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Haus der roten Dämonen

Titel: Haus der roten Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Dempf
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der Schatzkammer und durch das Haupttor hinaus auf den Vorplatz. Er hatte keine Zeit, über das nachzudenken, was dort im Hirschgraben geschehen war. Er war froh, dass ihn die Beine wieder trugen, und er spürte langsam, wie das Blut in sein Gesicht zurückströmte. Erst jetzt fühlte er, wie nass sein Gesicht von Tränen war.
    Keine zehn Minuten später stand er vor Messer Arcimboldos Haus. Mit dem Ärmel seines Hemdes wischte er sich übers Gesicht. Dann stellte er sich vor die Eingangstür.
    »Ich bin’s«, flüsterte er schwach. »Lass mich ein, bitte!« Er wunderte sich, dass ihm das Gefäß nicht aus den Fingern glitt, so müde und zerschlagen, wie er war. »Messer Arcimboldo wartet auf mich.«
    Plötzlich schwang die Pforte auf – und Jan betrat den Vorraum. Begrüßt wurde er von einem wüsten Chaos. Überall lagen Tonscherben und umgeworfene Möbel wild durcheinander. Bilder waren von der Wand gerissen. Manche waren zerbrochen oder mit dem Messer entzweigeschnitten.
    Was war geschehen? Jan versuchte zu rufen, doch seine Stimme versagte ihm, seine Augen füllten sich erneut mit Tränen. Er war ein Unglücksrabe. Das Pech verfolgte ihn heute, als klebe es an seinen Schuhen. »Messer Arcimboldo!«, brachte er krächzend hervor.
    Ein Stöhnen antwortete ihm. Es kam von oben. Jan nahm gleich zwei Stufen auf einmal, überwand auch die oberste Stufe und stand auf der Schwelle zum Atelier seines Meisters. Auch hier war alles umgeworfen und zerschlagen. Eines der Kompositbilder, ein Porträt, das Jan zuvor schon einmal gesehen hatte, lag oben auf einem Haufen aus Staffeleien und weiteren Gemälden.

    Jan wollte eben einen Schritt in den Raum hineintun, als sich etwas ereignete, das ihn das Grauen lehrte:
    Ein Teil der wüst durcheinander liegenden Gegenstände begann sich zu bewegen. Bücher und Blätter schienen wie von selbst aufeinander zuzurutschen. Durch den Bücherberg eines umgeworfenen Regals ging ein Zittern. Langsam erhoben sich die Bücher und schienen an die für sie vorgesehenen Orte zu schnellen. Aus der Unordnung schälte sich eine Form, die sich aufrichtete, Kontur annahm und schließlich wie ein Wesen aus Büchern vor Jan stand. Es war der Bibliothekar, den eines der Gemälde Messer Arcimboldos zeigte.
    Das Bücherwesen holte mit einem Arm aus Folianten aus und versuchte, Jan zu treffen, doch der war schneller. Seine Jahre als Gassenjunge auf der Straße zahlten sich jetzt aus.
    »Messer Arcimboldo, wo seid Ihr?«
    Wieder antwortete ihm ein Stöhnen. Es kam direkt aus dem Berg aus Staffeleien und Bildern vor ihm, der von dem Bücherwesen verteidigt wurde.
    »Jetzt lass mich schon zu meinem Meister, verdammt!«, knurrte Jan und tauchte unter einem der durch den Raum wirbelnden Folianten hindurch und kam dem Berg näher. Aus dem Augenwinkel sah er Beine aus dem Gewirr hervorstehen. Messer Arcimboldo lag darunter begraben. Wieder musste er einem der ungeschickten Schläge des Bibliothekars ausweichen.
    »Hilf mir lieber, statt dich hier als Cerberus aufzuführen!«, schrie Jan ihn an. »Schließlich liegt hier auch dein Meister!«
    Das Wesen stockte.
    Rasch versuchte Jan, die schweren Staffeleien vom Körper des Malers zu heben. Doch er war zu schwach.
    »Jan«, stöhnte sein Meister, »nimm zuerst die Bilder ab.«

    »Wenn du so viel Kraft hast, wie dir an Hirn fehlt, dann lang wenigstens zu!«
    Ohne zu überlegen, ob er weiter angegriffen würde, entfernte Jan die Zwingen, mit denen die großformatigen Bilder an den Staffeleien befestigt waren, und zog sie beiseite. Selbst die Bilder allein konnte er kaum bewegen. Doch plötzlich stand das Bücherwesen neben ihm und griff nach einem der Rahmen. Mit einer kräftigen Bewegung zerrte es das Bild beiseite. Dann hob es die erste Staffelei an, und endlich gelang es seinem Meister, darunter hervorzukriechen.
    »Das war Rettung in letzter Minute!«, stöhnte Messer Arcimboldo. »Ich wäre beinahe erstickt.« Er presste einen Arm gegen die Rippen und verzog das Gesicht vor Schmerz.
    Blut lief ihm von der Schläfe. Ein Auge begann bereits blau anzulaufen.
    »Was ist passiert?«, wagte Jan zu fragen.
    Mit einer Handbewegung wischte Messer Arcimboldo die Frage beiseite. »Muta! Verändere dich!«, herrschte er das Bücherwesen an, das augenblicklich in die einzelnen Bücher zerfiel, aus denen es zusammengesetzt war. Das Regal stellte sich auf, die Bücher sortierten sich selbstständig in das nun wieder an der Wand stehende Regal zurück. Sofort wandte Messer

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