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Haus der Sonne

Haus der Sonne

Titel: Haus der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel Findley
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Nähe der drekkigeren Stadtteile zum Konzernherzen der Stadt. Der finanzielle Mittelpunkt ist in etwa die Kreuzung King Street und Punchbowl Street, wo man ausschließlich unverdorbene, urtümliche Wolkenkratzer und Konzernangestellte auf der Straße sieht. Kaum einen halben Kilometer entfernt befindet sich die ›La-sterpromenade‹, das heißt die Hotel Street, auf der es von Sex-Shows, schmierigen Kaschemmen und Porno-Chip-Läden nur so wimmelt und die von abgewrackten Strichern aller vier Orientierungen (hetero- und homosexuelle Männer, hetero- und homosexuelle Frauen), von Chip- und Flash-Dealern und von dem Frischfleisch bevölkert wurde, das unterwegs war, um mit ihnen ins Geschäft zu kommen. Sogar Seattle hat es geschafft, diese beiden Facetten seines Wirtschaftslebens ein wenig stärker voneinander zu trennen.
    Die Hotel Street war, Scott zufolge, das Herz China-towns, aber ich sah nicht allzu viele gebürtige Chinesen auf der Straße. Dafür haufenweise große Kerle und Schnallen, von denen ich vermutete, daß es sich um Po-lynesier handelte, und eine in etwa gleich große Anzahl von Leuten, die ich für Filipinos hielt. Wenn wir langsam vorbeifuhren, kam die Action - Kontraktverhandlungen verschiedenster schmutziger Art - vorübergehend zum Erliegen, wenn die Verhandlungspartner dem Rolls nachstarrten. Ich schloß daraus, daß es wahrscheinlich nicht so viele Rolls-Royces in dieser Gegend zu sehen gab. (Bei genauerem Nachdenken zeigte diese langsame Spazierfahrt noch einen weiteren Unterschied zwischen Honolulu und Seattle auf: Niemand gab auch nur einen ungezielten Schuß auf den Wagen ab.)
    Von Chinatown fuhren wir wieder nach Westen, am Flughafen und an dem riesigen Sperrgebiet vorbei, bei dem es sich um die Militärbasis von Pearl Harbor handelte, und dann in das als Ewa bekannte Gebiet (EH-vah: Scott sorgte dafür, daß ich den Namen richtig aussprach). Noch vor dreißig Jahren, erzählte mir mein Reiseführer, sei Ewa eine eigene Stadt gewesen, zwar nahe bei Honolulu gelegen, aber eben doch eigenständig, letzt nicht mehr: Die größere Stadt hatte sich ausgebrei-tet und die kleinere schließlich geschluckt. (Ganz so wie Everett und Fort Lewis, wenn ich genauer darüber nachtlachte.) Vom Wetter und der Reinheit der Luft abgesehen, konnte ich mir, während wir durch die Straßen von Ewa fuhren, mühelos vorstellen, daß ich mich in Renton befand.
    Ich sah auf die Uhr. Wir düsten jetzt seit fast zwei Stunden herum, und mein Magen fing trotz des üppigen Frühstücks schon wieder an zu knurren. »Ich brauche einen Happen zu essen«, sagte ich Scott. »Und außerdem wird es langsam Zeit für ein Bier.«
    »Die Bar hinten ist vollständig bestückt«, erwiderte der Ork. »und wenn Sie ganz unten in den Kühlschrank sehen, finden Sie da auch was zu essen...«
    »Nein«, unterbrach ich ihn. »Ich will hier irgendwo anhalten. Betrachten Sie's als Teil der Besichtigungsfahrt.«
    Daraufhin lächelte er. »Was schwebt Ihnen vor?«
    Ich sagte es ihm, und sein Lächeln wurde noch breiter. »Klar, Bruder, das ist okay. Da weiß ich genau den richtigen Laden.«

    Der Laden hieß ›Cheeseburger im Paradies‹, und er befand sich im finstersten Herzen von Ewa. Scott nannte mir den Namen, als sei er ein Witz, aber ich verstand ihn nicht. Er erzählte mir etwas über ein Stück von irgendeinem toten Country-Sänger namens Jimmy Büffet, von dem ich noch nie gehört hatte, und mittlerweile war es eigentlich nicht mehr komisch. Jedenfalls erklärte er, ›Cheeseburger im Paradies‹ sei ursprünglich eine Kette gewesen, die in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts auf Maui begonnen und sich schließlich auch auf die anderen Inseln ausgebreitet hätte. In den Zwanzigern sei die Kette den Bach runtergegangen, und der Laden hier hätte den Namen als eine Art ironischen Kommentars aufgeschnappt. Als nenne sich irgendeine hinterletzte Absteige Hilton Hotel.
    Ich fühlte mich heimisch, kaum daß ich die Tür geöffnet hatte. Unterschwellige Wogen mühsam gezügelter Anspannung, Intensität, Gefahr und Gewalt schlugen über mir zusammen. Im Halbdunkel der Kneipe konnte ich mir mühelos vorstellen, daß ich mich wieder im Blue Flame in Seattle oder auch im Buffalo Jump in Cheyenne befand.
    Ich ging als erster hinein - Scott hatte vorangehen wollen, aber ich hatte darauf bestanden -, und ich spürte die Blicke auf mir ruhen, die mir aus düsteren Nischen und von ebensolchen Tischen zugeworfen wurden. Der Barmann, ein

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