Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Haus der roten Dämonen

Titel: Haus der roten Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Dempf
Vom Netzwerk:
halbe Atelier geschleudert.
    Wimmernd krümmte sich Contrario wieder am Boden. Diesmal blieb sein Meister ein Stück entfernt von ihm stehen.
    »Binde ihn mit dem Strick dort!« Messer Arcimboldo deutete auf eine Schnur, die zur Verpackung von Bildern diente.
    Jan, der sich nicht wohlfühlte in der Rolle des Schergen, nahm dennoch die Schnur. Bevor er jedoch Contrario so nahe gekommen war, dass er ihn hätte berühren können, rappelte dieser sich auf.
    »Das werdet Ihr noch bereuen!«, keuchte Contrario. »Ich versuche es so lange, bis Euer Leben mir gehört!«
    Er stieß Jan beiseite und flüchtete humpelnd in Richtung Treppe. Jan tat er in diesem Augenblick leid, denn all das Elend jener Kreatur offenbarte sich in diesem unnatürlichen Laufen.
    Bevor Contrarios Kopf ganz verschwand, drehte er sich um und fixierte Jan. »Auch dich werde ich zermalmen. Dich und dieses … dieses Gör!«
    Jan wollte dem Adlatus hinterherlaufen und ihn fragen, warum er ihn bedrohte, doch Messer Arcimboldo hielt ihn zurück.
    »Lass ihn laufen!«, befahl er. Erschöpft setzte sich der Maler auf seinen Stuhl, den Jan noch aufgestellt hatte, bevor sie ins Nebenzimmer getreten waren. Er schien dem Klatschen der Ledersohlen seines Adlatus nachzulauschen, bis diese ganz verklungen waren. Jan fiel auf, dass sich die Haustür nicht öffnete. Contrario war demnach weiterhin im Haus.
    »Er wollte Euch töten, Herr!«, gab Jan zu bedenken. »Warum hat Euch das Bücherwesen nicht verteidigt? Es soll doch ein Leibwächter sein.«

    »Zwischen dem Wollen und dem Können gibt es die Wahrheit, mein Junge.« Arcimboldo betastete sich den Bauch, wo das Messer hätte eindringen sollen und dann zerbrochen war. »Und die lautet: Es wird ihm nicht gelingen.«
    »Was meint Ihr damit?«
    Müde Augen bewegten sich und suchten in Jans Gesicht. »Contrario ist mein Geschöpf! Niemand kann den Meister töten, der ihn erschaffen hat. Also greift das Bücherwesen nicht ein.«
    In Jans Kopf schwirrte es. Was sollte das bedeuten: sein Geschöpf?
    Arcimboldo legte den Kopf in den Nacken. Er ließ lange Pausen zwischen den Wörtern, die wie vereinzelte große Hagelkörner zur Erde fielen und ebenso heftig aufschlugen.
    »Ich … kann … Wesen und … Dinge … lebendig werden … lassen … die ich … male.«
    Jan ließ dieses Geständnis erst einmal im Raum schweben, bevor er die Ungeheuerlichkeit dieser Aussage ganz in sich aufzunehmen versuchte. Julia hatte ihn schon davon überzeugen wollen, doch die Wahrheit so unverblümt gesagt zu bekommen, war noch etwas anderes. »Das ist unmöglich. Niemand kann das.«
    Wie zur Bestätigung nickte Arcimboldo und sah gedankenverloren zur Decke. Erst danach ließ er den Blick an Jan auf und ab gleiten. Schließlich erhob er sich und begann, in einem Bilderstapel zu wühlen, als suche er etwas.
    »Ich werde dir etwas zeigen, mein Junge, und du musst mir versprechen, es für dich zu behalten.« Messer Arcimboldo zog aus dem Stapel ein Bild und stellte es auf die leere Staffelei. Die Darstellung, die er herausgezogen hatte, zeigte einen Vogelkäfig mit Vögeln.
    »Was siehst du, Junge?«, fragte er. Jan wusste nicht recht,
ob Messer Arcimboldo ihn auf die Probe stellen oder auf den Arm nehmen wollte.
    »Einen Vogelbauer mit drei bunten Paradiesvögeln«, antwortete er zögerlich. War das eine Falle? Was bezweckte sein Meister damit?
    »Ja, das sieht man, wenn man nicht genau hinschaut«, murmelte der Maler. »Komm mit.«
    Arcimboldo trug das Bild in den Nebenraum. Dort nahm er einen feinen Haarpinsel und brachte an einem der Vögel einige kleinere Korrekturen an, hier eine Kleinigkeit an den Krallen, dort am Schnabel und oder an den Schwingen. Sie fielen nicht allzu sehr auf und waren in Jans Augen völlig überflüssig.
    »Was habt Ihr gemacht?«, wollte er nachhaken, doch sein Meister schüttelte nur energisch den Kopf. Dann nahm er ein Fläschchen mit einer Tinktur, von der Jan bereits erfahren hatte, dass es sich um den Firnis handelte. Der Maler träufelte ihn in eine Schale, tauchte einen breiten Pinsel darin ein und fuhr damit über das Bild.
    Zuerst tat sich nichts. Nur der feuchte Firnis glänzte und verlieh dem Bild einen lebendigen Charakter. Alles glitzerte jetzt und leuchtete intensiver.
    Doch sobald der Firnis anzutrocknen begann, verwandelte sich das Bild. Jan hatte das Gefühl, als gewinne es an Tiefe, werde sichtbarer und mit jeder Minute – echter. Er fand nicht das rechte Wort dafür. Je trockener die

Weitere Kostenlose Bücher