusst, dass er überhaupt fiel. Allerdings musste er sein Drehen beenden und dafür sorgen, dass er weiter mit dem Kopf voraus stürzte. Nur so konnte sein Plan gelingen.
    Jan streckte sich wie ein Geschoss. Doch je länger er stürzte, desto größer wurde die Furcht davor, plötzlich aufzuschlagen. Sie wuchs ins Überirdische, bis er nicht mehr konnte und nur noch schrie. Verzweifelt stieß er den Schlüssel vor sich in den Abgrund, drehte ihn – und tatsächlich öffnete sich ein heller Spalt in der Finsternis. Da gab es vor ihm tatsächlich eine Tür. Er riss sie vollständig auf und purzelte hindurch. Mit einem Poltern knallte er auf den Boden des Raums dahinter und musste kurz liegen bleiben, weil er keine Luft mehr bekam. Er wusste nicht, was schlimmer war: der Sturz ins Nichts oder das harte Aufkommen in der Wirklichkeit. Eines war jedoch sicher: Er war erleichtert wie nie zuvor in seinem Leben.
    Langsam prüfte er, ob noch alles heil an ihm war. Er konnte Arme und Beine bewegen und auch der Atem kam langsam zurück. Dass ihm der Kopf brummte, war nach dem Sturz nichts Ungewöhnliches.
    Vorsichtig setzte er sich auf und steckte den Schlüssel in sein Wams. Er hockte in einem Raum zusammen mit einigen
Keilrahmen. Durch ein Fenster im oberen Wandbereich strömte Licht. Alle Rahmen waren mit der Bildseite nach innen gedreht. Jan stand auf, nahm den ersten Rahmen und drehte ihn mit klopfendem Herzen um. Dem Gemälde fehlte die entscheidende Figur. An ihrer Stelle fand sich nur ein weißer Fleck. Die Bilder hatten alle denselben Makel, stellte Jan schnell fest.
    »Ich hab’s geschafft!«, frohlockte er. Er sah sich um. Sogar ein Messer lag bereit. Es war wohl sonst dafür da, einen zu kräftigen Farbauftrag wieder abzuschaben. Er nahm das Messer zur Hand und sah sich die Rahmen noch einmal durch. Den Leu erkannte er sofort, schließlich hatte er ihn selbst gemalt. Mit einem raschen Schnitt löschte er dessen Existenz aus. Es zischte ein wenig und leuchtete blau über das Gemälde, dann verschwand das Tier vom Erdball. Auch die Pantherchimäre mit dem Natternkopf war eindeutig zu erkennen und mit einem Kreuzschnitt schnell ausgelöscht.
    Drei weitere Rahmen machten Jan jedoch nervös. Sie zeigten drei menschliche Gestalten. Eine war gedrungen und ein wenig schief, das musste Contrario sein. Doch wer waren die beiden anderen? Er konnte sie aufgrund der Schattenlinien nicht zuordnen. Jan setzte sich auf den Boden und musterte die Bilder ein ums andere Mal. Weder waren die Körperumrisse des Adlatus noch die beiden anderen eindeutig zu bestimmen. Er wusste jedoch, dass er unbedingt Contrario-Buntfinger ausschalten musste, bevor er Julia befreien konnte. Der Malergeselle war viel zu stark, als dass

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