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Haus der Sonne

Haus der Sonne

Titel: Haus der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel Findley
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Wan-zen-Bubi die Wahrheit sagt. Drek, vielleicht lügt er wie gedruckt. Aber ich weiß es nicht und Sie auch nicht.« Ich beugte mich vor. »Sie haben recht, Sie müssen an Ihr Volk denken - an Ihr ganzes Volk. Sind Sie gewillt, es solch einem Risiko auszusetzen?«
    Da fixierte mich Ho mit seinem Blick, und wieder spürte ich die immense Kraft seines Willens, seiner Persönlichkeit, die ich bereits erfahren hatte, als ich ihm im Thronsaal des Iolani-Palasts zum erstenmal begegnet war. »Sie vertreten Ihren Standpunkt sehr gut, Dirk«, sagte er gelassen. »Aber bin ich gewillt, es dem Risiko auszusetzen, das die Konzerne darstellen? Ich weiß, daß dieses Risiko existiert. Das, wovon Sie reden...«
    »Ist nicht unmittelbar, das stimmt«, sagte ich. »Drek, vielleicht ist es nicht einmal real. Aber zwischen den beiden gibt es einen verdammt großen Unterschied, e Ku'u lani. Mit Megakonzernen kann man verhandeln...«
    Ho mußte lächeln, »...und mit böswilligen ›We-senheiten‹ nicht. Zugegeben.« Er seufzte. »Falls Ihnen mal irgend jemand erzählt, er wäre gerne Staatsoberhaupt...«
    »Dann sage ich ihm, er weiß nicht, wovon, zum Teufel, er redet«, beendete ich den Satz für ihn. »Also, wie wird Ihre Entscheidung ausfallen, e Ku'u lani?« Auf meiner Brust lag ein tonnenschwerer Druck, als greife eine eiskalte Faust in meinen Hals und versuche mir die Lunge von innen nach außen zu kehren. Ich fürchtete, ich wußte, in welche Richtung der Zug fahren würde. Drek, ich an seiner Stelle würde vermutlich ebenso entscheiden. Welche Bedrohung würde eine vernünftige Person als wichtiger betrachten? Eine, die jeder mit zwei Augen erkennen konnte? Oder eine, die ausschließlich auf der Aussage eines seelenverschlingenden Insektenschamanen beruhte?
    Ja, ich glaubte zu wissen, wie sich Gordon Ho entscheiden würde, entscheiden mußte. Und was, zum Teufel, würde ich dann tun?
    Ich wäre fast von meinem Sessel aufgesprungen, als eine andere Stimme meinen Gedankengang unterbrach. »Der Insekten -Kahuna hat die Wahrheit gesagt.«
    Wie zwei Marionetten an denselben Fäden flogen Hos und mein Kopf herum, um Akaku'akanene anzustarren. Die vogelknochige Frau saß immer noch in ihrem Lotus und starrte ins Leere. Nach allem, was sie bisher an Reaktion gezeigt hatte - oder auch jetzt zeigte -, hätte ich geschworen, daß sie zu sehr darin vertieft war, mit Gänsen zu reden, als daß sie auch nur ein Wort von dem, was wir gesagt hatten, mitbekommen haben konnte.
    Gordon Ho beugte sich vor, und sein Blick bohrte sich förmlich in sie. »Sag das noch mal«, befahl er. Seine Stimme war leise, aber es war trotzdem ein Befehl.
    In diesem Augenblick richtete Akaku'akanene ihren Blick tatsächlich auf ihren Herrscher. »Der Insekten- Kahuna hat die Wahrheit gesagt«, wiederholte sie gelassen. »Nach bestem Wissen und Gewissen.«
    »›Nach bestem Wissen und Gewissem? Was soll das heißen?« hakte Ho nach.
    Die Neneschamanin zuckte ihre hageren Schultern. »Er hat die Wahrheit gesagt, wie er sie sieht«, erläuterte sie fast beiläufig. »Er hat keine Tatsachen verdreht oder Dinge verschwiegen. Er hat nach bestem Wissen und Gewissen die Wahrheit gesagt. Das hat mir Nene verraten.«
    »Aber er könnte sich irren«, setzte Ho nach.
    »Gewiß«, gab Akaku'akanene bereitwillig zu. »Aber er glaubt das nicht.«
    Der Ex-König verfiel in Schweigen, und ich konnte seinen Verstand fast arbeiten hören. Ungebeten produzierte mein Gedächtnis ein Bild von Theresa - von ihren glasigen, starren Augen. Alles in mir schrie danach, jedes Argument, das mir einfiel, vorzubringen, um Akaku'akanenes Sicht der Dinge zu unterstützen. Aber ich wußte, daß das der größte Fehler gewesen wäre, den ich im Moment begehen konnte. Ho mußte seine eigenen Schlußfolgerungen ziehen. Es war eines der schwierigsten Dinge, die ich je getan habe, aber irgendwie schaffte ich es, den Mund zu halten.
    »Was glaubst du, Makuahine?« fragte er nach einer Zeitspanne, die mir wie eine Ewigkeit vorkam.
    »Du weißt, was ich glaube, e Ku'u lani«, sagte die alte Frau achselzuckend. »Was ich immer gedacht habe und was ich dir immer gesagt habe. Du hast es vergessen, nicht wahr?«
    Gordon Ho lächelte ein wenig schief. »Nein, Makuahine, ich habe es nicht vergessen.« Er wandte sich an mich. »Was wollen Sie in dieser Sache unternehmen, Dirk?«
    Ich wollte mich in meinen Sessel zurücksinken lassen und einfach die Erleichterung genießen, die mich überkam. Aber dafür war

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